REALITAS – EIGENTUMSWECHSEL

 

 

Die Kenntnis des Heiligen Mysteriums ist kein Wissen mehr: es ist Ereignis, Anverwandlung, Ein-Bruch, Eigentumswechsel. Kenntnisse davon sind lediglich Erzähltes, Nachfolger, Niedergelegtes und je nachdem: lebendig noch, wenn die Kenntnis wahr anwest: ja, so ist das Mysterium: nur das Wahre erwirkt sich einen wahren Leib. Aus dem Quell-Mysterium „ist“ alles was ist belebt, fehlt es – und es kann nur durch Verweigerung seiner Zulassung abwesen – sind alle Erzählungen ausnahmslos banal: ihnen allen fehlt dann der Heilige und belebende Glanz. Das Menschenherz „spürt“ das instinktiv, man weiß das durch „Stimmungen“, besondere Orte. Man macht die Stimmungen nicht, sondern findet sich darinnen. So auch mit dem Sakralen. Das Banale ist ohnmächtig des lebendigen Leibes: wie sollte auch das Tote das Lebendige sein können und wirken im Ausliefern des Überlieferns? So auch die Sprache: oft tot in Aussagesätzen, wie hier in meinem Geschreibsel, lebendig aber im Hymnus, in der Ver-Dichtung, am lebendigsten im Stillen Gebet. Der alte Mensch, und wäre er auch sehr sakral adjustiert, ist versucht (Versuchung) dem Toten Bedeutung, oft und oft absolute, beizumessen, es, das Tote, wiederzubeleben.

 

Man fragt sich: kann der Tote Totes zum Leben erwecken? Man sieht die Unmöglichkeit und damit die absolute Grenze des Machbaren. Hymnen dichten: das kann nur der Geist – Lebendiges schaffen – das kann nur der Geist, der im Hymnus das lebendige Sein ver-dichtet. Erzählung kann heranführen, die Spur des Lebendigen in ihr vorausgesetzt. Heilige Schrift kann schon deshalb wesentlich nicht platte Erzählung sein, Heilige Schrift ist lebendigste Überlieferung, Über-Gabe: jede Homilie, die sich daran wagt, muss Geist-gestiftet sein – sonst bleibt sie tot; das Lebendige lässt sich freilich niemals gänzlich erwürgen, es schützt sich, indem uns, die wir uns daran wagen oder bloß, wie es vielfach geschieht, banal hineinstolpern, die Grenze „Äußerlichkeit“ nur zu Recht vorgestellt wird. Erst wenn die Sprache „singt“, verlebendigt der Geist die Totenwelt. So sind auch gesungene Erzählungen lebendig, je nachdem, wie mächtig der Geist in uns zu-gelassen ist, denn daran wird es liegen.

 

Die Sprache einer Totenwelt ist die platte, geistlose Aneinanderreihung von Wortgebilden, gekünstelt – so wie hier jetzt – um etwas auszudrücken, zu verdichten. Wiederum fällt mir Heidegger ein: man merkt bei ihm vom Kriegsnotsemester 1919 (seine ersten Vorlesungen) bis zur großen Wende (das war die Vorlesung von 1929 über Welt, Endlichkeit und Einsamkeit) – in dieser Zeit stammelt Heidegger bloß, und dieses Stammeln hat offenbar damals  schon sehr gewirkt, auch „Sein und Zeit“ ist daher ein Gestammel. Es ist kein Zufall, dass es Hölderlin ist, der Heidegger die „Zunge löst“ und dann be-singt bis zum Lebensabend der „Meister aus Deutschland“ das Seyn und hier erst „klingt“ das Wort, ist mächtig im Entzug. Der banalen Welt bleibt freilich dieser An-Klang verschlossen, so wie alles dem banalen Geist verschlossen bleibt, was durch den Geist gestiftet ist.

 

Anders gesagt: ich kann mich in sprachlichen Äußerlichkeiten verlieren und diese multiplizieren und ankleiden, oft sehr prunkvoll und geschliffen: und es bleibt doch tot, weil aus Totem. Dann aber ersteht aus dem ganz Verdichteten andererseits das Lebendigste: so beim Mysterium. Das „Nicht“ ist hier Garant der Lebendigkeit selbst. Es wird am Empfänger sein, dem Mysterium genaht zu werden, dem Mysterium geöffnet zu werden. Platte Erzählung kann bestenfalls – dann wäre sie schon in sich eine „wiederbelebte“ – an diese Grenze heranführen. „Stille Anbetung“ vor dem Allerheiligsten ist die lebendigste Sprache: Grammatik des Heiligen.

 

Also: es ist der „Geist“, der alles was ist, verlebendigt, der Lebendige lässt sich wesentlich nicht (im Wesen: und was wäre wesentlicher als das Wesen selbst?) zu Tode bringen, auch wenn er wirklich (dem Äußerlichen nach) zu Tode gebracht ward: der lógos ist un-sterblich, dringt er in die Totenwelt je jeweilen ein, hat er allein die Macht ins Leben zu rufen, ist der lógos der Lebensspender schlechthin, dann werden meine toten Hände, einerlei was sie auch anrühren, durch den lógos hindurch die Spur des Lebens und des Heils hinterlassen. Das Großartige, an der Ewigen Göttlichen Wahrheit ist, dass der Heilige Geist selbst an-west: die sichtbare Welt bemüht sich um Verständlichkeit durch Äußerlichkeit: das kann nur mäßig bis gar nicht gelingen; der sakrale Bau mag etwas von dieser Heiligkeit vermitteln.

 

Es heißt: der Geist ist es, der das Leben schafft, das Fleisch hilft nichts; die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben (Joh. 6,63).

 

Wenn eine Äußerlichkeit in Äußerlichkeiten verstrickt ist, multipliziert sich bloße Äußerlichkeit. Wenn Äußerlichkeit mit Äußerlichkeit spricht, multipliziert sich Äußerlichkeit: das Fleisch hilft eben nichts – es bleibt tot und alle äußerlichen Wiederbelebungsversuche – seien sie noch so ernst und gut gemeint – sind noch vor Ausführung tot.

 

Ein Experiment: Nimm alle Menschen dieser Welt und setze sie 1 Stunde vor dem Allerheiligsten zur Stillen Anbetung hin und wirklich tritt nun absolute Stille ein: jetzt erst, im Großen Schweigen, erfährt man, was das Wesen des lógos eigentlich ist. Wahre Sprache spricht immer im Schweigen und in der Stille. Nach wenigen Minuten würde die Weltbevölkerung vor dem Allerheiligsten an sich selbst Zappelphillipsymptome bemerken: Zeichen, wie sehr man äußerlich angezogen ist.

 

Ich muss selbst aus dieser Stille und aus dem Schweigen her kommen, um die Macht des lebendigen lógos zu erfahren. Das ist der Eigentums-Wechsel. Der lebendige lógos ist unser Herr, das ewige Wort. Es bleibt alles an Äußerlichkeiten hängen, wenn sich dieser Eigentumswechsel nicht vollzieht und das größte Hindernis dieses Vollzugs liegt in unserem fleischgewordenen Positivismus. In Wahrheit gibt es kein Oben und Unten, das ist die elende und platte Froschperspektive, die sich seit dem Sünden-Fall wie ein Super-Geschwür durch unserer Zeiten herauf auseitert.

 

Freilich ist das noch die hoffnungsvollere Perspektive zu der gegenwärtigen: heutigentags gibt´s nur mehr „Unten“ und dieses Unten nennt sich: Realismus. Dieser ist die ganz verfaulte Eindimensionalität, in der die Äußerlichkeit so lange strapaziert wird, bis sie jäh zerbirst.

 

Gestern der Kreuzweg XII. Station: Jesus stirbt am Kreuz. Es ist etwas nach 15 Uhr. Maria Taferl – Heimat. Es ist warm, strahlend blauer Himmel. In Maria Schutz feiern die Padres die Karfreitagsliturgie. Wir gehen jetzt den Kreuzweg – gehen wir ihn äußerlich? XII. Station: Tot.

 

Erinnere ich mich bloß, denke ich bloß, bin ich jetzt tot in meinen Vorstellungen? Oder Er-Innere ich mich jetzt – gehe jetzt ins Innere: das ist wahre Er-Innerung. Ins Innere (Mysterium) gehen heißt: was war, das „ist jetzt gerade“. Jesus, der jetzt am Kreuz stirbt, stirbt auch meinen Tod, er sagt mir jetzt: Wenn du den Tod annimmst, erringst du den Sieg und kommst zu mir.

 

Wer spricht da? Bin ich meines Gottes fähig? Wenn nicht, bleibe ich der Frosch im eitrigen Geschwür.

 

Dann spricht der ewig Auferstandene (spricht er wirklich?) – bin ich meines Gottes fähig? – er spricht: Verstehe, der Weg zu mir führt nur über den Tod. Denn der Tod vernichtet alles, was sündhaft und sterblich an dir ist. Ich aber vernichte „jetzt“ (damals vor 2000 Jahren wie jetzt um 15:30 Uhr – in diesem Augenblick – hier zugegen) gerade auch Deinen Tod.

 

Weiters spricht Jesus: Der Tod befreit dich von deinen Kreuzen, ich aber befreie dich vom Tod. Der Tod, ein wahres Kreuz, ist ein Geschenk des Vaters, eine Erfüllung: somit ist der Tod ein Fest, ein Höhepunkt, die Vollendung – nämlich der Beginn des „eigentlichen Lebens“.

 

Ja, was soll man dazu sagen? Die XII. Station am Kreuzweg fasst in wenigen „gesungenen“ Worten unser ganzes Seyn zusammen und es bleibt jetzt nicht mehr so befremdlich, dass man sagt: man feiere die Karfreitagsliturgie – gleichsam der Höhepunkt aller Kirchlichen Feiertage. Man wird entrüstet sein und meinen: was gibt´s da noch zu feiern an der schrecklichen Passion unseres Herrn? Man merkt, wie sehr der Un-Geist, ohnmächtig des Mysteriums, vom Frosch zum Maulwurf mutiert: auch eine Wandlung, die dann jeder „geistigen“ Perspektive beraubt sein wird, während dem Frosch immerhin noch der Blick nach Oben offen ist.

 

„Jesus, du bist für mich gestorben und hast meinen Tod besiegt und ich danke dir dafür!“ – wenn die Äußerlichkeit solches hört, hält sie das für Überspanntheit, das liegt aber nicht am gegenwärtigen Geheimnis, sondern am fehlenden Eigentumswechsel. Wenn alle Äußerlichkeit an sich und in sich „tot“ ist und Jesus den Tod besiegt hat – in alle Ewigkeit  - dann hat unser Erlöser alle Äußerlichkeit besiegt, heißt: der vergänglichen Welt ihren Status der Absolutheit genommen. Tod, also, wo ist jetzt dein Stachel? (Paulus)

 

Was geschieht da jetzt? Was heißt Wirklichkeit? Die alten Denker – allen voran Platon – hatten da noch große Ahnungen vom Wesen der Wirklichkeit. Was später im lateinischen Mittelalter „realitas“ heißt und verflacht in der Neuzeit mit äußere Wirklichkeit übersetzt wird, was unmittelbar zur Existenzweise des Maulwurfs führt, zentrierte im Griechischen Denken als ousía, idea. Die idea tou agathou als höchste Idee des Guten war niemals etwas Greifbares oder Äußerliches, aber gerade deshalb das „Anwesen des Wesens“, das allem, was äußerlich ist, Lebendigkeit gewährt.

 

Das Kreuz. Wir feiern Tod und Auferstehung. Wir feiern nicht die Qualen der Passion und nicht das Leiden für sich genommen – das ist ja sinnlos und trostlos: nein, wir feiern den Sieger über den Tod – Jesus und dazu gehört die Auferstehung, der Ostersieg. Der Tod ist eine Realität, sicher, aber, er „hat“ keine Realität mehr. Das meint, dass der Tod „substanzlos“ ist - er hat keine Wahrheit an sich, er ist machtlos, seine Lüge ist ihm genommen: Ich geh´ zwar von der Welt, aber nicht ins Nichts, sondern um in neuer Weise zu leben: das ist die Osterbotschaft.

 

Wie real darf sie sein? Ganz und gar und restlos real: nämlich die ganze Wirklichkeit liegt darin. Es fällt nicht leicht, das zuzulassen, denn mit einem Schlag wird einsichtig, dass die ganze äußerliche Welt (was ich bisher unter Wirklichkeit oder Realität verstanden habe) - und ich in ihr – die doch so mächtig herantritt und auftritt und alle Wahrheit beansprucht – im Wesen hinfällig ist. Und das ist eigentlich das Wunderbare und der Beginn dieser ungeheuren erlösten Freiheit in Gott.

 

Die Kenntnis des Heiligen Mysteriums ist kein Wissen mehr – schrieb ich anfangs, die Kenntnis des Heiligen Mysteriums ist „Ereignis“. Dieses Ereignis ist Geschehnis – lebendige Gegenwart des Heiligen Geistes – so real, wie der Strom in den großen Überlandsleitungen. Man sieht bloß mit den Augen die Leitungen und die Strommasten – man sieht aber den Strom selbst nicht und riecht ihn nicht und greift ihn nicht und jeder weiß aber: da fließt Strom, ohne den Vieles nicht funktionieren würde.

 

Ebenso der Strom der Ewigkeit, der Lebens-Strom, der vom Thron Gottes und vom Lamm, dem Auferstandenen, ausgeht und alles durchflutet, was ist, bis die ganze Schöpfung beseelt zurückfindet zum Urquell.

 

Wie sehr bin ich auf der  geistigen Höhe, „geistig“ das Äußerliche zu durchblicken auf das unsichtbare Geheimnis allüberall? Bleibe ich an Äußerlichkeiten hängen? Bleibe ich am Tod hängen, der auch nur eine Äußerlichkeit ist, hat er doch kein Wesen? Nur was ewigen Bestand hat, das hat ousía, Wesen.

 

Ja, man muss, so wie Tomislav Ivancic in seinem Kreuzweg sagt, einen schonungslosen Blick in die Augen des Todes riskieren. Schonungslos: weil wir des Todes sind. Man darf bei diesem Blick aber nicht stehen bleiben. Erst der „Geist“ ist in der Lage, durch den Tod hindurchzublicken, er ist es auch, für alle Äußerlichkeiten zu danken, an ihnen aber nicht haften zu bleiben, sondern hindurchzuschreiten im Blick auf die Ewigkeit.

 

Der Geist ist in der Lage, das Unsichtbare „gänzlich real“ zu setzen. Ist solches der Fall, dann kann der jetzt begangene Kreuzweg nicht mehr ein äußerlicher sein, dann sind auch alle Ikonen und Bilder, die ganze Natur, ich selbst, alles was jetzt so anwest beim Gehen von Station zu Station, alles dieses Äußerliche hat nichts Absolutes mehr und die Sprache erschweigt sich einzig wahr in der Ansprache mit dem Ewigen: vor Dir stehe ich jetzt – bin ich mir dessen bewusst und wenn ja, dann kann ich auf DU und DU mit Dir, meinem Herrn, diesen Kreuzweg gehen.

 

Am Horizont leuchtet dann auch der horizontale chronos auf, unser altes Zeitverständnis: Jesus dagegen sagt, was vor mehr als 2000 Jahren geschah, „ist jetzt“ und wird immer sein, denn die Ewigkeit kennt keine Zeitlichkeit. Man muss vielleicht sagen: unsere Zeitlichkeit ist beraubt der Ewigkeit, eine privation und also: ein Raub der Ewigkeit. Unsere Zeitlichkeit tritt im Gewand der Absolutheit auf, und das ist die Lüge. Von der Ewigkeit her muss man denken und so hoch gedacht gibt es keine Alternativen: etwa hier Endlichkeit und dort Unendlichkeit. Das ist noch die Frosch-Perspektive und der einzigen Wahrheit unwürdig.

 

Es ist „eine Wahrheit“, die sich mehr und mehr in der Schöpfung auswirkt – der eine Leib unseres Herrn ist der „lebendige“ – er kommt mit Macht und ist am Kommen, bis alles zurückströmt zum Urquell.

 

So ist es an uns, den Heiligen Geist herabzurufen (Epiklese): tue ich es – so tue ich es. Es ist dabei nicht wichtig ob gebrochen, mangelhaft oder abgelenkt. Für die Wahrheit allein zählt der Entschluss, das Wollen. Wenn ich bete, habe ich mich bereits entschlossen – einerlei wie schlecht und abgelenkt mein Gebet ist. Spreche ich mit dem Herrn über meinen Tod – dann ist das die hellste Wirklichkeit, dagegen alle Äußerlichkeit sehr unwirklich ist. Wie mächtig darf dieses Mysterium in mir werden?

 

Was hindert mich an diesem Mächtig-Werden? Die XII. Station ist deshalb so heilsam, weil sie schonungslos die Verblendung offenbart und demgegenüber aufzeigt, wozu wir berufen sind: "umsonst" (für Nichts) zu geben und das Empfangene dankbar loszulassen. Wenn ich nicht mehr den Anspruch auf Eigentum habe – auch ich selbst bin mir geschenkt und nicht Eigentum – dann kann ich alles dankbar annehmen und wieder loslassen – auch gerade mein Leben. Ich danke auch jetzt für mein Sterben, denn es stellt mich unverstellt meinem Schöpfer gegenüber, der ewigen und einzigen Heimat. Das Haben-Wollen und das Festhalten-Wollen, die Besitzsucht die geradezu eine „Besessenheit“ genannt werden kann, das sind die großen Hindernisse zum Ewigen Anfang im Geist.

 

Der alte Mensch erwartet nie das stets Neue im ständigen Anfang, er erwartet das bereits Bekannte, da ist es sicherer, er erwartet nur das Bewährte, das gibt Sicherheit und er erwartet höchstens einen Gott der Vorstellung, der passt dann zu seinen horizontalen Verhältnissen.

 

Der geistige Mensch dagegen ist immer „blutiger Anfänger“: „blutig“, weil sein ganzes Herz-Blut dem Auferstandenen gehört (Eigentumswechsel) und „Anfänger“, weil je jeweilen in der Ewigkeit immer „Anfang“ ist. Was aber in „Ewigkeit ist“, das „ist“ auch jetzt und hier so (auch wenn meine Sinnlichkeit unfähig dazu ist) – jede absolute Trennung in Ewigkeit und Endlichkeit wäre ein Rückfall in die Äußerlichkeit der alten Zeit, in der wir zwar stehen, die uns aber nicht mehr „absolut“ fesselt.

 

Denn wir gehen zwar in dieser Welt, sind aber nicht "von" dieser Welt.

 

 

(Ostern 2020)

 

 

 

 

 

 

LITURGIE DES HERZENS

 

 

Wo wird das trinitarische Mysterium zur wahren Quelle? Es ist das Herz: der Mittelpunkt unseres Seyns, da, wo sich alles entscheidet und entschieden hat. Herz ist die innerste Mitte meines Seyns, Herz hat nicht unbedingt mit Gefühlen zu tun, im Gegenteil: eine Herzensangelegenheit ist im Wesen ein Entschluss meines „Willens“. Daher hat Beten mit Gefühlen im Grunde gar nichts zu tun: Gebet ist Wille und Wille ist Gebet: Wenn das Herz betet, dann hat sich mein Wille dazu entschieden, ganz dem Herrn zu gehören. Wenn es heißt: mein Herz ist entbrannt zum Herrn! – dann sind da keine romantischen Gefühle im Spiel, die sind eher hinderlich und wenn man sie erwartet, etwa in ekstatischen Zuständen, dann wird man rasch enttäuscht sein. Gebet ist daher im Wesen: Entschluss zu beten – einerlei ob meine Gebete ganz trocken sind und ich gar nichts dabei fühle. Ich glaube, dass unserem Herrn diese Gebete am liebsten sind, die trockenen, denn dann tut sich die Treue kund, die es gar nicht mehr auf etwas Subjektives in mir (Gefühl des Wohlergehens in mir) abgesehen hat, sondern nur auf ihn blickt, unseren Herrn.

 

Es heißt: im Herzen sind wir wir selbst und nur hier werden wir wir selbst. Hier ist „der Ort“ der Begegnung. Zu beten: Herr, ich will dich von ganzem Herzen lieben! – das ist keine Gefühlsangelegenheit, sondern der „herzhafte“, „starkmütige“ Willens-Entscheid: Herr, Du bist alles und ich „will“ ganz dir gehören, du darfst in allem über mich verfügen!“

 

Hier – und nur hier – ereignet sich die Begegnung mit dem Auferstandenen. Hier entscheidet sich alles und man muss sagen: man betet wie man lebt und man lebt wie man liebt!

 

Was heißt das genau? Es bedeutet: so wie wir leben, so beten wir auch; meistens ist unser Leben deshalb so zerfahren und substanzlos, weil unsere Gebete nicht von einem Grund-Entschluss unseres Willens getragen sind, also keine Herzens-Gebete sind, von dieser Grund-Entscheidung, dem Herrn zu gehören. Beten wir aus dem Grunde unseres Willens, so wäre unser Leben erst „lebendig“. Es heißt weiter: man lebt wie man liebt! Erst das Lieben als Wille und Entschluss, dem Herrn ganz zu gehören, trägt die Frucht des Lebendig-seins in sich.

 

Unsere Herz-Mitte im Willen ist der innerste Ort der Begegnung mit dem Auferstandenen. Jeder von uns hat diese Herz-Mitte im Willen in sich – meistens wird diese Mitte in andere Bahnen gelenkt und erschöpft sich vielfach im Todesschatten. Wird die eigene Herz-Mitte an das Objektive, Äußerliche gehängt oder an Idole der Innenwelt, an Vorstellungen und Ideen, selbstgemachten Überzeugungen: so erschöpft sich das Herz am Toten.

 

Erst im Hinzutreten zur Heiligen Kommunion aus unserer Herz-Willens-Mitte heraus (und das kann ganz ohne Gefühle geschehen), wird der Mensch wahrhaft zum Leben gerufen, „lebendig“.

 

Der Betrug der äußerlichen Welt besteht oft genug darin, innerweltlich „satt“ werden zu können, einen Punkt im vergänglichen Leben zu erreichen, da man zu sich sagen kann: jetzt habe ich die ganze Fülle erreicht, das fehlt mir noch dazu, aber wenn ich das noch kriege und "haben" kann, dann bin ich restlos „glücklich“. Das ist die große Lüge – und jeder weiß eigentlich, wovon hier gesprochen wird. Man prüfe sich selbst, alles kann man einsetzen, z.B., ja wenn ich doch bloß mehr Geld hätte, dann… - oder: ja wenn ich doch bloß mehr Gesundheit hätte oder noch ein paar Jahre leben könnte! – oder: ja wenn ich doch bloß einen anderen Mann oder eine andere Familie hätte, dann…! – oder: ja wenn ich doch bloß auch auf einer Karibik Insel urlauben könnte, ja dann…

 

Endlos kann man sein eigenes Leben auf diese große Lüge hin prüfen. Man wird erstaunt sein, wo man überall an die Vergänglichkeit seine Herz-Willens-Mitte ausgegeben findet, woran man in Wahrheit sein Herz hängt und schon verloren hat in diese Lüge hinein.

 

Denn diese Lüge gaukelt mir Sattheit und Vollendung vor, sie gaukelt mir grenzenloses Glück und Zufriedenheit vor und ruft mich ständig an, alle Kräfte und Willensakte hierein zu setzen. Am Ende aber, und das wissen auch die meisten von uns, fallen alle diese Ziele wie ein Kartenhaus zusammen, am Ende muss man sich eingestehen (und je früher desto besser): ich bin Götzen hinterhergelaufen – und die lachen mich jetzt zurecht aus, denn mein Klageruf lockt diesen Götzen höchstens ein Schulterzucken heraus: Was geht mich dein Gejammere an, du hast auf Vergänglichkeit gebaut, nun erntest du, was du selbst „wolltest“ – einerlei ob du das verstanden hattest oder nicht – schlimmer noch wenn du es begriffen hattest.

 

Der „Vater der Lüge von Anbeginn“ (der Teufel) ist jene Macht, die uns vom Urquell aller Schöpfung trennen möchte mit dem Betrug der in Aussicht gestellten Sattheit und Glückseligkeit durch die vergängliche Welt (man betrachte hierzu unbedingt das Buch „Kohelet“ im Alten Testament).

 

Nur eine Dimension vermag diese Lüge, die uns alle in der Zange hält von Anbeginn an, zu vernichten: das ist das Pascha Jesu – Tod und Auferstehung und Himmelfahrt. In unserer aller Seele liegt im Innersten die Sehnsucht nach dem Hinzutreten zur Göttlichen Kommunion. Man kennt das Wort von der Unruhe des Herzens (Augustinus), bis es im Herzen Gottes ruht. Erst hier beginnt das „eigentliche Leben“ zu leben.

 

Es erfordert viel, dieses eigentliche Leben in Gott. Es fordert uns kompromisslos dazu auf, eine unhintergehbare Entscheidung zu treffen (ganzer Wille): Gott oder Nichts! (nicht zufällig erschien ein Buch von Robert Kardinal Sarah mit diesem Titel).

 

Habe ich Gott, habe ich alles, habe ich Gott nicht, habe ich Nichts. Das klingt ganz einfach und ist zugleich die „volle Wahrheit“. Dieses je jeweilen „Haben“ meint: woran hänge ich mein „ganzes Herz“ – also wofür lebe und wofür sterbe ich?

 

Jeder kann das einfach prüfen: Wir alle hängen – mehr oder weniger – unser Herz an vielerlei Dinge. Zu Zeiten der jetzigen Corona-Krise wird die Parole ausgegeben, dass die „Gesundheit“ oberste Priorität hätte.  Keiner traut sich so recht zu sagen: sterben müssen wir alle mal, an Krebs, an Herzinfarkt, an Unfällen, durch Krieg, Abtreibung, Hinrichtung, Hungertod, Naturkatastrophen, Corona-Virus, Seuchen, Mord und Totschlag. Wie verzweifelt klammert sich doch unsere Menschheit an den Götzen „Gesundheit“ – und wenn uns dann die Gesundheit genommen wird und es dennoch mit ganzer Sicherheit an unser Sterben geht, dann ist man panisch oder lethargisch, enttäuscht, bringt sich um oder geht in eine moderne Sterbeklinik, um sich selbst noch darin zu täuschen, man hätte dem Tod ein Schnippchen geschlagen – mitnichten.

 

Oder: wie sehr hängen wir unsere Herzmitte daran, bei anderen Menschen etwas zu gelten? Der Götze „Anerkennung“ wird mit immensem Kraftaufwand und Willensakt angebetet – nur um ja keine Schwächen aufkommen zu lassen, nur um ja im rechten Licht zu stehen, nur nicht schwächeln – das geht bis zur Erschöpfung. Derlei Götzen unserer Anbetung sind unabzählbar viele: Sport, Leistung, Ansehen, Gesundheit, Schönheit, Wellness, Konsum, Wohlstand, alles Materielle oder auch Ideelle – je nachdem. Alles und jedes kann zum Götzen-Gott erhoben werden.

 

Und jetzt muss man gut aufpassen! Wie merke ich überhaupt selbst, dass ich solchen Götzen meine Herz-Mitte geschenkt habe, dass ich meine Freiheit aufgegeben habe und mir von diesen Götzen mein Leben diktieren lasse?

 

Welche Macht kann diese Verblendung und diesen Betrug an unseren Seelen, die Lüge von Anbeginn aufdecken? Das kann nur der „Heilige Geist“, er ist es, der die Wahrheit schonungslos verkündet. Woran meine Herzmitte wirklich hängt merke ich sehr leicht: wird mir ein Götze genommen (Gesundheit, Reichtum, Wohlstand, Auto, etc.) habe ich das Gefühl, dass mir mein Leben entzogen wird – alles ist mit einem Schlag sinnlos, ich werde depressiv, resigniert, im Regen stehen gelassen. Alles ist sinnlos geworden. Ich bin der großen Lüge aufgesessen – aber zu dieser Einsicht kommt es kaum. Man empfindet sogar einen großen Groll gegen Gott, der mein Unglück derart zugelassen hat und wendet sich erst recht von ihm ab: das habe ich nämlich nicht verdient, ich war doch immer ein guter Mensch und hatte nie böse Absichten (so rechtfertigt man sich).

 

Die Lage ist freilich viel, viel ernster: Ich habe meine Herz-Mitte zeitlebens an innerweltliche Götzen oder esoterisches Geplänkel gehängt, jetzt, und spätestens in der Todesstunde: ist mir all das „genommen“ – nichts hat mehr Bestand oder Dauer – alles, ausnahmslos, ist Windhauch und ich habe meine Herz-Mitte an „Windhauch“ gehängt.

 

Nun sucht unsere „Herz-Mitte“ beständig nach der wahren Heimat, diese wahre Heimat in Gott und nur in Gott, kann meine Herz-Mitte nur im Willens-Entschluss für Gott finden. Ich kann nicht der Welt dienen und Gott zugleich: entweder oder.

 

Gott zu dienen verlangt von mir, mein Herz nicht mehr an die Vergänglichkeit zu binden – das ganze Angebot des hiesigen Lebens einzuklammern inklusive mich selbst und zuallererst mich selbst mit meinen ganzen Vorstellungen, Wünschen und Plänen durchzustreichen, hintan zu setzen. Es müsste mir gelingen, mein verlorenes Herz aus allen Verstrickungen in diese Welt herauszuretten. Mir selbst gelänge das nie und wäre wieder einmal mein egoistischer Kraftakt: Ich schaffe das schon!

Man muss hier lange verweilen und ganz ehrlich zu sich sein und bekennen: in dieser Welt ist niemals meine „wahre Heimat“ – denn: meine wahre Heimat ist im Himmel und im Himmel ist kein Betrug durch Sattheit, durch Behaglichkeit, durch Befindlichkeit, durch Lügen und Aberglauben.

 

Ich muss es also grundsätzlich aufgeben, in dieser Welt mein Glück und mein Ein und Alles je finden zu können.  Ich muss dieser Welt regelrecht absterben, denn wahre Heimat werde ich hier niemals finden. Der Welt absterben heißt nichts anderes, als meine ganze Liebe als Herz-Willens-Mitte dem Herrn über-lassen, ihm alles zu eigen geben, damit er verfüge nach seinem Willen. Das verlangt ein heiliges Ur-Vertrauen in meinen Schöpfer. Ist diese Gnade einmal gewährt, dann ergibt sich alles von selbst. Es zählt die wahre Gottes-Liebe! Ist einer am Ufer Gottes gestrandet, richtet er ehrfürchtig und demütig und voller Dank die Augen auf zum Herrn und spricht mit seinem Herzen (nicht mehr mit dem Verstand) wie der Apostel Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“

 

Es ist dies jener heilige Augenblick, in dem sich auswirkt: Gefunden kann der Herr nur werden, wo der Mensch bereit ist, sich finden zu lassen!

 

Sich von Gott finden zu lassen setzt voraus, die ganze Welt und ich in ihr dranzugeben – mein Herz daraus wegzuziehen und alles ihm, meinem Gott, zu schenken. Jesus sagt: Nimm also täglich dein Kreuz auf dich, verleugne dich selbst und folge mir nach! Sich verleugnen heißt sich gänzlich verlustig werden, ich sterbe mir selbst in meinem Eigen-Willen ab und trete mit diesem Tod meines Eigenwillens ein in die große heilige „Freiheit der Kinder Gottes“. Frei sein bedeutet daher in ganz wesentlichem Sinne: mich ihm, meinem Herrn und Gott, ganz ausliefern, mich ihm in ganzem Vertrauen übergeben und alles ihm überlassen – erst dann bin ich wirklich „frei“. Freiheit ist die völlige und willensmäßig gewollte Abhängigkeit von Gott.

 

Es gilt hier noch zu bedenken: Wir sind de profundis von unserem Schöpfer in allen Dingen abhängig – mag ich es wollen oder nicht, wissen oder nicht. Stimme ich aber dieser Abhängigkeit Willens-mäßig zu, dann ändert sich mein ganzes Sein in diesem Erdental: dann wird auf einmal alles ein großartiger Lobgesang auf meinen Schöpfergott, denn alles was ist kommt von ihm und alles was geht, geht zu ihm. Alle Vergänglichkeit (eingeschlossen ich selbst) kann mich fortan nicht mehr betrüben – weiß ich mich doch beim Ewigen Vater geborgen, dem keine Vergänglichkeit anhaftet. So gesehen brauche ich auch nichts mehr zu fürchten oder mich darüber ängstigen, dass ich in dieser Welt etwas verliere, eingeschlossen mein irdisches Leben. Denn mit dem Akt meiner Herzens-Zustimmung habe ich auch schon beschlossen und zugestimmt, diese Welt und mich selbst eingeschlossen „geistigerweise“ verloren zu haben. Nichts kann mich hier auf dieser Welt noch betrüben, heiter und froh und dankbar über alles was ist und geschieht wandere ich durch diese Welt in ewiger Verbindung mit dem Vater (Psalm 23).

 

Daher: Wem diese Welt nicht vollends (geistigerweise) gestorben ist, der hat seine Herz-Mitte noch nicht an unseren Schöpfer „verloren“, sondern der Vergänglichkeit geopfert in der Meinung, alles sei in bester Ordnung so.

 

Bereit, sich finden zu lassen! Nur so kann der Herr gefunden werden. In diesem Wort liegt ein „Lassen“ – ich lasse es zu. Unser deutsches Wort „Ge-lassenheit“ spricht davon. In einem späten Vortrag zur „Gelassenheit“ spricht Heidegger das Wort: „Die Gelassenheit zu den Dingen und die Offenheit für das Geheimnis gehören zusammen“. Unmittelbar auf diese Einsicht folgt eine weitere: Fesselung, Blendung, Verhexung – er meint, dass das „rechnende Denken“ alles in allem werde und damit gehe verloren das Denken als „Danken“ – also das wahre Denken. Vollends hat sich erfüllt, was Heidegger vor 70 Jahren vorausgedacht hat. Heutigentags zählen die Zahlen, es geht um Statistiken und Rekorde und um Höchstleistungen im Verein der Besten. Es geht um Zahlen. In dem Vortrag zur Gelassenheit spricht Heidegger am Ende auch davon, dass es um die Rettung des Wesens des Menschen ginge.

 

Sonderbar, dass mir gerade heute – am Karfreitag – dieses Büchlein von Heidegger wieder in die Hände fällt, denn heute gedenken wir (das Denken: ein Danken) unserer Erlösung und Rettung durch unseren Herrn Jesus Christus am Kreuz auf Golgotha.

 

Der Psalm 124 endet  doxologisch: Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.

 

Ohne weiteres lässt sich sagen: Unsere „Rettung“ ist im Namen des Herrn. Heute, am Karfreitag, hat uns der Herr gerettet, dessen gedenken (das heißt danken) wir – denn das wesentliche Denken ist im Innersten das Danken (der Gedanc). Gelassenheit kennt keine Unruhe mehr, vielmehr lässt es die Dinge Dinge sein aus einer inneren Ruhe und Sammlung heraus. Das Bild vom Sturm auf dem See von Tiberias mag das alles versinnbildlichen. Diese innere Ruhe lässt sich nicht von uns her machen – sie ist geschenkte Gabe und daher Gande, unverdient gegeben.

 

Papst Franziskus sprach gestern bei der Abendsmahl-Messe: „Lasst euch die Füße waschen! Der Herr ist euer Diener – er ist euch nahe und gibt euch Kraft.“

 

Der Herr – der Immanuel – der Gott mit uns – ist mein Diener! Wer mag das fassen – er wäscht mir Sünder die Füße, jederzeit. Was er jetzt an Petrus tue, das verstehe Petrus jetzt noch nicht, so Jesus, später aber, später werde er alles verstehen (Gründonnerstags-Liturgie).

 

Dann sagt Jesus: Wenn ich dich nicht wasche, dann hast du keinen Anteil an mir. Petrus entgegnet: Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt.

 

Petrus antwortet wie Thomas in diesem „Herr“ und meint mit seiner ganzen „Herzens-Willens-Mitte“ in der ganzen Kraft seines Vertrauens: „Mein Herr und mein Gott!“ In diesem Wort liegt der ganze Glaube, die ganze personale Hingabe und Realität an den Auferstandenen.

 

„Lasst euch die Füße waschen“ – wer mag das fassen. Der Erlöser der Welt  - der Schöpfer des Alls – Alpha und Omega allen Seyns  - er wäscht mir die Füße. Meine erste Reaktion – instinktiv – wäre: das habe ich niemals verdient: Herr, geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder! Dennoch liegt gerade darin unser aller Heil: es zu-lassen, bereit sein, sich finden zu lassen – das ist dieses Zulassen, geheilt zu werden: Nur so kann der Herr gefunden werden.

 

Lasse ich es nicht zu, dass mein Herr und mein Gott mir die Füße wäscht (Sinnbild auch meiner Gebrechlichkeit und Sündenverstricktheit), dann meldet sich noch immer in mir mein Stolz: ich bin nicht würdig, das habe ich nicht nötig usw. Da meldet sich noch in mir der große, fast unbesiegbare Stolz: ich könnte doch noch selbst, aus eigener Kraft das Ruder rumreißen auf meiner Lebensdurchreise, es irgendwie unabhängig vom Schöpfer schaffen, das wäre doch toll und alles aus eigener Kraft. Darin liegt eben die Ur-Versuchung (Gen. 3). Das Wesen der Ur-Sünde liegt in dieser Vermessenheit: in dem Augenblick, da ich mir selbst zutraue alles in allem zu können, zu planen, zu verwirklichen, mir mehr zuzutrauen als meinem Schöpfer, in diesem Augenblick wende ich mich ab von meinem Schöpfer: mir zu trauen heißt zugleich: ihm , dem Schöpfer nicht mehr alles zutrauen: und Alles ist ALLES. Jetzt geht ein Riss (und Judas Iskarioth ist im Hebräischen der "Mann des Risses") durch die ganze Schöpfung: die Eva in uns erliegt dieser Versuchung und der ganze Himmel hält den Atem an. Der Schöpfer-Gott ist nicht mehr „Alles in Allem“. Auf die arglistige Frage des Teufels: „Hat Gott wirklich gesagt…“ (die Ur-Lüge) müsste die Eva in uns antworten: Hypagé, Satana! Gegraptai gar, kyrion ton theon sou proskyneseis kai auto mono latreuseis (Geh hinweg, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, Deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen!). Das sind die Worte Jesu bei der großen Versuchung in der Wüste.

 

Der Heiland hat "kein Gespräch" mit dem Satan, es diskutiert nicht, er blickt völlig abgeklärt und nüchtern auf die Versuchungen der Zeitlichkeit.

 

Schon allein die Einflüsterung der Schlange: Hat Gott wirklich gesagt! – ist im Wesen bedacht eine Grund-Infragestellung der Allmacht Gottes: denn alles was Gott tut und sagt ist „absolut gut“: jede Verordnung, jedes Gesetz, jede Anordnung, alle Gebote – seine gesamte Schöpfung ist „sehr gut“ – da gibt es nichts daran auszusetzen oder in Frage zu stellen. Geschieht das dennoch, dann meldet sich in mir der „Stolz“, der „Hochmut“: ich zweifle an der All-Gutheit meines Schöpfers, ich traue ihm nicht mehr ganz, nur mehr ein Bisschen – im Grunde nehme ich mein Leben lieber selber in die Hand, da weiß ich, woran ich bin.

 

Herr, Du bist Alles, ich bin dein Geschöpf – du hast mich aus dem Nichts ins Seyn gerufen – dir zu danken für Alles, mag dies oder jenes über mich kommen, alles hast du geordnet, auch wenn ich vieles jetzt nicht verstehen kann und mysterión bleibt: ich traue dir alles zu, wenn ich auch gehe im finsteren Tal (Psalm 23) – so bist du bei mir.

 

Der Herr hat mich aus dem Nichts zum Leben geschaffen – mein Seyn verdanke ich ihm allein – so wäre es doch in Wahrheit würdig und recht: Dir Gott Allmächtiger Vater, immer und überall zu danken (Präfation).

 

Aus dem Hochgebet unserer liturgischen Feiern kennen wir das: immer und überall zu danken. Ihm danken: Heute, gerade am Karfreitag, wäre es endlich Zeit zu danken – denn er, unser Erlöser, hat die ganze Schöpfung und die ganze Sünde der Welt zum Vater getragen, er hat die Ur-Sünde vernichtet: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!

 

Wiederum geht jetzt ein Riss (der Vorhang des Tempels reißt entzwei) durch die gesamte Schöpfung, wie beim Sündenfall: das Heiligtum ist ganz offenbar und zugänglich geworden für alle Hinzutretenden: wir alle sind (schon) gerettet! - vorausgestzt, ich kann das Annehmen in voller Demut und Ehrfurcht, dass er, Jesus, mein Heiland sein darf (das ist wahre Umkehr, Sinn der Fastenzeit).

 

Wo bin ich bloß stehen geblieben?

 

Die Herz-Mitte, das Gebet aus dieser, der Wille, mein ganzes Sein ihm zu überlassen (etwas überlassen = etwas opfern: das ist der Sinn der "Opfergabe"): Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist und ich traue dir Alles in Allem zu und ich danke dir für Alles in Allem! Opfern heißt: Jesus, mein Herr, ich übergebe dir von nun an mein ganzes Herz - tu damit, was du tun willst!

 

Das eigentliche Opfer ist mein JA zur Intimität mit meinem Gott.

 

Bin ich bereit mich vom Herrn finden zu lassen? Das war der eine Grundgedanke. Lasse ich es zu, dass der Herr mein Diener ist – oder bin ich noch zu stolz dazu?

 

Lasse ich zu, dass mein Schöpfer mein Diener sein will?

 

In meiner Herz-Willens-Mitte liegt der Ort der Begegnung: Gegenwart zu Gegenwart – geheimnisvolle Gastlichkeit nach langen Nächten des Ausweichens und der Schläfrigkeit und Überheblichkeit. Es ist das Herz, das wahrhaft fähig ist zu beten. Betet nicht mein Herz, so spreche ich nur herzlos und damit überhaupt nicht. Wenn mein Herz betet, ereignet sich Gebet: das ist Liebe (kein Gefühl, keine Sentimentalität), sondern das Überzeugtsein von der ersten und letzten Wirklichkeit meines Schöpfers, der sich herabgelassen hat, mir die Füße zu waschen.

 

Wie antworte ich? Antworte ich überhaupt? Meine Antwort kann nur Anbetung sein: schweigende Liebe!

 

Nach langer Sammlung und aus tiefster Stille – um die Mitternacht meines Lebens – mag ein Wort aus dem Innersten anklingen in einem Klang, der alles was ist, durchzittert, ein Name: Jesus.

 

Meine Herz-Mitte betet: Jesus. Ruft einer im Herzen „Jesus“, dann vollzieht das Wort seine Fleischwerdung in ihm und vergöttlicht ihn, denn Jesus ist der einziggeliebte Sohn, der Mensch wird, damit der Mensch zum Sohn Gottes werde. Es heißt: Ruft einer im „Herzen“: darauf kommt alles an. Betet mein Herz im Anruf des Namens Jesu, so anbetet jetzt wahrhaft das menschgewordene Wort: Jesus selbst ist es in der Kommunion mit uns Hinzutretenden, die wir nicht mehr „wir selbst sind“. Jesus selbst ist jetzt in mir zugegen, er ist es, der zum Vater betet.

 

Kann ich das glauben  und wie stark ist mein Glaube jetzt?

 

Wer bewohnt also ganz real meine Herz-Mitte – wer darf sie bewohnen, wer darf ganz darüber verfügen? Und zwar nicht in einer ausgedachten Idee. Der wahre Glaube, heißt es, kann Berge versetzen. Das uns "Unmögliche" ist mehr als wirklich – so muss es gedacht werden. Es gehört zu der großen Strategie des Bösen, dass wir von uns selbst viel zu gering denken, dass wir uns klein halten und meinen dabei noch, fromm und bescheiden zu sein und so wäre es schon gut – alles andere sei hochmütig.

 

Im Gegenteil: Bewohnt Jesus mein Herz (mein Gott bewohnt mein Herz: so großartig muss man von sich denken) – dann ist er Alles in Allem. In dieser Komm-union mit dem Herrn ist er der Täter der Göttlichen Tat. Bitte ich ihn, so tut er, längst bevor ich ihn bitte. Wer mag solches fassen?

 

„So“ real ist der Gott mit uns in uns – der Immanuel: „So“ wirklich ist die wahre Wirklichkeit. Und „so“ ist die Gott-Kindschaft. Es heißt: Wir heißen Kinder Gottes und wir „sind“ es. Wiederum keine horizontale Zeitlichkeit, denn in diesem „sind“ schwingt der Auferstandene, der Zeitenlose, der Ewige und er in meiner Herz-Mitte.

 

Je mehr meine Herz-Willens-Mitte dem Herrn hin-gegeben „ist“ (eins-sein mit ihm), desto mehr  tut der Vater unseren Willen. Ja, das ist das große Geheimnis des Glaubens. In der Hingabe entfaltet sich die ganze göttliche Energie und Kraft durch den Heiligen Geist. Fortan ist jeder Augenblick ein „geheiligter“. Nur Augen des Glaubens können das „sehen“.

 

Es gibt ein Wort, es heißt „Epiklese“: Herabrufung des Heiligen Geistes. In der Gaben-Epiklese betet der Priester in persona Christi: Darum bitten wir dich Allmächtiger Gott: Sende Deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit sie uns werden Fleisch und Blut unseres Herrn Jesus Christus, der uns aufgetragen hat dieses Geheimnis zu feiern.

 

In dieser Epiklese ist die Allmacht des Heiligen Geistes dargeboten (und zwar ganz real): In diesem heiligen Augenblick der Epiklese jubelt der ganze Himmel, denn der Mensch „ist“ jetzt zurückgekehrt.

 

Denn zugleich mit der Gaben-Epiklese geschieht die Epiklese des Herzens, meines und deines: beides gehört zusammen. Epiklese meines Herzens heißt: mein armes (Du bist Alles ich aber nur dein Geschöpf aus dem Nichts), vertrauendes (Du bist der All-Gute) und entschlossenes (Wille) Selbstangebot als Sünder (als Sünder stehe ich vor dir), der ich mich meines Eigenwillens in die Hände des Vaters entledige (Entäußerung): dieser Akt der völligen Entledigung ruft zugleich die Allmacht des Vaters herab, die überschwengliche Liebe zieht diese Herzens-Epiklese herab (die unglaubliche Fußwaschung).

 

Je reiner also mein Herz von aller Anhänglichkeit an die endlichen Vergänglichkeiten ist, umso mehr wird es vom „Geist Gottes“ erfüllt, je demütiger (Demut ist der Mut zur Wahrheit) mein Herz verstummt in einer Heiligen Stille, umso mehr weitet der Name Jesu es durch seine je jetzige Gegenwart aus. Ich bin mir selbst verlustig geworden und habe dabei ALLES gewonnen. Epiklese ist „der“ Heilige Augenblick, der die Allmacht Gottes „real setzt“.

 

Kleingläubigkeit ist nichts anderes als gelebter Positivismus. Es zählt das positum, das Sichtbare, das Messbare, das Kalkulierbare, das Berechenbare und so meint man eben, das sei das „Reale“ – das Wirkliche.

Gebet ist im Wesen aber dementgegen diese Herzens-Epiklese und zugleich das Heilige Eingeständnis meiner Nichtigkeit vor der Allmacht des Herrn: das ist wahre Anbetung.

 

Es kann nur das Herz in Wahrheit beten  - alles andere bleibt äußerliches Gerede. Das Herz „sieht“ Gott und lädt ihn ein, Wohnung zu nehmen. Das Herz „entschließt“ sich zu beten – ein Großer Wille steht dahinter. Hier muss man nun inne halten: Herzens-Gebet heißt Sterben können. Das Vermögen zum Sterben können ist nichts anderes als das Vermögen, mich aufzuopfern, mich dranzugeben, mich nicht mehr wichtig zu nehmen, mir absterben, die Wahrheit meiner Herkunft – Geschöpf aus dem Nichts zu sein – unterschreiben, signieren: das ist wahres Gebet.

 

„Dieser“ Tod ist der Anfang des wahren Lebens in Gott. Beten ist daher eine „Schlacht“ und der Heilige Geist kämpft mit uns an vorderster Front, er kommt uns zu Hilfe mit seiner ganzen Allmacht und je ärmer ich mich einstelle in diesen Kampf, desto stärker tritt der Heilige Geist für mich ein.

 

Der Welt sterben ist der eigentliche Kampf, denn die Nacht der Weltlichkeiten wird uns wieder und wieder bedrohen: aber die stumme Liebe (Karfreitag) hat den Tod schon endgültig besiegt.

 

Heute, am Karfreitag, gedenken wird der Erlöstertat am Kreuz. Gedenken heißt eigentlich: An-Denken, das eigentliche Denken ist aber das „Danken“. Andenken heißt auch: An-kommen, heißt An-kunft. Wenn ich das Kreuz wahrhaft betrachte, dann kann es geschehen, dass das Gedenken an Chrsitus zum Heiligen Danken wird: dann wäre das Leiden Christi jetzt ganz lebendig. Danke ich aber von ganzem Herzen unserem Herrn, aus meiner ganzen Mitte, dann bete ich wahrhaft.

 

Bete ich „derart“, dann ist das Mysterium auf Golgotha niemals Vergangenheit, sondern „gelebte Wirklichkeit“, einzige Realität: der Auferstandene ist „jetzt anwesend“ – genauso anwesend, da der Priester in persona Christi spricht: „Der Herr „ist“ jetzt mit euch!“ In der Liturgie heißt es immer: Der Herr sei mit auch! Und wir antworten: Und mit deinem Geiste! Der Heilige Geist ist es, der alles lebendig setzt!

 

Das „ist“ spricht klarer: Der Herr ist mitten unter uns und in uns: in unserer Herz-Mitte ganz zugegen.

 

Das betende Herz ist noch immer in derselben alten Welt, die alte Welt hat sich dadurch nicht verändert, alles ist wie immer, alles kommt und alles geht, auch alle Probleme sind dieselben. Nichts hat sich an den Äußerlichkeiten verändert.

 

Und doch hat sich „Alles in Allem“ radikal gewandelt in dieser Heiligen Wandlung: freilich – für das betende Herz. Denn es hat seine wahre Heimat und Heimstatt im Auferstandenen gefunden, der von nun an: Alles in Allem ist.

 

Sollte man sich jetzt denken: Ach, meine Seele ist ja bitterschwarz vor lauter Sünden - so muss man hier anfügen: sicher, das muss man vor dem Herrn bekennen, ganz offen, zu ihm gehen damit. Er vergibt alles, vernichtet die Sünde, ein für alle mal. Gerade in mir bekennendem Sünder nimmt der Herr Wohnung und wird mich heiligen.

 

 

(Die "Spur des Heiligen Geistes" ahnt man nur im Rück-Blick auf die Jahre, die einer erfährt. Und so wird einem "gewiss", dass die Wahrheit keine Zeitlichkeit kennt und so bleibt nur mehr der "Dank", eucharistein: ich sage Dank: Ostern 2020 - Ostern 2022)

 

 

(Weiterführung)

 

 

 

 

 

 

AM   JAKOBSBRUNNEN

 

Durst!

 

Dann gräbt der! Wo immer einer ist – im Seyn aufgeschlagen: sofort ist das Graben. Wo immer einer sich niederlässt, gräbt der „sofort“ unterirdische Wasserbehälter, Zisternen: die ihm das Überleben sichern. Im Graben verrät sich die Macht des Geistes. Nur das Geist-Lose gräbt nicht.

 

„Irrende Wanderung“ – wer irre wandert, der gräbt und gräbt!

 

Paul Celan verdichtet:

 

Es war Erde in ihnen, und
sie gruben.

Sie gruben und gruben, so ging
ihr Tag dahin, ihre Nacht.

 

Und sie lobten nicht Gott,
der, so hörten sie, alles dies wollte,
der, so hörten sie, alles dies wusste.

 

Sie gruben und hörten nichts mehr;
sie wurden nicht weise, erfanden kein Lied,
erdachten sich keinerlei Sprache.

 

Sie gruben.

 

Es kam eine Stille, es kam auch ein Sturm,
es kamen die Meere alle.
Ich grabe, du gräbst, und es gräbt auch der Wurm,
und das Singende dort sagt: Sie graben.

 

O einer, o keiner, o niemand, o du:
Wohin gings, da's nirgendhin ging?
O du gräbst und ich grab, und ich grab mich dir zu,
und am Finger erwacht uns der Ring.

 

 

Incipit vita nova (heute zerbrach die alte Zeit: das neue Leben: „eingesetzt“ – „gestiftet“).

 

Kann es sein? Fremdlinge im eignen Erbgut?

 

Warum der große Durst? Seltsam – alle, ausnahmslos – dürsten: so beginnt und erhält sich der Dauerlauf ohne erlöste Ankunft, das Getriebe, die erschöpfte Seele.

Ja, es ist sehr seltsam: jeder von uns gräbt, es könnte anders nicht sein. Das Graben ist Signum und zugleich Einzeichnung der „Hoffnung“: jeder von uns – ausnahmslos – ist seiner Hoffnung verfallen: freilich, oft und oft zerstreut sich diese im Leblosen.

 

Wir alle: unterwegs nach SAMARIA!

 

Das lebendige Wasser im Brunnen ist nicht sichtbar; rundherum sieht man aber das Werk der Grabenden – sehr verirrt und verwirrt, verrannt und verkannt.

O du gräbst und ich grab, und ich grab mir dir zu,… so der Dichter: unbemerkt gräbt man mit vollen Krügen: aber erst die leeren Krüge finden zur Wahrheit im Geist. Da kann es geschehen – und zwar ganz überraschend – dass der Schleier der Lüge offenbar wird.

Der Krug ist leer  - was wird er aufnehmen? Die Begegnung am Brunnen offenbart die Wunden, die Verletzungen, die Spuren unserer Wundmale. Die Begegnung mit dem Heil ist zunächst immer Widerstand und Auflehnung und also Anfang im Heil. Das ist die gute Nachricht!

 

Umgewendet: der Heilige Geist bearbeitet unsere Herzen – er bereitet unsere Herz-Mitte.

Jene, die noch im Tod „sind“ – wer sind sie? Was und vor allem „wie“: wie ist das Gefüge meiner Tat? Bin ich noch Täter oder Heiliges Opfer? Die Wahrheit Jesu im Wort kann nur die sein und übereinstimmen mit derselben Wahrheit die er „ist“. Sein und Wort sind „eines“. Der ewige lógos ist einer, ausgefaltet im Wort des Seins. Wort im Heiligsten kann daher nur Offenbarung sein: jede Zertrennung ist entfernte Zugrunderichtung, Ausuferung in der tödlichen Zerstreuung, graben nach eigenen Zisternen, zu Tode gebracht im Welt-lógos, der tödlich darbringt, wozu er wesentlich gerufen und daher „berufen“ ist: Kundgabe der Anverwandlung, Signum der Hingabe.

 

Die einzige Heilige Wahrheit wird nicht erklärt, nicht argumentiert, nicht besprochen oder gar bewiesen, nein, die einzige Heilige Wahrheit „ist“ ein Seyn und wirkt sich aus: dieses Aus-Wirken ist „evident“. Erst die Evidenz verlebendigt ihr Seyn. Ein Heiliger ist nicht dann und wann heilig, er ist es „evident“ oder gar nicht.

Je nachdem: jede Tat ist wesentlich geheiligt, jede Tat Gottes-Täterschaft; oft und oft dagegen begrabne Tat, tötende Tat. An dieser Schnittstelle der Heiligen Evidenz leuchtet am Horizont das Wesen der „Schönheit“ auf, das darin besteht: schön gemacht worden zu „seyn“. „Schön“ ist, wer sich zubereiten lässt. Der Künstler dieser Zubereitung ist der Heilige Geist, erst dann ist die Zeugenschaft. Man merkt es an: das Aufmerken ist immer Folge der Zubereitung, niemals aber ist die Zubereitung Folge des Aufmerkens und doch geschieht die Zubereitung niemals ohne das Aufmerken. Die Voraussetzung ist eine lange Zeit der Intimität im Heiligen Geist, ein Leben in der stillen Zwiesprache, in der Heiligen Kommunität. Das (mein) Leben beginnt eigentlich erst im Heiligen fiat mihi, in der Großen Stille der Tochter Zion. Lebendiges Leben ist wesentlich: Empfang, Empfängnis. Je reiner (los-gelöster, kindlich) diese, desto stiller und schöner und heiliger lebt das Leben. Je mehr losgelöste Empfängnis, desto heiliger!

 

Πάσχειν ist Empfangen-können: Kraft und Mut zur Anverwandlung. Das deutsche Wort er-leiden ist dagegen zu negativ besetzt. In der Natur bemerkt man das „Große Erleiden“, man spürt den „Großen Empfang“ und zugleich die niemals aus sich selbst her gemachte Schönheit, die es ja wesentlich nicht gibt: die Natur „ist“ schön gemacht, nie aus sich selbst heraus, die Elemente beackern und bearbeiten die Natur – diese lässt an sich heran, lässt sich bearbeiten und so erst allein geschieht ihre Schönheit. Die Passion Christi ist der Höhepunkt der Schönheit und Heiligkeit, hier voll-endet sich die Liebes-Hingabe im Heiligsten Empfang: Vater, in deine Hände gebe ich meinen Geist. Diese äußerste Hingabe ist zugleich die erste Wirklichkeit und Schönheit – der Eigenwille ist vollends transparent mit dem Willen des Vaters. Liebe ist im Wesen dieses Erleiden in der Transparenz des Mit-Leidens.

Lasse ich das Göttliche Gestaltungswerk an mir zu? Hier entscheidet sich alles: Tod und Leben! Ich bin jetzt an jene Position herangerückt, da „es köstlich wäre, von jenen Früchten zu essen“ (Genesis 3) – der Baum ist jener der „innersten Mitte“ – es geht um Leben und Tod. Die Ur-Versuchung ist jene, da ich es Gott nicht überlasse, über mich restlos zu verfügen. Dagegen nehme ich meine Lebens-Gestaltung lieber selbst in die Hand: meine Pläne, meine Vorstellungen, meine Fantasien, mein Glück, meine vermeintliche Freiheit, meine Gestaltung usw.

 

Das Gute dagegen ist restlos Gabe und Geschenk – warum sollte ich darüber verfügen? Und das Böse ist jene Macht, die den Vater, den Schöpfer des Alls, verlieren hilft. Eva geht in diesem Augenblick der Großen Versuchung nicht zum Vater: Ursprung der Großen Empörung, Beginn der Todesspirale, Ursprung der Gier: das Maßlose wird von nun an bestimmend. Denn im Augenblick, da ich das Ewige Maß verliere, bin ich wortwörtlich ohne Ewiges Maß, daher „Maß-los“. Das Maßlose kenne ich gut: es ist die Gier, die Begierde. Die Gier kennt kein Maß, sie giert sich zu Tode. Braucht es Beweise? Die Gier ist der Große Fluch und verflucht ist gerade der, der sich selbst aus dieser Verklammerung lösen wollte: das wäre noch die Potenzierung jener Hybris. Auch die Erlösung aus dieser Gier ist Gabe und Geschenk: reine Gnade. Jesus in der 3. Versuchung in der Wüste: Hypagé Satana, gegraptai gar, kyrion ton theon sou, proskyneseis kai auto mono latreuseis! Er ist im Vater, er geht nicht zu ihm, er ist in ihm. Die Macht des Bösen ist gebrochen. Seitdem „ist“ die Macht des Bösen gebrochen: das Heil „ist“ – im Anruf, d.h. in der Hinwendung des Geistes zum Vater, im Sohn ist das Heil „geschenkt“. Heilung lässt sich nicht unsererseits „machen“. Die Grund-Heilung hat er, Jesus, am Kreuz erlitten – es ist uns jetzt  ein Leichtes, unser Herz in diese Heilung zu legen um daran teilzuhaben (wir müssen das nicht mehr erringen) – dennoch scheint es – oder ist es – weit entfernt, vergessen, tot, weil das Pascha-Mysterium nicht mehr bekannt, gekannt, geglaubt, sondern völlig vergessen liegt.

 

Wer von dieser Frucht „isst“, stirbt (Gen 2 / 3) -  er ist „geistigerweise“ längst tot bevor er physischerweise verendet. Dieser Tod ist wesentlich das größte Drama: so lasst die Toten ihre Toten begraben. „Sterben“ heißt eigentlich: hier, an dieser innersten Schnittstelle des Existierens, sterben – im Geist. „Auferstehung“ ereignet sich im Sich-Erheben aus diesem Todes-Entschluss – in der Umwendung und Rückkehr, in dem Eingeständnis: Herr und Gott, du darfst Alles in Allem sein: fiat mihi. Hier ist der Ort der Entscheidung was es heißt zu leben oder tot zu sein bevor man verendet. Heiliges Opfer ist immer diese Opfer-Gabe, restlose Kenosis, Hingabe: das Leere ist bereit zum Großen Empfang – das ist das Wesen der Schönheit.

 

Leben und Tod, kann man sagen, sind daher niemals etwas Äußerliches, werden sie nur äußerlich genommen, „ist“ man schon tot. Es ist wie bei der Betrachtung eines eben Verstorbenen: man bemerkt, da liegt nur mehr ein toter Körper, da ist kein Leben mehr da. Und so auch bemerkt man den „Geistigen Tod“, der sich vollzieht in der Selbst-Potenzierung.

Äußerlichkeit ist immer ein Nachhall dessen, was geistigerweise in mir waltet: je nachdem. Jeder Geist wirkt sich aus, gerade auch der Große Ungeist und Widersacher-Geist. Niemals kann daher Äußerlichkeit Geist stiften, nur der Geist ist lebendig und wirkt sich im Außen aus. Ist der Geist „tot“, ist auch das Äußerliche tot, ist das Äußerliche tot, ist auch der Geist tot. Ist der Geist lebendig, ist auch das Äußerliche lebendig, ist das Äußerliche lebendig, ist es auch der Geist. Alles hängt vom Geist ab, das Äußerliche ist immer nur „Empfänger“ des Geistes: aus-gewirkter Geist.

 

Man soll daher nie betrübt sein, dass wir äußerlich verenden, sondern vielmehr darüber in Sorge sein, welch´ Geistes wir sterben und vielleicht auch schon gestorben sind bevor wir äußerlich zugrunde gehen.

 

Nun ist auch begreifbar, dass, wer geistig stirbt, absolut sterben kann und muss. Denn der Geist ist in seinem Entschluss allmächtig. Geistig tot bin ich, wenn der lebendige Geist, der Heilige Geist, nicht mächtig sein darf in mir und er nur mehr von Ferne, rein äußerlich, winkt wenn überhaupt. Wie mächtig darf der Heilige Geist in mir wirken heißt, wie lebendig darf ich werden oder sein? Nie wirkt sich daher eine bloße Äußerlichkeit im Geist aus – jeder Geist aber – je nachdem – wirkt sich immer aus. Welcher Geist darf in mir wohnen, mich behausen – ist es der Heilige Geist und wenn es dieser nicht ist, welche Geister bewohnen mich dann – sind es Un-Geister, Geister des Widerstandes, der Auflehnung, der Betrübnis, Geister des Un-Lebens, Geister der dramatischen Isolation?

 

Ja, wenn man das begriffen hat, dann versteht man auch die Macht des Gebetes: das Gebet ist erst Gebet, wenn es „lebendig“ ist und es ist erst lebendig, wenn der Heilige Geist selbst es ist, der in mir betet und die Himmlische Liturgie „beschwört“. Beschwören heißt: alles Äußerliche hintansetzen und den Heiligen Geist als Große und einzige Wahrheit „setzen“. So erst ist auch das Wort-Gebet lebendig – sonst bleibt es äußerlich und nichts.

Es heißt in der Präfation: Sursum corda und wir antworten: habemus ad dominum! – oft wird das als liturgische Lüge bezeichnet. Gebet (so schlecht und gebrochen es oft ist) „ist“ aber immer Erhebung unserer Herzmitte, Umwendung, Absage an die Große Versuchung in Genesis 3: Eva geht nicht zum Vater, sie kehrt zur Schlange zurück. Gebet (und sei es das schlechteste) geht immer zum Vater – so wirklich ist die Wahrheit.

 

Der physische Tod ist eigentlich kein Tod: den Vater zu lieben und ihm zu danken – jederzeit für alles – das ist Leben im Geist und Geist im Leben.

 

Getötet aus Mangel an Liebe!

 

Wie sollen wir uns denn verhalten? Im Herzensgebet versiegt die Liturgie nie. „Immerfortwährend“ beten: sodass Leben Gebets-Leben heißt. Alles vom Heiligen Geist erwarten, das ist Herzensgebet.

 

Das Böse trennt den Menschen von Gott.

 

SIGNUM – ÜBER-SETZUNG

 

Ein neuer Morgen in der Alten Zeit: immer noch diese Fragen und jene Erklärungen; wann ist es genug damit? Wann endlich „lebt“ das Signum? Weiß Du, wer ich bin? Ansehen und irdische Größe – Ansehen, etwas gelten – verehrt sein: der Sohn des Allerhöchsten ist die größte Gefahr: unter seinem Licht ist man entweder der Neugeborene oder der ewig Tote – je nachdem. Das ist die Stunde des Judas in uns. Ertrage ich den Erlöser am Kreuz, halte ich das aus – oder will ich sein wie er – ein Gott? Man sieht, es ist wieder diese Ur-Versuchung: sein wollen wie Gott! Der Verräter wendet sich nicht mehr ihm zu, er sieht alles ein, aber er geht mit seiner Herzmitte nicht mehr zum Erlöser, nicht mehr zum Vater, er hält den Blick des Erlösers nicht aus, hält ihm nicht Stand. Das ist das Schlimmste – das einer dieser Liebe nicht Stand hält, dass einer diese Liebe gar nicht mehr wahrnimmt. Nicht der Verrat des Judas war das größte Übel, denn der Erlöser hatte ihn geliebt mit seinem Verrat im Herzen, sondern der Mangel an Liebe zum Erlöser im Herzen des Verräters, seine Erkenntnis: ich bin ein totaler Gott-Verräter und also bin ich absolut „unwürdig“, ich habe Gott verraten, das ist die größte Sünde, ich bin unwürdig nicht mehr würdig zu leben, es ist nur recht, wenn ich mein elendigliches Leben beende.

Wer könnte diese tödliche Argumentation nicht nachvollziehen? Wer Gott selbst verrät und ausliefert, der ist doch absolut unwürdig und hat selbst jedes Lebens-Recht verwirkt! Doch: in diese Todes-Logik einmal eingetreten, verhärtet sich die Herz-Mitte „absolut“ (gänzlicher, geistiger Tod), man geht nicht mehr zu ihm, unseren Erlöser. Judas „sieht“ diesen Weg des Heiles nicht mehr. Er müsste tun wie Petrus: auch er ein Verräter, dreimal verleugnet er unseren Herrn  - dann blickt der Herr ihn nach seinem Verrat an. Was tut Petrus? Er hält den Blick aus – er läuft nicht davon, mit seiner ganzen Sündenlast des Verrates geht er zum Herrn und sein bitteres Weinen ist eigentlich der Anruf seines Hochgebetes: Vater, geh´ weg von mir, ich bin ein Sünder!

 

Die Sünde des Hochverrates lastet allüberall -  es wird darauf ankommen, nicht bei sich selbst damit stehen zu bleiben wie Judas (aus falscher Eitelkeit und Minderwertigkeit), es wird darauf ankommen, meine ganze Sündenlast einzusehen und ihm zu geben, mich umzuwenden, von mir selbst mich wegzuwenden – im Gebet. Im Gebet „geschieht“ schon diese Umkehr und Umwendung.

 

Judas betet nicht mehr – im Augenblick seiner restlosen Verzweiflung ist er der Umkehr im Gebet: Herr, ich bin ein Sünder! unfähig geworden. Eva geht nicht zum Vater. Judas geht nicht zum Vater.

 

Noch ein Anderes liegt darin: das Heil ist nicht machbar! Nicht zum Vater zu gehen heißt: ich mache!

 

Daher: was oder viel besser: „wer“ lässt mich im Innersten „erzittern“ – „wer“ drängt mich – woran hänge ich mein Herz? Verhärtung des Herzens heißt eigentlich: ich sehe nur mehr mein Elend und sehe es sogar ein, durchschaue es und bleibe dabei, sogar logisch durchdacht und ausgefeilt: ich Elender habe mit meiner ganzen Verderbtheit Erlösung gar nicht verdient.

 

Es wäre dies - gerade jetzt - der Augenblick der innigsten Erlösung, vorausgesetzt, ich nehme „an“. Dismas` Wort am Kreuz: Herr, gedenke meiner, wenn du in deinem Reich bist!

 

Dies Hochgebet dieses Verbrechers am Kreuz – es führt ihn mit dem Herrn in die Ewigkeit zum Vater: ganz am Ende wendet sich Dismas dem Herrn zu und bekennt aus ganzem Herzen, mit seiner ganzen Herzmitte. Er ist in diesem Heiligen Augenblick nicht zu stolz, das ganze Heil und die ganze Vergebung anzunehmen und auch zu „erwarten“– trotz seiner ganzen Sündenlast.

 

In diesem Heiligen Augenblick ist der rechte Schächer – zeitlebens Verbrecher – heilig: denn er erwartet „Alles in Allem“ – er denkt jetzt ganz hoch und heilig von sich und denkt nicht nur so, sondern seine Herz-Mitte ist geöffnet zum Herrn: Alles – das Ewige Leben – erwartet er jetzt vom Herrn. Er ist wahrhaft einer, der nach den ewigen Sternen greift – der ganz hoch von sich denkt, der alles erwartet und alles einsetzt – er traut sich so „hoch“ und „heilig“ zu seyn.

 

Er geht zum Vater und bekennt: Hier bin ich und ich danke dir, dass du mir schon vergeben hast! Seinen ganzen Lebensmut und Lebensschwerpunkt setzt er jetzt in diese Hoffnung.

 

Wer hat diesen Heiligen Augenblick am Kreuz bewirkt, diese ganze Rückkehr und Umwendung?

 

Die Tochter Zion – im Anblick – in der Gegenwart mit ihr – „ist“ schon diese Heilung.

 

 

(Weiterführung)


 

 

 

 

DIE STUNDE JESU

 

 

Es „ist“ die Stunde des Kreuzes und der Auferstehung. „Ist“ heißt: Sein – was heißt Sein? Wiederum diese Frage nach dem Sein oder nach dem, was das eigentlich heißt: Wirklichkeit und daher Wahrheit. Nur die Wahrheit ist und kann Wirklichkeit sein und nur die Wirklichkeit kann wiederum Wahrheit sein. Am Ende pulsieren Wahrheit und Wirklichkeit im unaussprechlichen mysterión: im Geheimnis von Kreuz und Auferstehung. Die wahre Logik ist die des „Glaubens, der Hoffnung und der Liebe“. Denn im Anfang der Schöpfung – und dieser Anfang ist niemals vergangen – sondern je jeweilig geschehend, weil er  - der Anfang – der schöpferische Augenblick – ewig bleibend aus sich quellt – Urquell aus Gott und aus dem trinitarischen mysterión: in diesem ewig fortdauernden Anfang „über-liefert“ sich die heiligste Dreifaltigkeit: Schöpfung heißt: Hingabe – tradere – Auslieferung, Überlieferung.

 

Der tiefere Sinn liegt in der κένωσις: es ist das „Leer-werden“ – die Kenose – die völlige Hingabe, Weggabe – die gänzliche Entäußerung bis zur gänzlichen Unkenntlichkeit. Was das bedeutet, ist im 4. Lied des Jesaja vom Gottesknecht grundgelegt (Jes. 5213 – 5312). Im Lied des Jesaja heißt es – 5312: …weil er sein Leben dem Tod preisgab. Kein Schriftwort wäre jetzt in unserer Situation der kommenden Karwoche geeigneter zur Betrachtung als dieses Jesaja Wort im 4. Lied vom Gottesknecht. Jesaja sieht prophetisch in einer ungeheuren Wesensschau das Wesen der dreifaltigen Gottheit: die Liebe. Ein anderes Wort für Liebe ist Hingabe. Wer liebt, der gibt sich hin, vergisst sich selbst, gibt sich aus, denkt nicht mehr an sich selbst, sondern an den, dem er sich schenkt. Im Anfang der Schöpfung – die geschehend bleibt – überliefert sich bleibend die Heilige Dreifaltigkeit: schenkt sich restlos im Geschehen der Schöpfung – und zwar bis zur Unkenntlichkeit: das kann nur die Liebe tun.

 

Man muss sich das einmal vorstellen, was niemals so recht gelingen mag, bleibt es doch Geheimnis, mysterión: der Gott entäußert sich gänzlich: die Hingabe an das Wort im Anfang, die Schöpfung, die Hingabe des Sohnes an den Vater im Heiligen Geist, die Menschwerdung Christi in der Entäußerung bis zum Äußersten im Kreuzestod.

 

Das ist das Wesen der Liebe: die Hingabe. Damit kommt jetzt etwas in den Blick – nicht irgendetwas, sondern „der“ Wendepunkt in unser aller Leben: der Tod. Man darf sich gegenwärtig in unserer gebeutelten Krisenzeit unbedingt fragen: wo liegt denn die wahre Ursache der großen Panik und Angstmache, die uns jetzt täglich und stündlich bedrängt und zusetzt? Wovor verschließt denn gegenwärtig die Welt panisch ihre Augen und steckt hysterisch ihren Kopf in den Sand? Am Ende ist es das Aufblitzen der eigenen Endlichkeit und Sterblichkeit, die jetzt – durchaus zu Recht in der Karwoche – zum Vorschein kommt. Wem die unendliche Perspektive in Gott fehlt, wem das mysterión von Tod und Auferstehung verschlossen bleibt – dem bleibt am Ende „nichts“ – der verliert alles, weil er nicht ALLES hat. Habe ich aber ALLES in Gott, dann verliere ich nichts, auch wenn ich scheinbar alles verliere, auch und gerade mich selbst.

 

Mit dem eigenen Tod konfrontiert stellt sich mir die Frage: halte ich diesem nackten Anblick Stand? Stand halten heißt: dem Tod ins Angesicht blicken und nicht davon laufen. Was ist mit meinem Tod? Gewiss wird er mir alles rauben, nehmen – der Tod, er kommt gewiss und ist längst schon da und setzt mir zu. Mit der eigenen Todes-Stunde kommt die „Stunde Jesu“ in den Blick.

 

Nochmals die Frage: Halte ich den Blick in mein Sterben-müssen wirklich aus – halte ich dem Stand, oder fliehe ich, lenke ich mich ab? Der Wahnsinn des Ablenkens: da ist einer todkrank (und wer wäre das eigentlich nicht) – denn wir alle sind im Wesen „des Todes“  - Kierkegaard bezeichnet das einmal als „Die Krankheit zum Tode“ – und wie viele von uns sind längst tot bevor sie begraben werden? So ist das Leben vieler – meines und deines – ein großes Ablenkungsmanöver vor dem Verlassen dieser Welt. Da wird um Tage, Wochen, Jahre gefeilscht – mittlerweile ein irrer und immenser Aufwand an Medizin und Forschung betrieben: man darf sich fragen: wozu eigentlich?

 

Was heißt es dann, der Frage nach dem eigenen Tod Stand-halten? Heißt es: ja, ich sterbe und dann ist´s aus – Punkt, das war`s! Das sind die Heroen, die nicht zugeben können oder wollen, dass sie dieser selbstgebastelten Antwort im Wesen doch nicht zustimmen.

 

Man muss nicht gleich eine Antwort finden – man sollte den eigenen Tod endlich einmal zulassen und hereinlassen: ihn betrachten – jetzt in unserer Zeit und besonders in der kommenden Heiligen Woche.

 

Nun, die „Stunde Jesu“: er, Gott, betritt unsere – deine und meine – Sterblichkeit. Er, der Un-Sterbliche, entäußert sich bis zum Tod am Kreuz. Das alleine ist schon unfassbar: der Un-Sterbliche stirbt meinen Tod, er nimmt ihn auf sich, übernimmt ihn – er läuft nicht weg, lenkt sich nicht ab, verdrängt den Tod nicht, läuft nicht panisch davon, versteckt sich nicht – sondern: er geht souverän und frei auf ihn zu – der Herr liefert sich freiwillig aus. Gott – der Unsterbliche – betritt die Sterblichkeit, also unser aller Schicksal. Kann man sich das eigentlich vorstellen? Warum tut er das? Hat er, der Unsterbliche, das nötig? Nein, nötig hat er das nicht – er ist im Wesen der Unsterbliche, der Ewige. Der Gottmensch geht in meinen Tod und hat ihn wesentlich schon besiegt: der Ostersonntag. Jede Horizontalität der Zeit wird hier gebrochen: die chronologische Zeitenfolge ist wesentlich besiegt, denn die Auferstehung war nicht nur einmal vor mehr als 2000 Jahren, sondern geschieht „immerwährend“. Ja, das ist das Geheimnis, das mysterión. Man kann sagen: in Wahrheit gibt es keine Ereignisse in dieser Welt – alles vergeht: das einzige und wahrhaft ewig bleibende „Ereignis“ sind Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus – jetzt für dich und mich und alle Zeit. Ja, für mich bist Du, Herr, am Kreuz gestorben: bin ich mir dessen überhaupt wahrhaft bewusst? Für mich hast du, Herr;  den Tod ein für alle mal besiegt! Warum? Das kann nur die Liebe!

 

Der Tod bleibt immer ein Kennzeichen der Zeitlichkeit: ein Abschnappen einer großangelegten Horizontalität. Alles hat eben ein Beginnen und ein Enden – so ist es mit der Zeit. Der Tod ist Zeichen der Endlichkeit der Zeit. Das einzigste Ereignis – das Kreuzesereignis – hat diese Horizontalität auf ewig „gebrochen“ – also durchbrochen.

 

Wie war das und wie ist das mit Jesus? Jesus wird vom Tod nicht überrascht – er sieht alles klar kommen und geht frei auf ihn zu – frei und dennoch als Mensch: alles macht er durch, was auch wir durchmachen – und dennoch verdrängt er sein Sterben nicht. Ja, man muss sich das einmal vorstellen. Jesus erduldet den Tod auch nicht als Fatalität: also heroisch: ja, das ist halt so, das Leben ist eben fatal und schnappt eben irgendwann ab – Punkt, Ende. Jesus kämpft auch nicht gegen den Tod an. Das ist wunderbar und sehr heilsam – besonders jetzt in unserer Panik-Zeit. Zieht der Tod heran, bin ich wie automatisiert panisch, geschockt, gelähmt, resigniert, entmutigt usw. – jeder kennt das. Man sieht das doch besonders jetzt in dieser Zeit: die Grundparole lautet ja allüberall: Wir müssen uns unbedingt schützen und wir müssen die anderen schützen! Ja, man fragt sich: ist das alles und was dann, was danach? Wovor müssen wir uns denn eigentlich schützen? Ja, vor dem Sterben – sieht man doch allüberall – ja, man sieht: ja, das ist dieses Ankämpfen gegen die Sterblichkeit – instinktiv und automatisiert. Da läuft ja ein Programm ab, wie angetrieben – vor lauter Angst und Panik – läuft man kreuz und quer  - erfindet im Sekundentrakt neue Verordnungen, Erlässe, Programme: alles zum Schutz.

Ich frage mich daher: kann ich mich vor meiner eigenen Sterblichkeit schützen – geht das? Bisher ist das noch niemanden geglückt! Sonderbare Formulierung – sehr ernüchternd und befreiend. Gestorben wurde immer noch, sehr verlässlich sogar.

Nun das Wunderbare, das einzigste Ereignis:

 

Jesus tritt zum Zweikampf mit dem Tod (der mich und dich auch jetzt in der Zange hält) an: er, der Unsterbliche – er als Einzelner -  für uns alle, für dich jetzt und mich jetzt und für alle Zeit. Ja, das ist „die“ Dimension. Er liefert sich aus – widerstandslos! Würde ich das auch tun – wenn er kommt, der Tod, mich widerstandslos ausliefern?

Ja das kann man doch nur mit einer un-endlichen Perspektive. Der große Herrscher über das Leben  - der Tod (so scheint es jedenfalls) – wird durch Jesu Tod zerstört. Und zwar: ein für alle mal! Das hat nicht nur zeitlichen, sondern besonders personalen Sinn. Man muss genau hinsehen: man kann auch lesen: er, Jesus, EINER FÜR ALLE.

 

Ja, das ist erstaunlich: Jesus wendet niemals Gewalt an – bei seiner ganzen Passion bleibt er der Souveräne, der Freie – ganz dem Vater hingegeben. Er sagt am Kreuz: Vater, vergib ihnen…

Man kennt diese Worte: Aber was bedeutet das? Hat das alles Bedeutung und wenn ja: welche?

 

Der Tod hält uns zeitlebens gefangen. In Genesis 3 taucht erstmals die Angst auf: sie erkannten, dass sie nackt waren. In Genesis 2 wird uns Menschen verkündet: sobald ihr davon esst, müsst ihr sterben. Man sieht leicht, wie das Sterben müssen und die Angst im Wesen unseres Mensch-seins walten, zusammen hängen.

Und er,  Jesus, ist gekommen kommend, uns von aller Todeslast und Angst zu erlösen: er ist ja der Erlöser. Erstaunlich: niemals in seiner ganzen schrecklichen Passion „verurteilt“ Jesus – der ganz reine und Unschuldige – seine Peiniger, im Gegenteil, er betet für sie. Das Ewige Leben erstirbt in die finsterste Nacht – der lange Karsamstag. Das ewige Licht steigt in die tiefste Nacht hinein, in unseren Tod, in unser Sterben.

 

Was geschieht jetzt? Wir kennen das aus der Sinnlichkeit: wenn der Morgen dämmert, verzieht sich die Nacht – als ob sie nie gewesen wäre. Meine Todes-Nacht ist an sich sinnleer, reines Abwesen – der Tod „absolut“ genommen ist abscheulich. Nun hat diese Todes-Nacht über ihn, den Gott-Menschen, keine Macht: Jesus tritt in diese dichteste Todes-Nacht überhaupt ein – nicht vorstellbar die Passion. Was geschieht jetzt und für alle Zeiten? Das ewige Licht geht jetzt in dieser Todes-Nacht unter – es verlischt (scheinbar).

 

Ja, man muss sagen: Jetzt müsste die ganze Welt den „Atem anhalten“ und für eine halbe Stunde Stille werden – gerade jetzt ist dazu ja günstige Gelegenheit. Was geschieht jetzt? Es entscheidet sich „alles“ – es ist „der“ Augenblick, der alles verändert hat und immerwährend je jetzend verändert. Im Augenblick des Sterbens am Kreuz entschied sich immerwährend je jetztend das Heil aller Menschen: denn der Gottmensch rührt unseren Tod an und durch das Anrühren des Un-Sterblichen wird das Wesen unseres Todes ein für alle mal (Einer für Alle) – besiegt: der Unsterbliche ist wesentlich „nicht sterblich“ – der Tod erstickt an seiner Beute. Der Tod „ist“ nicht mehr: und zwar im Wesen ist er besiegt – dass wir weiterhin ver-enden, alles vergeht in dieser Welt – ja, daran ändert sich nichts – aber das ist nicht das „Leben“ – denn das Leben und die wahre Heimat sind im „Himmel“ – Sinnbild der Ewigkeit. Es ist das der Augenblick, da der Tod selbst erschrickt und panisch erstirbt. Es ist das der einzige Augenblick, da der Tod selbst: dieser Lügner, von Angst und Panik erfasst wird – und zwar: ein für alle mal. Was Gott anrührt, gilt ewig – ein für alle mal.

 

Ja, kann man das fassen – und wenn ja, was bedeutet das eigentlich? Und was geschieht jetzt je jetzend?

 

Scheinbar – für unsere Sinne – ist Jesus gestorben: er liegt im verschlossenen Höhlengrab. Die Erde nimmt ihren Herrn auf – so wie wir begraben werden. Alles scheint verloren. Der Herr ist nicht mehr unter uns: Hinabgestiegen in das Reich des Todes – das Reich des Todes nannte man einstmals auch die Hölle, das Reich der Lüge, das Reich der Angst, das Reich der Anschuldigung, das Reich der Anklage.

Es ist Sabbat: Jesus im Grab – wer hätte das gedacht – der Gott! Der Vater ist gerade jetzt – in einem unfassbaren Geheimnis am Wirken: das ganze Leben unseres Herrn Jesus Christus war nur „Zubereitung“: der Höhepunkt und die Erfüllung aller Zeiten liegt im Osterereignis.

 

Jetzt haucht der Vater seinem eingeborenen Sohn seinen ewigen „Lebens-Hauch“ ein und lässt ihn lebendig und unverweslich erstehen.

Wichtig: dieses einzigste Ereignis – Fülle aller Zeit und Heil aller Zeit – lässt sich glücklicherweise niemals erfassen: wäre dieses Geheimnis fassbar, wäre es nicht unsterblich – denn nur das Sterbliche ist mit den Sinnen fassbar.

Fortan (ein für alle mal)  IST (wieder die Frage nach dem Sein) der Auferstandene in seiner ungeteilten Menschheit, heißt: je nachdem, ob ich meines Gottes fähig werde, werde ich ihn, den Auferstandenen er-kennen – je nach dem Maße meines „Glaubens“. Man muss an dieser Stelle unbedingt festhalten: der Glaube ist neben Hoffnung und Liebe das unerschütterliche Fundament aller Wahrheit – also keine Beliebigkeit oder ein Nebenbei. Jesus frägt einmal seine Jünger, wer er für sie sei: und ihr, wer bin ich für euch? – frägt er! Daran wird alles liegen – alles: ob ich meines Gottes fähig werde.

 

Der Auferstandene lebt auf ewig – und zwar in seinem Leib auf ewig: damit ist Jesu Auferstehung zugleich Ursprung der Liturgie. Der Sabbat ist endgültig vorbei – er ist bloßes Symbol der alten, zyklischen Zeit. Die Schöpfung ist vom Tod endgültig befreit.

Das ist doch ungeheuerlich: der Tod „ist“ nicht mehr – er hat kein Sein, also keine Macht und keine Wirklichkeit mehr – er hat überhaupt keine Wirklichkeit, der Tod, das ist ja gerade seine große Lüge: dass der Tod der Beherrscher wäre – eben ganz und gar nicht. Paulus sagt einmal: Tod, wo ist dein Stachel? Das genau feiern wir am kommenden Ostersonntag. Frage: feiern wir das wirklich? Wissen wir das? Wie wirklich ist uns diese alleinige Wirklichkeit?

Nun, das Grab ist „leer“: der Tag, der keinen Abend mehr kennt, ist schon aufgegangen: Warum sucht ihr den Lebenden unter den Toten? Christus ist auferstanden, wahrhaft auferstanden.

 

Jetzt beginnt erst alles: jetzt erst beginnt das wahre Leben in Christus: nämlich per ipsum et cum ipso et in ipso – durch ihn und mit ihm und in ihm.

Das ewige Leben sprudelt aus dem Grab hervor: für unsere Sinne unsichtbar – das Grab ist ja leer – er, der Auferstandene, ist nicht „hier“. Jetzt erst ist der Mensch „lebendig“ – wahrhaft lebend: es ist der Tag der ewigen Geburt des lebendigen Menschen. Von nun an ist der Leib Christi – der Leib des Auferstandenen - zugleich Leib seiner Menschheit. Man kann auch so sagen: Jesus hat durch sein Kreuz und seine Auferstehung mich in meinem wesentlichen Sein mitgenommen, mitdurchflutet  - er ist mit mir schon im Wesen in meinen äußersten Tod mit hinabgestiegen und hat mich im Wesen schon zum Vater hin in seiner Auferstehung mit-erlöst. Das alles ist zeitlich nicht vorstellbar und das ist auch gut so: denn die Ewigkeit kennt keine Zeit. Jesus hat ja mein Mensch-sein völlig angenommen und mich miterfasst und schon durchgetragen in die Ewigkeit. Man kann auch so sagen: der Gott-Mensch hat unsere Menschheit wesentlich geheiligt, erlöst und durchgetragen und so ist unsere – meine und deine – Menschheit „geheiligt“ – immerwährend – unsterblich.

 

Das ist das unfassbare Geheimnis von Tod und Auferstehung unseres Herrn: es ist kein Ereignis der Vergangenheit. Jesu Auferstehung als ewiges Leben ist niemals vergangen (der Tod wäre ja sonst nicht besiegt). Es ist sehr wichtig: Jesu Tod ist der Tod des Todes.

 

Vergehende Zeit: chronos – ist noch Zeichen des Todes, die Vergänglichkeit. In aller unserer Vergänglichkeit leuchtet aber schon die Ewigkeit unverrückbar herein. Das heißt: Wenn die Zeit nicht mehr vergeht, so ist auch der Tod nicht mehr: die nicht vergehende Zeit ist die „ewige Zeit“ – die vom Tod „befreite Zeit“ ist die „ewige Zeit“.

Demnach wäre hier der Ort, über den Sinn von „Sein und Zeit“ nachzudenken – sehr empfehlenswert, um in der kommenden Woche zur Besinnung zu kommen.

Kreuz und Auferstehung „vergehen“ nicht mehr: das muss man einmal begriffen haben. Alle anderen Ereignisse unseres Lebens vergehen einmal – ausnahmslos – Tod und Auferstehung Jesu „währen ewig an“. Christus, einmal auferstanden, stirbt nicht mehr.

 

Für Christus, und zunächst nur für ihn allein, heißt auferstehen durch den Tod hindurchgehen und mit seiner gesamten  ihm innewohnenden Menschheit (in der ich mit angenommen und mitgenommen bin) über den Tod hinausschreiten. Er durchbricht die Todesmauer und damit die Todeszeit. Das allein verdient den Namen Ereignis, da von diesem Ereignis her alle – ausnahmslos alle – Todesmauern zusammenstürzen. Dieses Ereignis bleibt, es durchwaltet unsere Geschichte – es unterfasst sie.

 

Hier liegt der Ursprung der LITURGIE.

 

Was ist das – die Liturgie? Ein kirchliches Fest, eine Veranstaltung, eine Messfeier?

Nein – Liturgie ist der Auferstandene – zur Liturgie gehe ich nicht, sondern die ewige Liturgie bricht in mein Sein ein und bricht die Todesmacht der Chronologie. Der Auferstandene – der Lebendige Christus machtet in seiner Ewigkeit – unsichtbar für die Sinne, jedoch für den Geist Ewigkeit spendend.

Das Meisterwerk des Vaters in seinem Sohn durch den Heiligen Geist ist schon vollendet: der Sohn sitzet zu Rechten des Vaters – der ewige Lebensstrom geht vom Vater und vom Lamm aus – alles ist schon im Göttlichen Heilsratschluss voll-endet – auch wenn bei uns Menschen noch alles im Argen liegt. Im Wesen aber, ist alles schon erlöst in Christus Jesus – alles.

 

Was bedeutet das? Ja, das muss man sich fragen. Wesentlich gibt es nur eine Liturgie: das ist die ewig im Himmel gefeierte – Tag und Nacht und ohne Unterlass. Im Himmel gibt es keine Zeit! (daher Tag und Nacht auch hier nicht treffend).

Es ist unglaublich, aber wahr: Im lebendig auferstandenen Christus, der nicht „hier ist“ (das leere Grab), sondern auferstanden, der alles erfüllt und die Schlüssel des Todes hält, sind das Herz Gottes und das des Menschen (meines und deines ebenso) wie zum Doppelschlag der Geschichte geworden: zur einen Schlagader des Lebens.

 

Ja, das ist wahrhaft unfassbar. Man kennt ja die Liturgie am Sonntag – für viele langweilig, wenn überhaupt. Eucharistische Anbetung: der  Herr im Allerheiligsten Sakrament gegenwärtig – oder: die Wandlung von Brot und Wein.

Ja, was geschieht da eigentlich? Bin ich fähig dazu, das zu ermessen, bin ich wahr zubereitet, zugerüstet? Um es kurz anzudeuten: es wird darauf einzig und alleine ankommen auf Jesu Frage zu antworten – und zwar genauso wie er Marta frägt:

 

Glaubst Du das?

Glaubst Du, dass ich jetzt im Allerheiligsten Altarsakrament real da bin – ich, der Auferstandene?

 

Die einzige wahrhafte und wirkliche Zurüstung (Zubereitung) in unser aller Leben liegt darin, unseres Gottes fähig zu werden: bin ich zubereitet – lasse ich mich zubereiten? Lasse ich mich ein auf dieses einzigste Mysterium, dem wir besonders in den kommenden Tagen – hoffentlich – nachspüren? Mit dem Ostermorgen ist ein für alle Mal die horizontale Vergänglichkeit gebrochen: der Tod ist im Wesen besiegt – auch wenn wir verenden. Für den, der recht zubereitet ist, (darüber wäre Wesentliches zu sagen) gibt es wahrhaft keinen Tod mehr.

Dass die ganze heilige Fülle dieser einzigen Wahrheit lebendig gegenwärtig gesetzt ist, muss mich ehrfürchtig machen. Die Ehrfurchtslosigkeit unserer Zeit vor dem Geheimnis hängt im Wesen daran, „tot“ zu sein – längst vor dem Verenden.

Möge der Herr uns allen seinen Heiligen Geist senden, damit er uns helfe, unseres Allmächtigen Gottes, fähig zu werden in Christus Jesus.

Die wahre Rede ist letztlich Gebet -  wahre Ansprache – also Anrede:

 

Herr Jesus Christus, wahrhaft Auferstandener Mensch und Gott

Verfüge über uns Sterbliche und bereite uns so zu

Nach deinem Heiligen Willen

Das Mysterium der Göttlichen Liturgie zu begehen

Der Du uns von aller Todeslast und Angst

Von aller Zeitlichkeit und Sorge erlöst hast

Der Du uns durch dein Kreuz und deine Auferstehung

Heiligst

Und uns schon zum Vater heimgenommen hast.

 

Amen

 

 


 

 

 

 

EWIGE LITURGIE 

WENN DIE EWIGKEIT UNSERE ENDLICHKEIT ENT-MACHTET

 

 

Mit dem Ostersonntag beginnt eine neue, gedehnte „Zeit“, die keinen Abend mehr kennt: die alte Zeit ist fortan nicht mehr. Zwar kämpft der Tod (die alte Zeit) immer noch an allen Fronten – wer mag das heutigentags nicht erkennen? – (dass unser endliches Dahinleben „Alles“ wäre oder sein müsste – das Anhangen an den vergänglichen Dingen – dass man alle Energie für unser vergängliches Leben aufopfert – dass wir der Ewigkeit im Himmel vergessen, ja überhaupt die Himmlische Liturgie vergessen haben – dass wir das 1. Gebot nicht mehr kennen, noch wissen noch ernst nehmen usw., wer kennte nicht diese Gangart unseres Weltens?).

 

In der Relativ-Setzung ausnahmslos aller weltlichen Angelegenheiten inklusive meiner Selbst beginnt der Anfang des ewigen Lebens in aller Endlichkeit. Diese Relativ-Setzung ist kein Machen-können – sondern Auf-Gabe im mehrfach speculativem Sinn. Der Oster-Sieg des Herrn „ist“ Sieg über den Tod: es bleibt jetzt für uns eine einzige Alternative: entweder unterliegen wir der Macht des Todes (die alten Zeiten), oder der Oster-Sieg bereitet unsere Herzen, und zwar in einer Hingabe, die alles gibt – alles ist das Innerste, das Herz, die Herz-Mitte. Der junge Heidegger in den frühen zwanziger Jahren formulierte einmal nebenbei: wofür wir leben und sterben. Dass die Auferstehung Jesu „je jetzig“ mein Leben durchströmt – vorausgesetzt ich lasse mich bereiten, mir meine Herzmitte bereiten – ist schon im Irdischen ein Vorgeschmack der Ewigkeit beim Herrn.

 

Der Sohn ist mit seiner gesamten Menschheit (die auch meine und deine umschließt) zum Vater zurückgekehrt: die ewig göttliche schöpferische Kraft, die alles Geschöpfliche hält, strömt jetzt vom Vater und vom Lamm aus: der Leib des Herrn ist auch der unsere, er ist der Weinstock, wir die Reben: es ist ein Leib in Christus Jesus. Die Himmelfahrt Jesu geschieht „fortwährend“ – andauernd: ein fortwährendes Pfingsten. „Währen“ ist dauern: es dauert (hört nicht auf zu sein – ist ewiges Sein).

 

An Jesus zu denken als historische Person, verkennt völlig die Göttliche Dimension – die Schrift zu lesen als historischen Bericht, verkennt völlig die Göttliche Dimension: Jesus als den Auferstandenen zu-lassen heißt dagegen: sich öffnen für die Gegenwart des Herrn im „Hier und Jetzt“ – kairós.

 

Das Grab war offen und leer heißt: der Lebendige „lebt“ (jetzt erst weiß man, was eigentlich „Leben“ bedeutet) – oft dagegen passiert es, dass das Grab Jesu wieder verschlossen wird, also in unsere endlichen Kategorien, Zeit- und Ortskoordinaten hineingetötet wird – in unsere banale Vorstellungswelt, die nur anerkennt was sie sieht, angreift und betastet. Bestenfalls lebt man dann moralisch in einem Gutmenschentum, befolgt brav die Gebote, besucht den Gottesdienst, hält sich an die 10 Gebote usw.

 

Aber: und dieses „Aber“ ist die große Wende: die Auferstehung Jesu war historisch tatsächlich – es ist das Ende des irdischen Jesus, des äußerlichen Jesus, doch zugleich der Auftakt einer ganz neuen Glaubensbeziehung: der Liturgie unserer End-Zeit, in der wir jetzt dahinleben. Der zum Vater aufgefahrene Sohn sitzet zur Rechten, er hat unsere ganze Menschheit mitgenommen und schon angenommen (mich und dich) – er sitzet zur Rechten heißt: das ist kein vergangenes Ereignis – sondern das einzig „Seiende“- der Sohn ist nicht mehr im Todes-Grab, er ist zum Vater zurückgekehrt und lebt. Von nun an und in aller Ewigkeit (nicht nur in alle Ewigkeit) kommt der Herr, ist am Kommen – vollendet seinen Leib (dem wir angehören) zu sich, uns zu heiligen. In dieser Endzeit ist es der Herr, der uns an sich zieht – bis er kommt in Herrlichkeit, d.h. in der ganzen Vollendung. Fortan ist unser Herr beim Vater, der Herr mit meiner und der Menschheit, unserem Wesen aller: dort wirkt er weiter – als der vom Vater geliebte Sohn. Wenn alle Glieder seines Leibes (also wir) zum Vater hingezogen sind und vom Heiligen Geist erfüllt sind, sind die Zeiten „vollendet“ – Vollendung der Zeiten. Der Vater und der Sohn sind jetzt und immerfort am Wirken: dieses heilsbringende Wirken ist lebendig während in der „Himmlischen Liturgie“. Die „Himmlische Liturgie“ ist nie vorbei – sondern währt an im je jetzt, durchbricht also die chronologische Zeitenfolge und entlarvt sie der Lüge.

 

Unsere Welt und unsere Leben werden zubereitet – durch den Heiligen Geist – zur Herrlichkeit des Vaters hin – ist nur Vorüber-Gang in die Ewigkeit beim Vater. Λειτουργία wird als öffentlicher Dienst bezeichnet – als „Werk“, ein Handeln  - also eine Energie im Werk: so ist Himmlische Liturgie nichts anderes als dieses wesentliche Werk des Dreifaltigen Gottes in unserer Endzeit, da die göttliche Kraft im Heiligen Geist unsere Todes-Zeit je jetzig angreift und verwandelt. Himmlische Liturgie ist die ewige Liturgie, die in unsere Todesnacht hereinbricht – in der wir gerufen sind hinzuzutreten und uns formen zu lassen.

 

Als der Sohn zum Vater zurückehrt ist die Geburtsstunde der Himmlischen Liturgie, ihre ewige Feier fortan. Der Sinn aller „Feierlichkeit“ erschließt sich nicht von unserer irdischen Perspektive her. Was „Feier“ – „Fest“ – eigentlich bedeuten, erschließt sich von der Ewigen, der Himmlischen Liturgie her: der Vater – der Quell aller Schöpfung (die Schöpfungstat ist ja die erste unendliche Hingabe des Vaters, seine Liebe: agapé) – findet im zurückehrenden Sohn (der die Menschheit mit sich trägt) seine ewige Erfüllung: Fortan heißt dies eigentlich „Feier“, denn, der Tod ist besiegt und erst jetzt, aus der himmlischen Perspektive, kann man eigentlich erst zurecht von „Leben“ sprechen (aus ihr her, nicht von ihr her: das ist wesentlich, denn das erstere bedeutet das "Inne-Stehen", das "Darin-sein"). Jetzt ist die Zeit der ewigen „Verdankung“ – der Dank, das Danken.

 

Frage: wissen wir das? Danken wir – und wofür? Feiern wir diese Himmlische Liturgie? Wieder fällt mir Heidegger ein: er sagt einmal in einem späten Vortrag in "Was heißt Denken": das Denken ein Danken (der Gedanc) - also eine Wesensverwandtschaft. Das Danken wäre daher eine "wesentliche Besinnung", ein wesentliches Denken.

 

Liturgie ist daher recht verstanden nichts anderes als das Feiern der Freude des Vaters an seinem zurückgekehrten Sohn, der alle Sünde getragen, den Tod auf ewig besiegt hat – es ist dies die Freude des Vaters, der in seinem einzigen Sohn jene Empfangsbereitschaft gefunden hat, die seiner sich ausliefernden agapé entsprach: gehorsam bis zum Tod am Kreuz.

 

Wenn wir hinzutreten, sind wir aufgefordert, uns an dieser jetzt ewig sich feiernden Freude im Vater anzuschließen – also mit-zufeiern, sich bewusst zu sein: jetzt geschieht diese un-endliche Freude und in alle Ewigkeit. Dagegen sind unsere bloß irdischen Feiern ja oft nichts anderes als „tote Zeiten“.

 

Wie lebendig ist mir, dass jetzt gerade Himmlische Liturgie gefeiert wird: im ganzen Himmel – d.h. in der einzigen Realität: mit allen Chören und Engeln und allen Heiligen? Ist mir das bewusst?

 

Von nun an – und immer dann, wenn ein Sterblicher sich dessen eingedenk wird im Staunen und in der Anbetung, in der Ehrfurcht und im vollen Glauben – wiederholt sich die Freude des Vaters über einen „Zurückkehrenden“ (der verlorene Sohn). Ein zurückkehrender Sterblicher wird also zur heiligen Quelle selbst, die nun sprudelt und „aufersteht“ – wie sollte der Vater sich nicht darüber freuen?

Jesus kommt „im Fleisch“ zum Vater zurück, heißt: mit unserer Menschheit bekleidet – er legt sie ihm zu Füßen, freilich „geheiligt“ und „makellos“: die reine Opfer-Gabe. Selig ist der Vater nun im Angesicht des geliebten Sohnes.

 

Irenäus von Lyon sagt einmal: Die Herrlichkeit Gottes ist der lebendige Mensch. Der lebendige Mensch ist aber erst jener, der zurückkehrt zum Vater. Jetzt geschieht fortan das Wunder der Bekehrungen in unserer Todeszeit: Sünder, die umkehren, heimkehren – Zeit der Umkehr. Geschieht so eine Umkehr, darf man sicher sein, dass der ganze Himmel jubelt – dass alle guten Mächte am Werk sind, die gebrochene Endlichkeit zum Herrn zurück-zu-bringen. Der Vater ist seit Jesu Auferstehung der glorreiche Empfänger auch seiner agapé. Von nun an hat die „Komm-Union“ einen soteriologischen Wesenskern: Komm-Union heißt dann die Anverwandlung in die Gott-Kindschaft, Teilnahme an der trinitarischen, göttlichen, Kommunion.

 

Die Ewige Liturgie ist daher ein „ununterbrochener Lobgesang“ (doxologisch) – das Feiern der ewigen Hingabe des Vaters an den Sohn  - des Sohnes an den Vater – durch den Heiligen Geist. So geschieht in unseren liturgischen Feiern die Anteilnahme am „Geheimnis der Heiligkeit“ – an der ich Endlicher jetzt schon Anteil nehme. Liturgie ist daher in ihrem höchsten Ausdruck: ANBETUNG.

 

Die Himmelfahrt Jesu ist der immerwährende Rückfluss des lebendigen Wortes zum Vater: dieser Vollzug ist je-jetzig geschehend – ist ohne horizontales Zeitmaß. Die Himmlische Liturgie feiert die Rückkehr des Sohnes zum Vater. Unsere eucharistischen Hochgebete sind Ausdruck und Zeichen, dass das ewig waltend Göttliche immerwährend am Werk ist.

„Jetzt“ geschieht diese Offenbarung: der Herr aller Geschichte – der Auferstandene Christus – er ist wahrlich der „Herr“, der es vermag, unsere gebrochene und todverseuchte Weltlichkeit zu über-setzen in das Reich der Herrlichkeit. Er, Christus Jesus, ist und bleibt der Diener seines Leibes – der wir sind – hier in diesem Erdental: er ruft den Geringsten, den ärgsten Sünder, den ärgsten Zöllner und Mörder, er ruft die Verirrten und Geplagten, er ruft die Verlassendsten zu sich: nährt sie, heilt sie, verschafft ihnen Wachstum, vergibt ihnen, verwandelt sie, befreit sie, setzt sie frei, vergottet sie, offenbart ihnen die Liebe des Vaters, und vereint sie mehr und mehr mit der Herrlichkeit der Ewigkeit.

 

Christus Jesus ist der einzige „Hoherpriester“ der das vermag – er kann es, weil er als Gott unsere Knechtsgestalt angenommen und geheiligt hat und somit ist er in Ewigkeit Quelle des Heils. Jene, die ihres Gottes fähig geworden sind: die Gehörsamen, die Demütigen, die Ehrfürchtigen.

Die Quelle allen Heiles ist uns daher durch Christus Jesus angeboten.

 

Frage: Kann und will ich das annehmen?

 

Sonderbar bleibt, dass Jesus am Brunnenrand sitzt und auf uns wartet und spricht: Gib mir zu trinken! Er, der Allmächtige, wartet auf mich – bis ich bereitet bin, so lange wartet er. Und weiter: wir leben „jetzt schon“ in der Himmlischen Liturgie – die ja die einzige ist – wir nehmen Teil daran in der Feier der Eucharistie.

 

Die Macht der sich immerwährenden ereignenden Himmlischen Liturgie erwirkt die Umgestaltung unserer irdischen gebrochenen Verweltlichung: geschehend in der Sendung des „Heiligen Geistes“.

 

Eintritt der Fülle der Zeit (das ist die un-sterbliche Zeit) in unsere – meine und deine – sterbliche Zeit

 

Was geschieht, wenn die Ewigkeit in die Endlichkeit ein-tritt? Ja, das ist „die“ geschichtliche Frage schlechthin. Was heißt also Geschichte?

 

Er-Innerung (ins Innerste eintreten): Die Stunde Jesu „ist“ (Sein, ousía)  - sie währt an und vergeht nicht, nämlich dies,  der Tod: ist ein für Alle Mal: besiegt! Dies Auferstehungs-Ereignis (das wir jetzt an Ostern begehen) dauert in Ewigkeit an, strahlt herein in unsere – meine und deine – Gebrochenheit und Endlichkeit und Verwirrtheit. Mit der „Stunde Jesu am Kreuz“ ist Leben erst: Leben! Das wahre Leben ist immer: geschenktes Leben. Dagegen ist chronologisches oder biologisches Leben niemals: Leben. „Leben“ ist Gabe – ist im Wesen „Empfang“ – Geschenktes, Umsonstiges.

 

Man muss sich hier fragen: Ja was heißt eigentlich: ich lebe? Lebe ich schon wenn ich in die Welt geworfen werde (Heidegger)? Oder beginnt mein eigentliches Leben – ob ich es weiß oder nicht, ablehne oder ignoriere: mit meiner Taufe im Heiligen Geist?

 

Nun ist schon (schon: das heißt für immer) die Ewigkeit in unsere Endlichkeit eingetreten: zugleich wirkt der Tod immer und immer noch: wir merken das besonders jetzt, da die allgemeine Angst und Panik rasend um sich greift: heißt: alle Welt ist der Lüge unterworfen.

 

Man merkt es ganz besonders, dass um uns und in uns eine „Sklaverei der Verwesung“ regiert.

Was geschieht da jetzt – in unserer Zeit der Verwesung und in unserer Zeit, da der unsterbliche Gott diese unsere Verweslichkeit, unseren Tod, schon besiegt hat? Es ist das Mysterium unserer ENDZEIT.

 

 

MYSTERIUM UNSERER ENDZEIT I

 

Κοινωνία bedeutet: in eine Gemeinschaft eintreten, sich aufhalten in dieser Gemeinschaft, hin-zutreten zu den Heiligen Mysterien mit unserem Herrn.: in die ewige Kommunion. Es sind nicht im Wesen wir zunächst, die hinzutreten. Vom ewigen Sein her ist unser auferstandener Herr in der κοινωνία mit dem Vater, durch diese communio hat er, Christus Jesus, auch unser aller Menschheit mit-hinzu-getragen. Der auferstandene Leib unseres Herrn ist nicht nur die 2. Person, das ewige Wort, sondern der Gott-Mensch, der das Wesen unser aller Menschheit trägt. Unsere Zeit jetzt ist daher schon im Wesen  voller Gnade und Fülle. Gnade: das ist unsere Teilhabe am Göttlichen Mysterium. Wir alle sind bereits hineingenommen in die Gemeinschaft mit dem Vater durch den gekreuzigten Auferstandenen.

 

Zeitlich bedeutet das, dass das Vergehen und Kommen, das Zyklische Wiederkehren, der Sabbat, durchbrochen ist (Sein). „Sein“ hat nun die Bedeutung: ewiges Sein – durchaus könnte man Sein daher wie bei Heidegger gewandelt als „Seyn“ bezeichnen – in ganz anderem Sinn. Die κοινωνία Jesu mit dem Vater ist der Tag, der keinen Abend mehr kennt. Und wir, die Hinterbliebenen, die Pilger – wir sind im Wesen hinzugetreten: ob wir es wissen oder nicht, annehmen oder ablehnen.

 

Wie kommt diese ewige, zeitlose Fülle in unserer Gebrochenheit und Zeitlichkeit an? Der fünfzigste Tag: πεντηκοστὴ ἡμέρα – die Geist-Sendung! Jetzt nimmt in unserer Todesnacht das Ewige selbst Gestalt an, die ewige Fülle erhebt sich in unsrer Todesnacht: gerade auch sinnlich wahrnehmbar, besonders aber in den Heiligen Mysterien, den Sakramenten. Man muss auch so sagen: wann irgendwo in dieser Endzeit durch einen geweihten Priester unsere Hochgebete anheben, so geschieht die Begegnung des Himmels mit der Erde - und zwar "real" - hier wäre der ort über das Wesen der "realitas" nachzusinnen: was heißt eigentlich: etwas ist "real"? (die These von Kant: Sein ist kein reales Prädikat)

 

Nichts anderes ist „Liturgie“. Liturgie ist: wenn der ewige Himmel die Erde betritt und berührt (und zwar in voller Wirklichkeit). Und wir sind dabei, anwesend, hinzutretend. Jetzt geschieht nicht eine bloße Kirchfeier, eine bloße Messfeier: nein, jetzt berührt der Himmel unsere, meine und deine, Erde und „wandelt“ sie (Gabenbereitung).

 

Hier muss man sich fragen: Was bin ich bereit zu geben? Wie bin ich bereitet? Bin ich zu-bereitet? Bin ich mir bewusst, was da eigentlich geschieht und wenn ja, was hat das für eine Bedeutung, welche Dimension wird denn hier aufgeschlagen? Die Ewigkeit selbst nimmt Gestalt in unserer Endlichkeit an: das ist Liturgie, die wir „feiern“. Feiern wir dieses Mysterium von Tod und Auferstehung: denn dieses Mysterium ist nicht vergangen, sondern ewig pulsiert es durch unsere Todesnacht, diese wendend und wandelnd (Heilige Wandlung).

 

Endzeit meint nicht ein Ende einer chronologischen Zeitreihe: Endzeit ist die Zeit, in der die Heiligste Dreifaltigkeit in unsere gebrechliche Todesnacht einbricht, das Licht in der Finsternis leuchtet: es ist Fülle der Zeit in „unserer Zeit“. Parusie nennt man die Wiederkunft des Herrn: diese Wiederkunft liegt nicht in einer chronologisch vorgestellten Zukunft, sondern ist je jetzend geschehend: der Herr „ist“ am Werk, er kommt allüberall. Es wird darauf ankommen, uns selbst dafür zu bereiten. Daher nochmals: sind wir „zu-bereitet“ (Gaben-Bereitung) – sind wir unseres stets kommenden Herrn fähig?

 

„Hochgebete“ sind im Wesen Anklang der Ewigkeit in unserer endlichen Todeszeit, der Wieder-Klang des Un-Endlichen im Vergänglichen, die Spur des Himmels, des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe im Todesschatten unserer Vergänglichkeit. Liturgie ist daher nie eine Veranstaltung, die 60 Minuten dauert, Liturgie ist das auch sinnlich wahrnehmbare Offenbar-werden der Heiligsten Dreifaltigkeit, des ewigen Lebensstromes, der alles durchflutet und bewässert – ohne den nichts wäre, der alles was ist, im Seyn erhält.

 

Ich trete „hinzu“, in dieser Heiligen Kommunion bin ich der, der jetzt daran Anteil nimmt. Die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus ist – vorausgesetzt ich bin zu-bereitet – auch „meine Wandlung“. Daher die Frage: was bin ich bereit zu geben? Darauf wird es ankommen – weiß ich überhaupt was da geschieht, oder trete ich blind und taub und besinnungslos und wenn überhaupt hinzu?

 

Endzeit ist daher wesentlich „Zeit der Wandlung“. Und diese Zeit der Wandlung hat ihr immanentes Ziel: es ist die Zeit der „Voll-Endung“. Der ewige Lebensstrom flutet durch seine Schöpfung hindurch, diese mitreißend und mitnehmend zu seinem Urquell zurück: das ist Vollendung der Zeiten.

 

Wir begehen jetzt die Heilige Woche, die Karwoche – Höhepunkt des Heiligsten Mysteriums im Auferstandenen. Meistens ist man heutigentags nicht mehr dabei, dann aber kann man „so so“ dabei sein, ein Fest halt – Ostern; dann aber kann es geschehen, dass so ein COVID Virus uns hindert an der Teilnahme. Recht bedacht hindert uns niemals eine endliche Verordnung an der Teilnahme, am Hinzutreten: denn ewig gilt das Wort unseres Herrn: Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten (Joh. 4, 24).

 

Mysterium der Endzeit, in der wir jetzt stehen, ist Mysterium der Wandlung, meiner und deiner, ist die Teilnahme an der Ewigen κοινωνία mit dem Vater und dem Sohn im Heiligen Geist, die Hintergrundstrahlend alles durchflutet, was im Seyn anwest.

 

 

 

(Weiterführung)

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

MYSTERIUM UNSERER ENDZEIT II

 

 

Seitdem der Auferstandene „endgültig“ den Tod entmachtet hat – entfesselt sich der Fürst dieser Welt umso mehr und mit immensen Aufwand. Aber: Seit dem Pascha unseres Herrn ist das ganze Leid dieser Welt  zum Leiden unseres Herrn geworden: Jesus ist nicht nur Jesus, er ist der Menschensohn: er hat alles „Blut“ schon geheiligt und zum Vater getragen: durch seine Wunden, heißt es im 4. Lied des Gottesknechts [1. Lesung am kommenden Karfreitag] (Jes. 53,5) – „sind wir geheilt“.

 

Es heißt nicht wir werden einmal geheilt, so dann und wann – gemeint ist hier: die ganze Schöpfung und wir Menschen mittendrin – sind schon geheilt: das ist schon geschehen und immerwährend geschehend durch das Leiden und Kreuz des Gottmenschen schon entsühnt, gerecht gemacht, unser Schuldschein ist im Wesen schon zerrissen – der Herr hat uns durch sein Blut gerettet, der Menschensohn hat meine und deine Menschheit schon im Prinzip erlöst und entsühnt.  Weiß ich das überhaupt und was hat das für eine Bedeutung für mich „jetzt“? Dagegen frägt man sich:  Die Welt und ich und alle Lebenden sind doch so „un-erlöst“ – wie kann das sein?

 

Der Vater im Himmel kennt das Leid seiner Schöpfung, die unermessliche agapé des Vaters ist „zerrissen“ von Anfang an: aber, der Vater ist „treu“, er verlässt seine Schöpfung nicht, mag die Sünde wüten wie sie will. Er, der einzige und wahre Sohn, hat die Welt-Sünde getragen, übernommen, auf sich genommen: zur Erlösung der Welt. Im Wesen ist die Welt schon absolut erlöst – dennoch wird es gerade darauf ankommen, dass wir, die im Prinzip schon Erlösten, uns auf den Weg zum Vater hin-wenden (Umkehr) – der Sohn hat uns ohne unser Zutun erlöst, gerettet werden wir aber nicht ohne unser Zutun. Das gilt es tiefer zu bedenken.

 

Der Vater ist mit dem Sohn „eins“ so wie der Sohn mit dem Vater „eins“ ist im Heiligen Geist. Der fleischgewordene Sohn ist aber nicht mehr nur der Sohn des Vaters, sondern in Ewigkeit der menschgewordene Sohn, der meine Menschheit auf sich genommen hat: also alles Leiden bis zum grausamen Tod am Kreuz. Er, der vom Vater vielgeliebte Sohn wird für uns hingegeben: man muss hier sagen: der Vater selbst gibt sich am Kreuz für uns hin: das kann nur die Liebe: „… so sehr hat Gott die Welt geliebt“ (Οὕτως  γὰρ  ἠγάπησεν… Joh. 3,16). Im griechischen Text steht das Οὕτως treffender für: „So“ sehr – hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn hin-gab. Wenn der Vater mit dem Sohn „eins“ ist, dann liegt in dieser Hingabe die Hingabe des Vaters selbst. Der Vater gibt sich im Sohn „rückhaltlos“ – ohne Vorbehalte – hin, wiederum gibt sich der Sohn dem Vater rückhaltlos hin: es die gegenseitige heiligste Hingabe der Göttlichen Dreifaltigkeit selbst im Heiligen Geist. Das ist göttliche agapé – göttliche Liebe. 

 

Der Vater beugt sich im Sohn bis in den äußersten Tod (in unseren) hinein, sogar bis zur völligen Gottverlassenheit am Kreuz: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!

 

Das kann sich kein Mensch vorstellen!

 

Das sagt am Kreuz nicht irgendwer, sondern der eingeborene Sohn des Vaters selbst: diese Gottverlassenheit ist daher unermesslich. Der Vater gibt den Sohn und sich selbst damit am Kreuz hin – nicht aus Laune, nicht weil er, der Vater das braucht – sondern einzig deshalb: zur Rettung der Welt, deiner und meiner. „So“ hat Gott die Welt geliebt: man muss korrigieren: „so sehr liebt Gott die Welt“ – in jedem Augenblick liebt der Vater seine ganz Schöpfung „so“ – in dieser Art und Weise der restlosen hingebenden Liebe. Er zieht seine Liebe, die bis ins Äußerste geht, nicht zurück. Täte er es – es wäre nichts was ist, nichts wäre im Sein.  Die Heiligste Dreifaltigkeit selbst beugt sich in die völlige Nacht der Gottverlassenheit am Kreuz herab – in meine und deine Verlassenheit bis in den Tod hinein.

 

Wer kann das fassen?

 

Der Tod am Kreuz unseres Herrn ist ja nicht nur „sein Sterben“, das mich nichts anginge, im Gegenteil, der Herr stirbt gerade hier „meinen Tod“ schon mit und besiegt schon meinen Tod, den ich sterbe und nimmt mich damit mit in die ewige Herrlichkeit in der Auferstehung beim Vater. Freilich, es wird darauf ankommen, ob ich das annehmen kann. Verstehen lässt sich das nur begrenzt: es bleibt heiligstes Mysterium. Mit der Stunde Jesu am Kreuz, mit seiner Höllenfahrt und seiner Auferstehung und mit der Geistsendung sind die „Zeiten“ ein für alle mal „erfüllt“: es ist alles vollendet, das Werk ist schon getan. In der Endzeit, in der wir jetzt noch leben, zieht uns der Sohn an sich im Heiligen Geist – je nachdem, wie ich mich zubereiten lasse.

 

Wissen wir das eigentlich, wissen wir darum, wissen wir daher, was wir da eigentlich die kommenden Tage feiern?

 

Der Leib Christi wird begraben, in der Erde: der un-sterbliche Gott-Mensch betritt damit meine und deine Erde, will sagen: meinen Tod (Erde als Sinnbild der Vergänglichkeit, als Sinnbild des Todes). Wenn der Gott den Tod betritt, so ist dieser vernichtet – nun aber sind meine Erde und mein Tod durch ihn, den Auferstandenen, erlöst, fortan geöffnet – denn der Auferstandene „lebt“ – nach dem langen Karsamstag folgt die „Auferstehung“: der Tag bricht an, der keinen Abend mehr kennt: der Ostersieg am Ostermorgen: die horizontale Chronologie der Zeitenfolgen ist ein für alle Mal gebrochen. Daher ist der Ostersieg unseres Herrn der „jungfräuliche Tag“, der keinen Abend mehr kennt. Die Zeit steht still, weil sich die Ewigkeit in aller Glorie zeigt. Jetzt ist der Tag angebrochen, der keine Zeit mehr kennt, der keine Vergänglichkeit mehr kennt. Die gefeierte Oster-Oktav bis zum Weißen Sonntag deutet das an: jeder Tag ist jetzt ein „Hochfest“ – soll heißen: die Zeit „ist“ als chronologische endgültig gebrochen, besiegt. Der Heilige Augenblick im Oster-Sieg ist daher Zentrum des ganzen Kirchenjahreskreises – von hier aus dehnt sich die Zeit und kreuzt die horizontale Chronologie, nimmt sie hinein in die Ewigkeit.

Ja, was geschieht da und was heißt eigentlich „Leben“? Alles, was man bisher unter Leben verstand im Irdischen, muss vor diesem „einzigsten Ereignis“ verblassen: Leben kann nur „ewiges Leben“ sein – sonst ist es kein Leben. Wer spendet dieses ewige Leben? Es ist fortan der „Geist“, der ewiges Leben spendet – und Geist kann nur der „Heilige Geist“ sein. Wir alle sind von diesem ewigen Augenblick her gesehen keine verschlossene Erde oder Gebrechlichkeit oder fatalistische Endlichkeit mehr, im Gegenteil: unsere Erde ist „heilig“ geöffnet hin zum Vater durch den Sohn im Heiligen Geist. Jesus hat im Kreuz und in der Auferstehung unsere Endlichkeit – in der wir alle bislang als Gefangene verstrickt sind – mit sich zum Vater genommen. Was damals geschah, geschieht nun „immerwährend“ – immer ist der Vater am Werk: Kirche ist kein Gebäude, in das ich gehe, Kirche ist der „Leib unseres Herrn“, dem wir als Glieder angehören, unser Herr hört nicht auf, in unsere „Höllen“ hinabzusteigen um uns zu erlösen. Das ist keine Vergangenheit und auch keine Zukunft: sondern Heiliges Mysterium, Einbruch des Unendlichen in meine Endlichkeit.

 

Sinnfällig wird das im Sakrament der Sakramente: im Augenblick der Kommunion steigt der Herr in seiner ganzen göttlichen Herrlichkeit wieder und wieder in „meine Hölle“ hinab und nimmt mich mit in die Auferstehung am Ostermorgen.

Es ist die „Große Stille“ unserer Endzeit – die Zeit der Begegnung mit dem Lebendigen und Auferstandenen: der Himmel berührt weiterhin die Erde in mir und wandelt sie. Es wird auf meine Glaubens-Kraft ankommen, diesem Geheimnis fähig zu sein: Ägypten Kraft des Glaubens zu verlassen.

 

Die Frage Jesu an Marta ist die ewige Frage an uns: Glaubst Du das? Nur der Glaube „sieht den Auferstandenen“. Wenn wir im Glauben stark sind, haben die Erde, das Fleisch und der Tod – sie alle haben keine Macht mehr. Der, der uns ständig gefangen hält, der Tod, bricht zusammen: es ist kein Tod mehr, auch wenn wir verenden. Der Tod, diese allergrößte Lüge, liegt hinter uns, denn der Auferstandene „ist der Erstgeborene von den Toten“, so Paulus im Kolosser Brief 1, 18. Sichtbar wird der Auferstandene nur jenen, die es vermögen ihn zu „erblicken“: das kann nur der Glaube. Glaube heißt an dieser Stelle, der einzigen Wahrheit anhangen: Glaube und Wahrheit sind wesensverwandt. Jedes herkömmliche Wissen dagegen ist schwach, noch nicht auf jene Ebene erhoben, da sich die Wandlung voll-zieht (später ist darüber zu sagen).

 

Jesus, man kennt das, hat die Toten zum Leben erweckt (Lazarus). Und wie viele sind schon tot, bevor sie verenden?

 

Der lange Kar-Samstag: es ist meiner und deiner, unsere Geschichte der Begegnung mit dem lebendigen Gott, der lebendige Gott, der sein ewiges Leben unseren Abgründen bis in die Hölle hinein sein ewiges Licht mitteilt. Mit-teilung ist hier wortwörtlich zu nehmen: der Gekreuzigte teilt sich mir in meinen Abgründen mit, tritt ein und leidet mit. Das ist der tiefe Sinn von „Mit-Leid“. Der Gott-Sohn trägt mich durch meine finsterste Nacht.

 

Kann ich das sehen, bemerken, glauben? Ijob sagt einmal: der Mensch wird mit seinem Fleisch Gott sehen können. Man muss vielleicht erst „erblinden“ um wahrhaft sehen zu können: also von allem absehen, was an Wichtigkeit unsere Vergänglichkeit auszeichnet. In einem Gedicht von mir (Advent) – vor Jahren – heißt es in der letzten Strophe: Spät wirst Du blind und siehst ohne Augen […] es traut sich, es fügt sich und: legt sich zu dir!

Die Wunden dieser Welt sind da: an mir, an dir, allüberall: doch diese Wunden sind im Wesen schon „geheilt“ durch unseren Herrn Jesus Christus, den Auferstandenen, den Erstgeborenen von allen Toten.

 

Wenn ich hinzu-trete, dann ist mein Grab nicht mehr verschlossen und versiegelt, sondern „offen“. Hinzutreten heißt: sich dem Sakrament der Sakramente ausliefern.

 

 

 

DAS  SAKRAMENT  DER  SAKRAMENTE

 

(Weiterführung)

 


 

 

 

 

ÜBER DER ZEIT

 

DAS VERENDEN DER ALTEN ZEIT

DAS OSTER-MYSTERIUM – DIE FEIER DER NEUEN ZEIT

 

 

Liturgie: immerfort gefeiert – nie Wiederholung: immer „neu“

Es gibt keine Trennung zwischen kirchlicher Feier und Alltagsleben

 

In unsere jetzige sterbliche (alte) Zeit fällt herein: eine vom Tod befreite (neue) Zeit.  Der lange – währende – ewige Licht-Tag bricht ein in uns und verwandelt die alte Chronologie, verordnet ihr das Maß: „Vermessenheit“. Das meint: die chronologische Zeit ist in sich, in ihrem Wesen ohne Macht und daher „machtlos“. Der strahlende Tag der „Auferstehung Christi“  ist dagegen anwährend und ohne Unterlass „dauernd“ immerwährende Energie des Heiligen Geistes in unsere sterbliche Todeswüste hinein. Wer mag das fassen?

 

AUFERSTEHUNGS-ZEIT

 

Das Licht unverweslichen Lebens bricht jetzt auch aus unseren Gräbern hervor. Das ver-danken wir ihm, unserem Herrn Jesus Christus am Kreuz auf Golgotha: das ist nicht vorbei – es ist reinste Realität. Durch seine Wunden sind wir geheilt (4. Lied vom Gottes-Knecht): das Grab ist leer am Ostermorgen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden (Lk, 24, 5-6).

 

Der gewohnte alte Jahreskreis wird nun in die Synergie des ewigen Lichtes, der ewigen Liturgie, der Himmlischen Liturgie einbezogen, eingesaugt kann man sagen. Der alte Jahreslauf wird jetzt selbst verwandelt und „liturgisch“. Das ist der Bruch mit der alten Zeit, der Bruch mit der horizontalen Chronologie – Kennzeichen des Todes – oder, wie es auch gesagt werden kann: der Bruch mit dem endlichen Absolutismus.

 

Hier ist etwas grundsätzlich anzumerken:

Wir Menschen sind wesentlich „absolut“ gesetzt im Sinne, dass uns nichts ausreicht, was endlich ist. Es liegt in uns ein Drang nach dem Absoluten, ein Hinausgreifen nach dem Nicht-Endlichen. Wird Gott durchgestrichen, so verzettelt sich der Mensch in den vielfältigen Endlichkeiten, die die Welt anbietet bis zum Exzessiven, das heißt bis zur völligen Erschöpfung: das meint, dass das Endliche verabsolutiert wird, meint „endlicher Absolutismus“.  Nur der absolut Wahre, unser Schöpfer-Gott ist wahrhaft absolut, in ihm allein kommt unsere existenziale Unruhe zur Ruhe.

 

Das Mysterium der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus durchmachtet von nun an (Ostersonntag) unseren großen Karsamstag in uns selbst: er, Christus, der Auferstandene, öffnet Leben spendend mein Grab, er steigt hinab in meinen Tod und schenkt den ewigen Lichttag, der keinen Abend mehr kennt: der Sabbat meines Lebens ist im Wesen besiegt.

 

„Zeit“ hat nun einen wesentlich anderen Charakter: war die alte Chronologie durch und durch profan zergliedert in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, in die Zeitenspanne von Geburt bis zum Sterben, so ist die Neue Zeit pulsierend und lichtend sakramental - kairologisch: sie ist zum Doppelschlag der einen Pulsader zwischen Himmel und Erde geworden. Die alte Chronologie ist hinfällig – sie ist als „Schein“ und Lüge entlarvt.

 

 

Die Heilige Karwoche:

 

Einzug des Lichtes in die Welt (Palmsonntag), Verworfen werden durch die Finsternisse  - Gründonnerstag: der Verrat des Judas in uns, der sechste Tag, der große Freitag: Jesus besiegt am Kreuz alle Nacht und den Fürsten der Finsternis, alle Lüge – der Tod ist ein für alle Mal besiegt – der Karsamstag, der große Sabbat, das große Schweigen der Abgründe: der unverwesliche Leib unseres Herrn steigt in die Tiefen der Hölle hinab – Lüge und Tod werden vernichtet, der Friede der Göttlichen Kommunion breitet sich aus, Hoffnung wird nun zum Ursprung von allem: von nun an und für immer strömt das Ewige Leben der Erfüllung unseren Endzeiten entgegen. Der Ostersieg am Morgen des ewigen Lichttages kennt keinen Abend mehr, darum folgt auf den Ostersonntag kein chronologischer Wochentag mehr – sondern der ewige Lichttag, der Ostersonntag, „dehnt“ sich: die Osteroktav – bis zum Weißen Sonntag feiert nun täglich die Oster-Liturgie – jeder Tag ist „Hochamt“ – Kennzeichen, dass die alte Zeit der Vergänglichkeit entmachtet ist. Diese Osterliturgie wird nun nicht täglich wiederholt (Wiederholung ist Kennzeichen der toten Welt) – die Osterliturgie wird täglich je je „neu“ gefeiert. Der Sonntag ist somit wahrhaft der 1. Tag der Woche, der keinen Abend mehr kennt. Der Auferstehungstag unseres Herrn bricht die alte Zeit: jeder Tag, jeder Augenblick „ist“ Sonntag, Auferstehung.

 

Origines sagt einmal: An keinem einzigen Tag feiert der Christ nicht Ostern! Es beginnt nun die große Umgestaltung der gesamten Schöpfung ausgehend vom Ostersieg unseres Herrn: das menschgewordene Wort nimmt unseren armseligen Leib an und gestaltet den alten Adam um.

 

So überstrahlt der Auferstehungstag das ganze Jahr und wirkt verwandelnd anverwandelnd, dieser Tag dringt in alles ein, was je jeweilen ist. Dieser Heilige Sonntag, der Tag des Herrn, heiligt alle unsere Augenblicke unseres Lebens. Hier „wirkt der Vater immerfort“ und ist unablässig am Werk, es ist der Tag der „Ruhe Gottes“ und die Ruhe Gottes ist jene Leben spendende Energie Gottes, die keine tödliche Erschöpfung (Kennzeichen der toten, alten Zeit: und wer von uns kennte keine tödliche Erschöpfung?)  kennt. Es eignet diesem Heiligen (gedehntem) Tag: Aufbruch des Lebens, Freude, Fest, schöpferische Tat in schöpferischer Liturgie. Alle Tage sind nun: Sonntag.

 

Was bedeutet das alles und was heißt: die alte Zeit hat keine Macht mehr, ist gebrochen, der Tod ist nicht mehr?

 

Für den Ver-rückten im Glauben aus der Herz-Mitte, der ständig und rund um die Uhr mit dem Wort Gottes beschäftigt ist – und das Wort ist unser Auferstandener, der Erstgeborene von den Toten – er, der Ver-rückte im Glauben, er lebt jetzt ständig „in den Tagen des Wortes“.

 

Was heißt das? Es heißt, dass er, der im Glauben Ver-rückte, von nun an nicht mehr sich selbst lebt, sondern das Wort – unser Herr – lebt eigentlich in ihm. Und weil das Wort „ewig“ ist, so lebt der, der dem Glauben lebt, nicht mehr aus sich heraus, sondern vom ewigen Wort her. Wo die Ewigkeit waltet, verschwindet die Vergänglichkeit, die alte Zeit ist nicht mehr. Wie stark ist daher mein Glaube? Der Auferstandene ist unablässig am Werk in Kommunion mit dem Vater und dem Geist und es geht eine Kraft aus ihm hervor, die alles zu heilen vermag, in dieser Kraft und Heilung dürfen wir „jetzt schon“ Anteil nehmen, und zwar jeden Augenblick unseres Daseins: daher kann man sagen: jeder Augenblick ist Sonntag: das ist dann die „gelebte Liturgie“.

 

Gelebte Liturgie ist im Wesen die Verklärung des Alltags in der ständigen Zwiesprache mit Gott im Sakrament des Augenblicks. Nichts ist dabei mehr unbedeutend, alles ist sinnvoll, Gottschwer: unser jetziges Dasein, unsere sterbliche Zeit wird dabei vom Heiligen Geist gewandelt, zum ununterbrochenen Lobgesang, zur Verherrlichung der Heiligsten Dreifaltigkeit.

 

Wenn unser sterbliches Leben durch den Heiligen Geist gewandelt am Ewigen Licht  teilnimmt, wird es selbst Hymnus und Psalm. So wird der Glaube immer stärker, je mehr er zu lauschen und zu empfangen versteht: in der Kraft der Stille.

 

In dieser Göttlichen Stille gibt es unsererseits nichts mehr zu sagen, was sollten wir Gott auch sagen, der alles weiß? Es gilt hier arm und schlicht zu empfangen. Am reinsten vermochte dieses Empfangen können des Wortes Gottes freilich Maria: die Mutter unseres Herrn, ihr Herz war ganz rein und mit einem einzigen Wort, ihrem „Fiat mihi“, war sie ganz Empfängnis: im Herzen und als leibliche Mutter. In der Großen Göttlichen Stille liegt die Begegnung mit Gott. Die Liturgie des Augenblicks lässt die alte Welt vergehen und gestaltet uns um: die wahre Welt tut sich in der alten Welt kund, sie liegt ihr nicht außerhalb -  sie bekundet sich und erleuchtet alles, was ist: diese Neu-Schöpfung ist niemals deterministisch, aus der alten Welt ableitbar oder gar aus ihr hervorgegangen – das wäre ein Rückfall in die tote Zeit.

 

Nein, die Neuschöpfung in der alten Welt ist „gestiftet“ durch den Heiligen Geist – der „plötzlich“ den Schleier der alten Welt wegreißt und die immerwährende Wahrheit „sehen lässt“ (Pfingst-Ereignis).

 

Hierin liegt aber doch noch eine letzte Versuchung: die der Selbsterlösung, d.h., es geht mir vorrangig nur um mein Heil. Der Arme im Geiste aber ist recht nur der, der ganz zur Verfügung steht: Gott und dem Nächsten. Im Gebet erst, da zwei oder drei miteinander vereint sind, da ist der Herr mitten unter ihnen. Das gemeinsame Gebet übersteigt alles Personhafte und Subjektive.

 

Der Auferstandene „ist“ unsere Neue Zeit, die keinen Ablauf und keinen Abend mehr kennt. Durch die immerwährende ewige Feier der Himmlischen Liturgie, von der uns Johannes in der Offenbarung berichtet in seiner ungeheuren Schau in das ewige Göttliche Mysterium, sind wir eingeladen, hinzuzutreten.

 

Glauben heißt eigentlich: die Wahrheit in Gott wissen, trotz aller unserer Nächte und Dunkelheiten. Wenn alles offenbar sein wird, dann, bei der Geburt in die Ewigkeit beim Vater hinein, beim Übergang ins eigentliche Leben (was man bei uns leider nur mehr als Sterben kennt)  - dann im Himmel, wird es keinen Glauben mehr geben: dann ist alles offenbar in der Herrlichkeit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

 

Unser Neuer Lebensraum in unserer Neuen Zeit, die keinen Abend mehr kennt, ist Christus – das Leben: in ihm – mit ihm und durch ihn.

 

Daher: „Herr, wo wohnst Du?“

 

Wir alle – ob wir es wissen oder nicht – sind auf der Suche und zwar nach einem letzten Ort, nach einer letzten Heimat, in der wir alles in allem sein dürfen, wie es unser Vater im Himmel vorgesehen hat.

 

Unsere Ur-Ängste aber sind es, die uns diese Ewige Heimat fliehen lassen: es sind die Strukturen des Bösen: Angst – das Urelement des Bösen, die verhindern, vertrauensvoll alles dem Vater, dem Schöpfer, zuzutrauen und es dagegen lieber in die eigene Hand zu nehmen und den Schöpfer es nicht zuzutrauen, dass er mein Bestes geplant hat. Hierin liegt die Urversuchung und zugleich die Ur-Sünde: das Zweifeln an der Gutheit meines Schöpfers. Es ist auch die Geburtsstunde der großen Lüge von Anbeginn – denn der Teufel ist der Vater der Lüge (man lese aufmerksam Gen. 2 und 3).

 

Mit der „Angst“ beginnt das ganze Drama der Menschengeschichte – alle Feindseligkeit hebt hier an. Aus der Schöpfung verklausuliert sich der Mensch heraus in seine selbstgeschnitzten Egoismen: ich mache mir das selber, ich kann es besser, ich vertraue mir lieber selbst – ich brauche keinen Gott. Das Geschöpf flieht seinen Schöpfer.

 

Ja, das ist unfassbar und es ist massiv am Werk, gerade heute.

 

Erst wenn der Mensch zu einem Urvertrauen in seinen Schöpfer-Gott zurückkehrt (die Umkehr), erst dann beginnt die ganze Schöpfung aufzuatmen: der gesamte Himmel und mit ihm alle Engel jubeln über diesen heilenden Akt des Ur-Vertrauens in Gott.

 

Jetzt frägt der Mensch: Herr, wo wohnst Du?

 

Der Herr wird antworten: „Geh in das Land, das ich dir zeigen werde“ – aber unter einer Bedingung: Verlasse das Land und das Haus deines Vaters!“

 

Herr, wo wohnst Du? Er wohnt mitten unter uns! Der ewige Sohn des Vaters zeltet seit seiner Fleischwerdung mitten unter uns, alles beginnt aufzuleben, denn der Gott-Mensch ist gekommen, uns zurückzuholen in die ewige Heimstatt. In Todes-Angst verharrt der Mensch auf dieser Erde.

 

Wer möchte das bestreiten – gerade jetzt in dieser „Corona-Zeit“ – wohin nur flüchtet der Mensch aus lauter Angst vor dem Tod, wenn nicht in seine selbstgebastelten Höhlen und Egoismen?

 

Unsere Räume und chronologischen Zeiten sind durch den Auferstandenen aufgesprengt – unserer letzte Höhle, unser geschlossenes Grab, ist durch unseren Herrn nach oben hin geöffnet, hin zur Auferstehung von den Toten. Der Nicht-Ort des Auferstandenen (das leere Grab) wird, aufgrund seines Sieges über den Tod, zum „neuen Raum“ für unser Weltall.

 

Herr, wo wohnst DU?

 

Nun sind da Kirchen als Gottes-Häuser.

 

DAS HAUS GOTTES ALS:  GOTTES HAUS UND HEIMSTATT

 

 

(Weiterführung: Heilige Woche 2020)


 

 

 

 

 

Vor Jahren (2014) gedacht und niedergeschrieben: nun, angelangt am "Jakobsbrunnen" (2020) - "Zeit" als Vergänglichkeit hat kein Sein - Vergänglichkeit ist in ihrem absoluten Anspruch und in ihrem Wesen "Lüge" - der Vater der Lüge peitscht die Vergänglichkeit in den Schein der Absolutheit: die Kinder des Lügners von Anfang an sind "daher":

 

"Kinder der Angst"

 

[April, 2020].

                                        

 

 

Πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς·


ἁγιασθήτω τὸ ὄνομά σου·
ἐλθάτω ἡ βασιλεία σου·
γενηθήτω τὸ θέλημά σου, 
ὡς ἐν οὑρανῷ καὶ ἐπὶ γῆς·
τὸν ἄρτον ἡμῶν τὸν ἐπιούσιον δὸς ἡμῖν σήμερον, 
καὶ ἄφες ἡμῖν τὰ ὀφειλήματα ἡμῶν, 
ὡς καὶ ἡμεῖς ἀφήκαμεν τοῖς ὀφειλέταις ἡμῶν. 
καὶ μὴ εἰσενέγκῃς ἡμᾶς εἰς πειρασμόν, 
ἀλλὰ ῥῦσαι ἡμᾶς ἀπὸ τοῦ πονηροῦ.

 

 

Die gänzliche Auf-Gabe ist Aufgabe nicht des Täters, sie bleibt aufgegebene Aufgabe.

 

 

Der Baum des Lebens

 

Eines - bleibt es im Anderen. Das entweder-oder bleibt und bleibt zugleich nicht, setzt sich und hebt sich auf: sowohl-als-auch. Dass das Letzte das Erste, das Erste das Letzte sei, ist gesagt worden. Moné, prohodos, epistrophé; Letztheiten sind keine gern gesehenen Gäste, man wird sie schwer wieder los - das reicht. An sich ist die Fertigkeit; was bleibt ist ein Abarbeiten daran. Die Idee (im Sinne der idea, nicht eine Vorstellung) ist somit das wahre skándalon für die endlichen Zwecke. Warum nicht nur Moné? Wie prohodos? Ein Spiel der Liebe? Hegel erwähnt gerade das an dieser wichtigen Stelle, da es darum geht wie die Differenz gesetzt und zugleich aufgehoben ist. Die Welt ein Spiel der Liebe mit sich selbst? Der Begriff des "Spiels" ist in der Philosophie von Nietzsche eingehend angesprochen (Zarathustra). Hegel bringt zugleich diese Begriffe der Liebe und des Spiels in unmittelbare Nachbarschaft. Das Spiel ist seinem Wesen nach absichtslos und von der Liebe gilt allenthalben, dass es Liebe nur ist, wenn keine Absicht dahinter steht, wenn sie ebenfalls absichtslos sei, keine Berechnung ihr anhaftet. Das Anderssein hat in diesem göttlichen Spiel keinen letzten Ernst, es ist ein Spiel des Gottes mit sich selbst, ein Unterschied, der eigentlich keiner ist, ein Aufbauen und Zerstören, ein Aufgehen im Untergang. Spielt Gott? Wer wäre der Gott, wäre das Anderssein nicht und wäre er dann überhaupt? Die Liebe ist nach Hegel jene Dimension, in der das Ich das Du ist, eine Identität gestiftet ist so aber, dass das Du seiner Identität mit sich selbst dabei zuwächst. Das Sich-Zuwachsen ist glücklich formuliert, es besagt, dass eine Identität in Differenz waltet, ein Einssein im Anderssein und so, dass das Anderssein nicht dabei deformiert wird, sondern sich gerade dadurch mit sich selbst vermittelt, sich zuwächst. Anders gesagt: Ich blicke mich im Du an. Ein Bestimmtes als Freies zu entlassen und dabei "frei" zu sein, das ist ein anderes Wort für Liebe im Sinne Hegels. Daher kann die Liebe nur wahr und wirklich sein dort, wo eine freie Dimension waltet; diese ist absolut in der geistigen Dimension. Das Selbststand haben erst ist das wahre Angesicht des Du. Selbststand wahrhaft sein, heißt "frei" zu sein. Es ist das freie principium aus sich selbst heraus, das erst die wahre Anerkennung verbürgt und garantiert. Im Anderen bei sich zu sein, so aber, dass der Andere sich zuwächst, sich gewinnt, dass die Identität keine Vernichtung, sondern Potenzierung bedeutet, dass die Differenz gewahrt und als solche Kontur erst gewinnt, ist Zeichen des Geistes.

 

 

Die Welt hat keine wahrhafte Wirklichkeit. Die Welt ist nicht das Wahre, sie nimmt sich aus wie Wirklichkeit, ist aber nicht die wahre Wirklichkeit. Hegel meint damit, dass der Welt - [und man kann sich unter Welt zunächst das vorstellen, was man sich eben vorstellt, das Umherum der Dinge, Menschen, das Alles und mehr, usw.] -  letztlich keine ontologische Dignität zukommt. Die Welt ist ein "Erschaffenes", sagt er wortwörtlich. M.a.W.: die Welt, wie sie uns zunächst vorkommt und zumeist auch bleibt, hat an sich, also im Wesen gesehen, keine End-Gültigkeit. Mit Kant formuliert heißt das, dass die Welt bloße Erscheinung ist und niemals Ding an sich. Das einzusehen verlangte in sich eine ungeheure Zumutung, gilt doch die Welt und alles was damit zusammenhängt als "wirklich wirklich". Man lebt nur einmal, heißt es, das kommt nie wieder, heißt es, man müsse seine Chancen nützen, heißt es. So zu reden und so überzeugt zu sein heißt eigentlich, dem Weltgepräge Absolutheit zuzumessen. Das Unglück des Menschen, kann man daher sagen, liegt genau in diesem absoluten Zuspruch, in diesem Insistieren der vermeintlichen Absolutheit des Endlichen. Dieser Zuspruch ist ein automatisierter. Heidegger wird das später in "Sein und Zeit" die ontologische Rückstrahlung des Weltverständnisses auf die Daseinsauslegung nennen. Das bedeutet hier, dass der Mensch die Wirklichkeits-Auslegung allein zumeist und zunächst vom Anorganischen her nimmt, vom Vorhandenen und jene dinglichen Kategorien rücküberträgt auf die Auslegung des Organischen und weiter auch des Geistigen. Es kommt auf den "Bruch des endlichen Absolutismus" an, sagte ich irgendwo. Einen "Augenblick des Seins" zu haben und zurückzukehren, nicht an sich alles sein zu müssen, das ist der große Hegelsche Gedanke, den spätere Autoren herausheben, als wäre es eigenes. Den Dingen - und das ist ganz weit zu verstehen - wohnt ein Drang inne, ein Zurück zu..., eine Sehnsucht zum Ursprung. Hegel nennt das dann die "Versöhnung". Hegel kennt hier einen "ersten Eingeborenen" (in Anlehnung an Jakob Böhme), der Eingeborene ist schon der Übergang zum Anders-sein und der "erste" ist hier der Lichträger, Lucifer. Der, der das Helle, das Licht, das Klare und daher den Grund und Boden des Unterschieds "bringt". Nur wo die Helle, das Licht, da die Kontur, der Schied, der Unter-Schied, da das on he on, das ens qua ens. Lucifer sei zum Sein fortgegangen und so abgefallen. Was heißt das? Es bedeutet, dass die Dinge zwar "sind" (in der Helle), aber dass ihnen dennoch kein absolutes Sein zukommt. Lucifer ist daher das advokatische principium des endlichen Absolutismus und daher wahrhaft Grund und Boden alles Bösen.

 


Der Kern dieser Selbstimagination liegt darin, sich selbst Sein zuzusprechen und damit das Endliche zu verabsolutieren. Darin liegt in der Tat eine große Versuchung wenn man bedenkt, dass gerade für die Denker (z.B. Descartes) das Allerwgewisseste und Sicherste mit dem vermeintlichen Selbst-Sein verknüpft ist: cogito ergo sum. "Sich für sich selbst zu setzen", sich selbst Absolutheit zuzuschreiben - das ist der absolute Abfall, die Wegwendung von Gott, vom Ursprung und vom alleinigen "Sein".

 

Wo aber Gott waltet, ist alles Anders-sein ein bloßer Augenblick (ein bloß gestetzer, o.m.a.W., ein geschenkter) des Seins, so könnte man mit Hegel sagen. Der erste Eingeborene, Lucifer, "ist" abgelöst durch den "ewig Eingeborenen", Jesus Christus - der das Böse absolut überwunden hat. Damit ist bereits die Welt erlöst - schon erlöst. Ein unerhörter Gedanke von Hegel; davon später. Bei Hegel aber gilt in jeder Hinsicht, dass der "Gedanke" die absolute Wirkklichkeit selbst ist - das ist alles andere als ein bloßer, subjektiver Gedanke, wie man meinen könnte.

 

 

Die Welt - Moment der Idee, sagt Hegel. Er meint damit, dass ihr wesentlich kein Sein zukommt, die Welt sei bloß wie ein "Leuchten des Blitzes", ein verschwindendes Moment. Man müsse sich aber, so Hegel, der Verstandes-Operationen bewusst sein die da sind: ewig, in der Zeit, unendlich, zeitlich, erschaffen, unerschaffen, unmittelbar für sich, usw. Dagegen ist sich bewusst zu machen: das heteron, das Anders-sein der Idee in der ihr unangemessenen Bestimmung: Welt; Welt als gesetzte, als Moment, als negatives, verschwindendes Moment. So zu sein ist nach Hegel zu sein ohne Selbst-Stand zu haben, also bloßes Moment zu sein. Damit kommt Hegel zu einer für ihn wesentlichen Bestimmung der Welt: Welt ist für ihn ein Gesetztes, ein Moment im Kommen und Gehen, Welt hebt sich auf, ist ein Prozess, der auf ein Letztes hinweist, dieses aber selbst nicht ist. Man kann mit Hegel sagen, dass die Welt in der Idee zu Grunde geht, sich aufhebt und auflöst, sie ist eine bloße Erscheinung, die schon wieder verschwunden ist in ihrem Erscheinen. Die Seins-Bestimmung der Welt ist nach Hegel das Anders-Sein und dieses Anders-Sein ist nichts anderes als das, dass die Welt eine "erschaffene" ist. Wird das Anders-sein mit Verstandes-Reflexion überfrachtet, kommt es zu den insistierenden Verstandes-Bestimmungen der Form, der Materie, der Zeit, der Unendlichkeit. Den Begriff aber der Welt tangiert das im Wesen nicht, der Begriff ist der des Anders-seins. Der (sinnlichen) Welt aber kommt damit keine Selbst-Ständigkeit zu, es kommt ihr kein Sein zu, kein An-und-für-sich-sein, sie subsistiert nicht wahrhaft aus sich heraus. Was Hegel hier vernunftgemäß und nicht verstandesgemäß reflektiert, ist auch schon die Erfahrung des Alltags. Hegel spricht unser Wissen der Vergänglichkeit, der Endlichkeit an. Aber, und das macht die große Differenz zum Alltagsverstand aus, diese Vergänglichkeit hat keinen Absolutheits-Status, die Vergänglichkeit ist kein Letztheit, sondern Andersheit, es spricht sich in der Vergänglichkeit die "Idee" selbst auf eine ihr unangemessene Weise aus.  Die Welt ist demnach eine geschaffene und der Schöpfung geht, wie sich Hegel ausdrückt, jederzeit ein "Seiendes" vorher. Welt hat nach Hegel eine "Voraussetzung", sie ist selbst kein Letztes und kann sich daher selbst nicht erhalten. 

 

 

Das Subjekt sei in der Unwahrheit; der Grund der Unwahrheit liegt in der "Entzweiung", in einer fundamentalen Zertrenntheit; der Mensch spürt diese innerliche fundamentale Spaltung in sich, er weiß gewiss, dass sein Sein  jederzeit und immerfort unvollkommen ist. Nach Hegel waltet im Mensch-sein ein fundamentaler Drang zur "Versöhnung". Der Begriff der Versöhnung hat bei Hegel eine immense Bedeutung in mehrfacher Hinsicht. In den religionsphilosophischen Schriften meint Hegel mit Versöhnung - Versöhnung mit der "Wahrheit". Im Wort Versöhnung steckt die "Sühne". Im Christentum gehört es zum wesentlichen Gehalt der Bestimmung des Mensch-seins, dass der Mensch "gesündigt" hat, dass er im Wesen ein Sünder sei. Das hat eine tiefe Bedeutung und meint gerade, dass der Mensch "an sich", also im Wesen, von Gott abgefallen ist. Angesprochen ist damit der "Sündenfall" des Menschen. Wie auch immer man diese Dimension des innersten Mensch-seins fassen mag, jede Auslegung spricht im Kern von einer Trennung, einem Abfall, einer Sünde, vom Bösen, von einer Abspaltung und Eigensinnigkeit, von Hochmut und Stolz und im Grunde aber immer von einem "Zerwürfnis".

 

 

Dieses Zerwürfnis betrifft unmittelbar das Verhältnis des Menschen zu Gott. Es liegt von Anfang an im Argen mit dem Menschen und Gott und das heißt, dass es sich jederzeit so verhält; und nicht nur einmal war. Die Geschichte des Menschen ist eine Geschichte des Zerwürfnisses, der Trennung, ist eine Geschichte auch des Bösen, eine Geschichte der Unordnung, der Auflehnung, des Aufbegehrens, eine Geschichte des Unheils. Das hat sich nicht einmal vor langer Zeit zugetragen, sondern dieses Zerwürfnis trägt jeder Mensch im Wesen mit sich, diese Geschichte des Zerwürfnisses ereignet sich jederzeit aufs Neue und jetzt. In diesem Zerwürfnis mit Gott arbeitet der Mensch, ohne sich dessen bewusst zu sein, gegen sich selbst. Zugleich hebt aber gerade hier ein Grund-Bedürfnis nach "Versöhnung" an. Nur wo ein Zerwürfnis, nur wo Unheil, da das Bedürfnis nach Versöhnung und Heil. Die Heilsgeschichte mit dem Menschen hat nur dort einen Sinn, wo es mit ihm im Argen liegt. Und für Hegel besteht kein Zweifel, dass die Versöhnung nur Versöhnung mit der Wahrheit sein kann, also Versöhnung mit Gott. Wir alle haben so ein Grund-Bedürfnis nach Versöhnung mit Gott in uns, das ist Hegels Überzeugung und er ist hier ganz auf der Linie von Aurelius Augustinus: "...inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te, Domine; Confess. I 1).

 

 

Mensch sein heißt nach Hegel: ent-zweit sein, im Zerwürfnis sein, in der Zertrennlichkeit sein, heißt auch ferner, abgefallen sein, in der Sünde sein. Nur wo solches statt hat, da steigt ein fundamentales Bedürfnis nach "Versöhnung" auf, da ist ein Drang nach Wahrheit, nach dem Erlöst-sein. Hegel bringt hier überhaupt nichts Neues, das Christentum ist voll dieser Wahrheit. Hegel reflektiert aber aus dieser Wahrheit - nicht darüber - und hebt diese Wahrheit in den "Begriff". Diese Dimension ist auch insbesondere das Signum der Geschichtlichkeit des Menschen. Geschichte ist eine fundamentale Bewegung - Geschichte ist im Wesen nach Hegel immer: Heils-Geschichte, Geschichte zur Wahrheit.

 

Für Hegel bedeuten Entzweiung und Zerwürfnis zugleich Geist sein. Die Folge des Geist-seins ist die Erkenntnis und Erkenntnis bedeutet jederzeit: trennen können. Hier liegt auch für Hegel der Ursprung des Bösen. Das Böse ist nach Hegel keine äußere Macht, die den Menschen dann und wann überfiele, im Gegenteil, das Böse haust im Mensch-sein selbst: Mensch sein heißt "böse sein". Warum das so ist, gehört zum Tiefsten, was Hegel je gedacht. Jede Theorie oder Meinung zum Bösen verblasst vor diesem Gedanken-Gang Hegels. Er setzt am höchsten (tiefsten) an, wie sollte es auch anders sein, er setzt an bei Gott, dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen und beim Baum des Lebens.

 

 

Dass etwas „für mich ist“, setzt Bewusstsein, Wissen, Erkenntnis voraus; ich weiß etwas und weiß damit, dass etwas für mich ist, ich selbst bin für mich Objekt, ich selbst bin mein auszuführendes Ansich. Damit, dass es sich so verhält, ist bereits Trennung eingetreten zwischen einem Ansich-sein und einem Fürsich-sein: Trennung, Urteil, Entzweiung, Spaltung, Abspaltung. Das Negative haust im Wesen des Menschen, er ist, wie er nicht sein soll, er muss erst noch werden, was und wie er sein soll, er ist nicht in der großen Versöhnung zuhause, sein Sein widerspricht seinem Begriff und Wesen, ein Hiatus ragt auf. Wären das Bewusstsein und näher hin das Selbstbewusstsein, wäre Erkenntnis nicht, so wäre dem Menschen diese Wahrheit nicht aufgeschlossen. Dass ich nicht versöhnt bin mit mir, der Welt und mit Gott, das schließt mir das Erkennen auf, der Geist. Muss daher notwendig das Böse in der Form der Zertrennlichkeit im Menschenwesen hausen, damit das Gute, damit die Versöhnung Kontur annimmt? Hegel sagt nun, dass das Böse erst innerhalb des Kreises der Erkenntnis vorhanden sei. Das Erkennen erbringt die Trennung und das Bewusstsein, dass es so nicht bleiben soll. Es soll anders sein, es soll am Ende „versöhnt“ sein. Der Ursprung alles Bösen liegt in dem Bewusstsein, dass ich für mich bin, dass das Für-sich-sein meinem Wesen zugehört; ich kann mich dann ferner in mich selbst hineinimaginieren, mich in mich verkapseln, einschließen, böse sein, mich bloß nur mehr ver-einzeln. Zugleich erscheint aber die große Versöhnung am Horizont, dass es letztlich so nicht bleiben oder sein soll. Mit dem Bösen erscheint zugleich die Versöhnung. Der Mensch handelt nach Hegel nicht nur dann und wann böse, sondern ist seinem Wesen nach in das Böse verstrickt, das ja gerade sein Erkennen strukturiert, insofern darin die Zertrennlichkeit liegt. Die Voraussetzung jeder möglichen und auch wirklichen Vereinzelung liegt überhaupt darin, dass ein Objekt für ein Subjekt sei. Dass aber ist die allein geistige Seins-Weise, denn der Geist ist an und für sich: frei. Der Geist  ist das Fluidum des Für-sich-seins, da ein Objekt für ein Subjekt „ist“. Das Erkennen ist daher nicht eine Eigenschaft am Menschen, ein Vorkommnis, das auch nicht sein könnte, sondern das Erkennen macht erst die Dimension des Menschlichen in sich aus. In der jahwistischen Urgeschichte ist dieses Drama der Zertrennung am prägnantesten verdichtet: der Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen, die Freiheit, die Strafe, die Sühne, die Versöhnung. Die Quelle alles Bösen ist zugleich die Quelle des Guten, wo kein Böses, da kein Gutes. Das Aufgehen des Bewusstseins ist zugleich das Aufgehen der Erkenntnis.

 

 

Die Vergänglichkeit, dass alles kommt und geht, der Mensch ebenso, das ist "die" Grunderfahrung des Menschen selbst. Es ist mit ihm die tiefste Erfahrung und daher stets hintergründig am Werk, dann und wann auch actuiert. Das Leben solle möglichst lange weiter gehen, man weiß um die eigene Sterblichkeit und fände es töricht, darüber hinwegzugehen. Aber, man will das eigene Sterben möglichst lange hinausschieben, wegdrängen. Man ist sich einig: stirbt einer im  hohen Alter und möglichst schmerzfrei, schnell, dann war es mitunter auch ein gesegneter Abschluss eines langen und, so wird angenommen, guten Lebens. Stirbt einer dagegen in der Blüte seines Lebens, schwer gezeichnet, dann ist das ein Schicksalsschlag - der Tod kommt zu früh. Man darf sich fragen: Was heißt hier zu früh? Wann ist der richtige Zeitpunkt? Der Tod kommt für den amputierten Menschengeist immer zu früh, es kann diesem Geist nie lange genug sein - das Quantum, die leere Zahl,  ist vermutlich die einzige Qualität des amputierten Geistes.

 

In aller erfahrbaren Endlichkeit und Vergänglichkeit, in aller Sterblichkeit auch und in aller Hinfälligkeit erfährt der Mensch - ob er es wissen mag oder auch nicht - ob er es verdrängt oder erblickt - ein Bleibendes im Kommen und Gehen, er erfährt ein Zeit-Raum-Transzendentes und zumeist bleibt dieses nur eine Ahnung. Sein Geist-Sein selbst ist dieses Raum-Zeit-Transzendente, erfahrbar im Erkennen, am Maßstab der Wahrheit, erfahrbar im Gewissen haben wollen, erfahrbar im Unbedingten in allem Bedingten. Das wahre Urteil z.B. ist letztlich ein unbedingtes, es läuft nicht aus und hinzu, sondern kommt aus dem Unbedingten auf uns zu. Das sittliche Urteil ist letztlich ein unbedingtes, es läuft nicht aus und hinzu, sondern kommt aus dem Unbedingten auf uns zu. Die Freiheit (Geist) an und für sich ist letztlich eine unbedingte, sie läuft nicht aus und hinzu, sondern kommt aus dem Unbedingten auf uns zu. Der leibliche Tod, Zeichen auch der Vergänglichkeit, Zeichen der Zeitverstricktheit, kann diesem Unbedingten nichts anhaben. Diese Dimension des Unbedingten ist Letzt- oder auch zugleich Erst-Dimension, ein absoluter Anfang, der Anfang stets bleibt, ein wahrhafter Ur-Sprung. Wenn einem Wesen in diesem Sinne Unbedingtheit zukommt, so heißt das, dass ihm absoluter Selbststand zukommt, ein aus sich heraus sein, daher eine Unabhängigkeit, eine Freiheit. Das Moment des Geistes im Menschen spricht sich in dieser Dimension aus, sie ist das Fluidum des lebendigen Geistes. Daher stimmt, was die älteste Tradition überliefert, was auch die Religionen immer wussten: die Geist-Seele des Menschen ist un-sterblich und damit un-vergänglich, die Geist-Seele im Menschen waltet raum-zeit-überlegen.

 

Das sind keine neuen Überlegungen, man wusste um diese Wahrheit des menschlichen Seins schon immer. Man verlangte Unsterblichkeitsbeweise und verlangte zugleich nach Gottes-Beweisen. Es fragt sich an dieser Stelle: warum eigentlich? An all diesen Beweisen ist letztlich kein Zweifel anzubringen, letztlich, sage ich. Es reicht eigentlich das reine Selbstzeugnis einzusehen, dass das Ich ein sich Durchhaltendes, Bestehendes, Transzendierendes ist, das über alle Zeit und über allen Raum herrscht, daher das herrschende principium ist. Es fehlt nicht an den Beweisen, diese liegen längst vor. Was aber verwundert, das ist das Übergehen dieser Dinge, als ob man immer wieder von Neuem beginnen müsste. Man kann es auch anders ausdrücken: Im menschlichen Leben ginge (!) es letztlich und erstlich um diese unbedingte Dimension im Endlichen des Menschen, nichts wäre wichtiger als dies einzusehen und das hätte freilich auch fatale Folgen für die Lebensgestaltung.

 

Dass wir sterben ist ein Faktum, dass wir zugleich un-sterblich sind, ebenso; das ist freilich formal gesehen ein Widerspruch, denn die Verstandes-Logik meldet hier sofort ihr Bedenken an, das sich ausdrücken lässt: entweder - oder. Entweder sterblich oder eben unsterblich - beides zugleich ist ein Widerspruch und daher falsch. Die Vernunft-Logik sieht ein das Sowohl-als-auch, sterblich und un-sterblich. Dennoch gilt hier keine Symmetrie; auch in Ansehung von wahr und falsch gibt es letztlich keine Symmetrie, das Verhältnis ist a-symmetrisch: veritas norma sui et falsi est (Spinoza). Die Endlichkeit ist an der Un-Endlichkeit angemessen, nicht umgekehrt. Der Geist ist in sich un-endlich und un-abhängig, obzwar er verendlicht ist. Der Widerspruch ist einer für den Verstand, nicht für die Vernunft.

 

Für Hegel ist klar: die Unsterblichkeit der Geist-Seele ist nicht nach einem Sterben actuiert, sondern von Ewigkeit her: also auch jetzt schon. Alle Beschränktheit ist bereits überschritten. Was bedeutet das? Die Zeit, eine Täuschung - sub specie aeternitatis? In Mt 16,25 ist das Faktum angesprochen, wer aber daran festhält bestätigt seine Verfallenheit, verwirklicht den endlichen Absolutismus. Für den endlichen Absolutismus ist das Sterben müssen ein absoluter Verlust, ein Verlust, den man möglichst lange begehrt nicht bemerken zu müssen. Die Unsterblichkeit der Geist-Seele ist für den endlichen Absolutismus bestenfalls eine Notlösung, ein nicht wahrhaft zu Glaubendes, eine Schwäche des menschlichen Wollens, beheimatet in einer Welt der geschwächten Phantasie und Un-Logik. Der endliche Absolutismus will um jeden Preis sein Leben retten, d.h. verlängern. Mit den Augen der Gegenwart betrachtet: Wer wollte dem widersprechen? Die Lebensverlängerung um jeden Preis gilt heutigen tags als alleroberstes Gebot, sie ist der oberste Wert schlechthin. Diese Lebensverlängerung um jeden Preis darf niemals hinterfragt werden und wird es auch nicht. Mt 16,25 zeigt auf was es heißt, an dieser Verlängerungslogik festzuhalten: Gerade hier wird sich bewahrheiten, dass gerade der stirbt, der seine endliche Existenz festhalten will. Es kommt alles darauf an, an der endlichen Existenz nicht festzuhalten, sie sein zu lassen wie sie eben ist: endlich. Das aber ist längst nicht alles. Dass das Endliche längst nicht "alles" ist und bedeutet, das ist schon der halbe Weg der großen Versöhnung - so sieht es Hegel. Mit dieser Einsicht ist eigentlich schon im Wesen der Tod besiegt: den endlichen Absolutismus zu brechen, sein Leben verlieren zu "lassen" eben weil man es verliert, das ist die höhere, die veritative Logik. In dieser Gangart aber wird man es absolut "gewinnen" - Mt 16,25, unsterblich sein, weil man es schon ist. Die Bedeutung, so zu gehen, ist die absolute Affirmation. In Mt 16,25 verdichtet sich die Dramatik und damit der Sinn des gesamten Lebens in wenigen Worten - darum dreht sich alles. Mit dem Geist beginnt die Zertrennlichkeit, der Quell alles Bösen; zugleich aber ist damit der Weg zur absoluten Versöhnung gesetzt: nicht sein Leben an das Leben zu hängen. Das kann man wohl die höchste Logik, die wahrhaft veritative Logik nennen. Das eigene Leben nicht an das eigene Leben zu hängen, das eigene Leben dran zu geben, es sein zu lassen, es absolut aufzugeben, eine absolute Aufgabe in mehrfacher Hinsicht - darum wird es sich drehen. Das ist alles andere als das eigene Leben willkürlcih zu beenden. 

 

Längst aber ist klar geworden, dass dies alles die Dimension des Geistes selbst ist: ein Erkennen, eine Einsicht, ein Vernehmen, ein akroamatischer Sinn, ein Hören können - letztlich ein "Empfangen können".

 

Hegel drückt sich aus: zur Unendlichkeit des Für-sich-seins. Er meint, dass das Bewusstsein diese Unendlichkeit eingesehen hat: das selbstbezügliche In-Sich-Stehende, die Unbedingtheit, die Raum-Zeit-Überlegenheit (BWWdG, 143). [Der Weg ist hier nochmals auf einer höheren Reflexionsstufe zu gehen]. Es handelt sich hier um die letzte und tiefste Einsicht menschlicher Erkenntnis, die aber noch weiteres bereit hält, also hier nicht ausläuft. Dieses Bereit halten ist ein qualitativer Sprung. Es stellt sich hier auch zugleich die Frage nach dem Wesen der Philosophie, was sie überhaupt zu leisten im Stande ist. Durch sein Geist-Wesen ist der Mensch für Hegel in sich un-sterblich; Zeugnis davon gibt die ontologische Struktur des Erkennens selbst, näher hin das Zeugnis des reinen, transzendentalen Ichs. Denken heißt bei Hegel: eine freie, reine Seele sein, daher unbeschränkt sein. Der Unsterblichkeitsbeweis wird je und je im Sein des Menschen selbst vollzogen; wird diesem Beweis ausdrücklich widersprochen, so handelt es sich dabei um einen performativen Widerspruch, das ist einer, der in der eigenen Behauptung das zu Kritisierende vollzieht und selbst voraussetzt. Hegel drückt das so aus, dass der Geist an und für sich "Totalität" sei und meint damit gerade das Unbedingte, dass etwas nicht durch ein Anderes bedingt oder beschränkt sei und sich dabei zur Gänze erhält im Anderssein.

 

Die Frage ist nun, was damit geschieht, auf dieser Stufe der Reflexion zu stehen? Was bedeutet diese Einsicht? Ist es eine reine und folgenlose Einsicht? Um es noch einmal zu erinnern: Für Hegel liegt im Erkennen selbst der Quell der Zertrennlichkeit und damit der Ursprung des Bösen aber zugleich auch das Gute. Hegel will zur Einsicht bringen, dass der Gegensatz des Guten und des Bösen im Menschen-Wesen selbst haust und nicht durch gute Taten etwa beseitigt werden könnte, sondern Bestimmung des Begriffes des Menschen bleibt. Der Begriff aber des Menschen ist im Wesen der, dass er geistige Subjektivität an sich ist; was er an sich ist, das soll er auch für sich sein (werden) - ein Weg dahin. In diese Stellung des abstrakten, also allgemeinen, Gegensatzes in sich müsse man sich bringen, so Hegel. Was sind nun die weiteren Folgen?

 

Nun geht es Hegel im Wesen um die "große Versöhnung", das ist eine solche, wofür zu leben und zu sterben ist - ein Letztes und Erstes überhaupt. In dem Gedanken der Versöhnung ist das Wesen der Hegelschen Dialektik überhaupt eingebettet; es liegt darin die Entwicklung und Geschichte des Geistes selbst, der zu sich kommt. Wenn im Menschen, kann man sagen, die innere Spannung zwischen dem Guten und dem Bösen abstrakter weise absolut gesetzt wird und nicht in eine Einseitigkeit verflüchtigt wird, erst dann und nur dann steigt in des Menschen Seele das Bedürfnis nach einer letzten Versöhnung auf. Die Versöhnung heißt eine "allgemeine" und Hegel meint damit die "göttliche Versöhnung". Welchen Rang diese "göttliche Versöhnung" für Hegel hat lässt sich daran ersehen, dass er hier von einer "tiefsten Tiefe" spricht; er meint damit, dass für einen Menschen alles daran liegen muss, diese Spannung der Gegensätzlichkeit in sich aufzuschlagen, diese Innerlichkeit zu gewinnen. So spürt er und weiß um den Gegensatz zu Gott, der ist, das unendlich Affirmative. So gesehen kann sich der Mensch drehen und wenden wie er will, es bleibt bei einer Unangemessenheit seiner selbst gegen Gott. Dann aber weiß dieses Bewusstsein auch, dass die Welt in keiner Hinsicht die absolute Versöhnung leisten kann. Es kommt zur inneren Emigration, dem stoisch-skeptischen Rückzug. In der Phänomenologie des Geistes legt Hegel diese Formen des Rückzugs phänomenal auseinander. Sein Urteil: ungenügend, weil nur abstrakt! So auch in den religionsphilosophischen Überlegungen Hegels. Der abstrakte Rückzug sieht letztlich ein, dass er seinem Begriff nach "konkret" sei oder anders gesagt: diese Abstraktion widerspricht ihrer Bestimmung, nämlich konkret zu sein. Der Stoiker findet sich in all seinem Rückzug dennoch in die Welt hineinkonkretisiert, er will dennoch, leidet, hat Triebe, Sehnsüchte, verrichtet sein Tagwerk, ist verstrickt in die Weltangelegenheiten. Welche Versöhnung der Stoiker immer auch erreichen mag, es bleibt eine abstrakte Versöhnung, also nur formelle Identität mit sich selbst. Hegel aber geht es um keine abstrakte Versöhnung. Hegel bringt es auf den Punkt: in der tiefsten Tiefe des unendlichen Gegensatzes in sich bringt die absolute Versöhnung nur eine "vollkommene Versöhnung" zu Stande. Das klingt nichtssagend, tautologisch: die Versöhnung bringt die Versöhnung zu Stande. Darin liegt aber Hegels spekulative Tiefe.

 

 

DIE VERSÖHNUNG

 

Die Vorgeschichte der großen Versöhnung ist einerseits für Hegel die Zerknirschung oder Demütigung, wie er es nennt, das Ungenügen, dass auf der einen Seite das Gute, das Affirmative, das Unendliche sei und da ein Hiatus zu mir selbst aufragt, ich ein ewiges Ungenügen an mir in Bezug zur Wahrheit empfinde und denke. Andererseits ist auch der selbstbefriedigende Rückzug, der stoisch-skeptische Weltrückzug, keine Lösung oder absolute Erlösung. Denn der abstrakte Weltrückzug findet hier nicht, was er such und begehrt: Versöhnung, Ruhe, Frieden, Einklang. Der abstrakte Weltrückzug kommt einer Weltflucht gleich - der Stoiker setzt sich in der Tatlosigkeit zur Ruhe.

Weltflucht heißt zugleich Verneinung meines Willens und Wollens. Was bleibt dann überhaupt noch übrig? Am Ende zeigt sich das reine oder transzendentale Ich, das reine Selbstbewusstsein, es ist das sich durchhaltende Element, das Subsistierende, am Ende zeigt sich der Geist, das, was bleibt im Kommen und Gehen.

 

Diese Subjektivität erträgt den ungeheuren Gegensatz des Guten und des Bösen in seiner tiefsten Dimension in sich. Die Subjektivität ist damit eine unendliche Kraft der Einheit. Die absolute Versöhnung kann für Hegel nur darin liegen, dass dieser Gegensatz sich aufhebt, dass er sich als "nichtig" erweist. Wird sich der Mensch dieses absoluten Gegensatzes in sich bewusst, steigt ein absolutes Bedürfnis nach Versöhnung, nach Friede auf, der Gegensatz soll sich auflösen, er soll sich aufheben, er soll sich negieren. Die weitere Einsicht ist dann die, dass diesem Gegensatz keine Wahrheit inne wohnt, dass seine Wahrheit aber darin liegt, aufgehoben zu sein, negiert zu sein. D.h., an sich oder im Wesen, ist dieser Gegensatz schon aufgehoben und nur weil es sich so verhält, so kann der Mensch dieses An-sich-sein der Versöhnung "für-sich" erreichen - also erreichen den Frieden, die Versöhnung.

 

Es ist zu fragen: Kann der Mensch von sich aus diese absolute Versöhnung mit Gott leisten, ist es des Menschen Aktion, Leistung, so etwas zu Stande zu bringen? Jedes menschliche Leisten (man kann das mit Hegel auch das "Setzen" nennen) hängt letztlich von einer Voraus-Setzung ab: das ist die göttliche Einheit als Einheit von Subjektivität und Objektivität, also als Totalität. Betrachtet man das menschliche Leisten von dieser absoluten Perspektive aus, so ist auch das subjektive Setzen oder Leisten bereits ein "An-sich". Was soll das bedeuten? Es bedeutet nichts anderes, als dass die Voraussetzung allen Setzens der Geist selbst  ist. Erst der Geist erbringt, dass ein Objekt für ein Subjekt "sein" kann. Wäre der Geist nicht, so wäre reine Unmittelbarkeit, eine "Nacht, in der alle Kühe schwarz sind" (PdG). Angesprochen ist damit die geistige und damit un-endliche Seinsweise der Subjektivität, die die Subjekt-Objekt-Einheit verbürgt. Ist diese geistige Dimension eine menschliche Leistung? Die Antwort erübrigt sich. Das Gesetzte, die absolute Versöhnung, muss daher schon ein "An-sich" sein, die Versöhnung ist schon, das ist die Voraus-setzung und nur weil diese schon ist, kann diese Versöhnung auch "für-mich" werden.

 

Die göttliche Einheit also ist die unbedingte Voraussetzung für mein Setzen. Das ist jetzt zugleich der wichtige Sprung über den Abgrund. Denn dieser Sprung in die Voraussetzung der göttlichen Einheit bedeutet die Aufgabe der Einseitigkeit. Was bedeutet das konkret für die Versöhnung? Der Mensch kann die Versöhnung nur zu Stande bringen unter einer absoluten Voraus-setzung, der göttlichen Einheit, das ist die geistige Einheit von Subjektivität und Objektivität. Wir Menschen müssen die absolute Versöhnung schon voraussetzen. Nur unter dieser Bedingung, dass diese schon an sich geleistet ist, hebt sich die schlechte Einseitigkeit auf, als ob es bloß des Menschen Leistung wäre diese zu vollbringen. Anders ausgedrückt: Jede menschliche Bemühung um absolute Versöhnung mit dem Göttlichen hat nur Sinn für den Menschen, wenn diese Versöhnung bereits "gestiftet" ist. Damit relativiert sich jede menschliche Tätigkeit sub specie aeternitatis. Menschliche Tat ist unter dieser Perspektive gesehen nichts für sich - menschliche Tat hängt absolut von der göttlichen Voraussetzung ab. Was hier umständlich beschrieben wird, habe ich irgendwo genannt: Bruch des endlichen Absolutismus. 

 

Dass etwas „für mich ist“, setzt Bewusstsein, Wissen, Erkenntnis voraus; ich weiß etwas und weiß damit, dass etwas für mich ist, ich selbst bin für mich Objekt, ich selbst bin mein auszuführendes Ansich. Damit, dass es sich so verhält, ist bereits Trennung eingetreten zwischen einem Ansich-sein und einem Fürsich-sein: Trennung, Urteil, Entzweiung, Spaltung, Abspaltung. Das Negative haust im Wesen des Menschen, er ist, wie er nicht sein soll, er muss erst noch werden, was und wie er sein soll, er ist nicht in der großen Versöhnung zuhause, sein Sein widerspricht seinem Begriff und Wesen, ein Hiatus ragt auf. Wären das Bewusstsein und näher hin das Selbstbewusstsein, wäre also Erkenntnis nicht, so wäre dem Menschen diese Wahrheit nicht aufgeschlossen. Dass ich nicht versöhnt bin mit mir, der Welt und mit Gott, das schließt mir das Erkennen auf, der Geist. Muss daher notwendig das Böse in der Form der Zertrennlichkeit im Menschenwesen hausen, damit das Gute, damit die Versöhnung Kontur annimmt? Hegel sagt nun, dass das Böse erst innerhalb des Kreises der Erkenntnis vorhanden sei. Das Erkennen erbringt die Trennung und das Bewusstsein, dass es so nicht bleiben soll. Es soll anders sein (werden), es soll am Ende „versöhnt“ sein. Der Ursprung alles Bösen liegt in dem Bewusstsein, dass ich für mich bin, dass das Für-sich-sein meinem Wesen zugehört; ich kann mich dann ferner in mich selbst hineinimaginieren, mich in mich verkapseln, einschließen, böse sein, mich bloß nur mehr ver-einzeln. Zugleich erscheint aber die große Versöhnung am Horizont, dass es letztlich so nicht bleiben oder sein soll. Mit dem Bösen erscheint zugleich die Versöhnung. Der Mensch handelt nach Hegel nicht nur dann und wann böse, sondern ist seinem Wesen nach in das Böse verstrickt, das ja gerade sein Erkennen strukturiert, insofern darin die Zertrennlichkeit liegt. Die Voraussetzung jeder möglichen und auch wirklichen Vereinzelung liegt überhaupt darin, dass ein Objekt für ein Subjekt sei. Dass aber ist die allein geistige Seins-Weise, denn der Geist ist an und für sich: frei. Der Geist  ist das Fluidum des Für-sich-seins, da ein Objekt für ein Subjekt „ist“. Das Erkennen ist daher nicht eine Eigenschaft am Menschen, ein Vorkommnis, das auch nicht sein könnte, sondern das Erkennen macht erst die Dimension des Menschlichen in sich aus. In der jahwistischen Urgeschichte ist dieses Drama der Zertrennung am prägnantesten verdichtet: der Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen, die Freiheit, die Strafe, die Sühne, die Versöhnung. Die Quelle alles Bösen ist zugleich die Quelle des Guten, wo kein Böses, da kein Gutes. Das Aufgehen des Bewusstseins ist zugleich das Aufgehen der Erkenntnis.

 

Der Baum des Lebens: der existierende Widerspruch, sterblich und unsterblich zu sein. Der Geist ist un-begrenzt, dadurch erst ist das Begrenzte, das Endliche, Zeitliche, Vergängliche. Un-endlich heißt: un-begrenzt, an keiner Grenze zu enden, am Anderen nicht die Aufhebung seiner selbst zu haben. Das Sterbliche ist das Vergehen, die Auflösung, das Sich-nicht-mehr-erhalten-können, eine Zeit lang zu sein. Der Tod begrenzt dieses Leben, die Natürlichkeit, das Leben stößt an diese ungeheure Grenze und wird daran vernichtet. Der Geist aber geht über diese Grenze hinweg, ist schon darüber hinweg, für den Geist hat diese Grenze keine Macht und ist daher keine Grenze. Der Geist ist im Wesen zeitlos, er kommt nicht und geht nicht, er währt und hat keinen Anfang, kein Ende, er endet daher nicht und ist un-endlich. Der Geist ist das un-endliche Element in aller Endlichkeit, das im Wesen un-sterbliche, absolute Element, der Geist ist an und für sich be-freit von aller Vergänglichkeit und ist also Freiheit. Im Wesen des Menschen waltet diese Geist-Seele als sein un-sterbliches und un-vergängliches und daher niemals zeitliches Wesen. Die Un-endlichkeit kommt nicht nach dem Sterben, sie ist „jetzt“ schon, wenn man das zeitlich fassen wollte. Dieses absolute „Jetzt“ ist der un-endliche Augenblick in allem Endlichen. Der Widerspruch besteht nun darin, dass der Mensch stirbt und doch zugleich un-sterblich ist. Der Tod ist keine absolute Macht, er ist es nur und nur dann, wenn sich der Mensch im endlichen Absolutismus vergisst, in sich selbst also verstrickt. Der Mensch stirbt und stirbt zugleich nicht – das ist der Widerspruch, er ist ein un-endlicher Gegensatz, das Geheimnis auch des Glaubens.

Damit kommt die Hegelsche Überlegung in ihr tiefstes Wesen zurück: die Versöhnung. Wenn es geschieht, dass das Sterben nicht eintritt, dann „ist“ die Unsterblichkeit. Nun stirbt der Mensch und ist doch zugleich in seinem Sterben un-sterblich. Die Unsterblichkeit der Seele ist aber schon, zeitlich ausgedrückt, eine gegenwärtige Qualität. Weil der unsterbliche Geist an und für sich „ewig“ ist, so ist er auch in der Zeit „ewig“, die Zeitbestimmungen können der Ewigkeit nichts anhaben. Denn die Zeit ist jederzeit Beschränkung, der Geist aber an sich das Unbeschränkte.

 

Die absolute Versöhnung setzt voraus: die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur (273). 

 

Die göttliche und die menschliche Natur sind eins, sind eine Einheit, "an sich", meint Hegel, diese Einheit an sich wäre die Grundlage aller Versöhnung. Hegel denkt den Geist nicht statisch, also denkt er ihn nicht verständig-abstrakt, sondern konkret. Damit hat der Geist an ihm selbst seine Entwicklung, ist nicht Stillstand oder Festgelegtheit, der Geist ist Bewegung, Entwicklung, existiert geschichtlich. Die eigentliche Geschichte ist somit keine Historie, sondern diese ist nur möglich auf der geschichtlichen Grundlage des Geistes selbst, der sich entäußert und durch mannigfache Stufen und Entwicklungen zu sich selbst zurückkehrt. Diese Entäußerung des Geistes hat den Sinn der Unmittelbarkeit, die Form des "Ist", also das, was man unreflektiert als Wirklichkeit ausgibt, das Sein der sinnlichen Gewissheit. Das principium der Subjektivität ist es gerade, dass hier der Geist sich zum äußersten seiner selbst, der Unmittelbarkeit der Erscheinung, der sinnlichen Wirklichkeit, entäußert, aber zugleich in dieser Entäußerung "an sich" zu sich zurückgekehrt ist. Hegels Gedanke ist hier tatsächlich von "unendlicher" Bedeutung: das principium der Subjektivität ist gerade die Selbstbewusstheit, die sich im Ich äußert, der reflexe Geist, der bis in das endlichste Dasein ausgreift und darin schon zu sich zurückgekehrt ist, der also im Anderen seiner selbst sich selbst erhält. Damit zeigt Hegel die "Unendlichkeit" des geistigen Prinzips auf. Der Mensch ist jenes Wesen, das unendlich und endlich zugleich existiert, ein Widerspruch freilich, auf den es Hegel gerade abgesehen hat, der bei ihm spekulativ eingeholt wird. Dieses geistige principium ist an und für sich: ausschließlich, einzig, es duldet nichts anderes als sich selbst.

 

 

Dass Gott Mensch geworden ist bedeutet die Verklärung aller Endlichkeit, bedeutet auch die Auflösung aller Endlichkeit in der unendlichen Wahrheit. Anders ausgedrückt: Der Geist hat eine Bestimmung und es ist seine Bestimmung, in der Endlichkeit zu hausen. Aber, diese Endlichkeit hat für den Geist keine Absolutheit und Losgelöstheit, sondern die Endlichkeit ist ein "Moment" in der unendlichen Bewegung des Geistes selbst. Die Natur und die Wirklichkeit (die man für eine solche ausgibt), sowohl die sinnliche als auch die abstrakte, sind keine Zufälligkeiten und auch keine Letztheiten, es sind keine absoluten Fremdheiten, es sind "Momente des Geistes selbst" sich so zu zeigen. Nichts fällt dem Menschen schwerer, als diesen Gedanken zu fassen, denn der Mensch weiß ja schon immer darüber Bescheid, was und wie die Wirklichkeit aussieht und wirklich ist ihm zunächst (und zumeist bleibt es so), die sinnliche Gewissheit, von der Hegel schon im 1. Kapitel seiner Phänomenologie des Geistes aufzeigt, dass in ihr der unendliche Geist haust. Die Formen der Endlichkeit sind Momente des Unendlichen selbst. Diese Situation hat es an sich, polemisch gegen die sogenannte Wirklichkeit zu sein: sie fällt in ihrem Wert zusammen.

 

 

(Weiterführung: Ich bin geliebt)

 

 


 

 

 

Voraus-Blick:

 

ARMUT IM GEISTE : denn ICH, dein GOTT - der dich ins Seyn gerufen hat - kenne weder Befehle noch Bedürfnisse!

 

[...]

 

 

 

 

ÜBER-SETZUNG ins SEYN

 

 

Von der Fremde in die „Wahrheit“

Seyn ist kein reales Prädikat (Kant)

Mai, 2020 – Was heißt: Wirklichkeit

 

 

Seyn ist kein reales Prädikat“. Was heißt das? Kant erörtert das in der Schrift: „Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes“ (1763).

 

Kant hat am Ende ge-irrt, er war ein Umher-Irrender und damit ein Suchender. Damals wollte man Gott noch demonstrativ „beweisen“; Hegel hat sich darüber empört und das Dasein Gottes, also seine Wirklichkeit und Wahrheit, in den „Begriff“ gedacht – d.h., er hat die einzige Wahrheit im Begriff „konkretisiert“.  Hegel versuchte das „Gebet im Begriff“.

 

Darum wird es jetzt gehen: vom Aussagemodus in den „Seyns-Modus“ über-zu-setzen – in der Sprache drückt sich das aus: es ist der Wechsel vom Aussage-Modus in das Gebet: Gebet durchbricht die Zeitlichkeit, durchmisst die Endlichkeit und stellt sich dem einzigen Seyn, der Wahrheit in Gott. Jene, die mich leiten, sind allererst der Heilige Geist – da ich ihn bitte, sodann Pater Johannes Schmid C.P., sodann Robert Kardinal Sarah, sodann Martin Heidegger und zuletzt Immanuel Kant mit seiner These: Seyn ist kein reales Prädikat. Seyn schreibt Kant als „Sein“ – der Begriff „Seyn“ stammt von Heidegger und meint das Tiefe der In-Frage-Stellung was wir eigentlich meinen: was ist das, die Wirklichkeit? Was heißt Sein/Seyn?

 

Die folgenden Ausführungen gelingen nur im Geführt-Seyn – sonst sind sie nichtig. Rilke ver-dichtete das: … erst wenn du Fänger wirst…; wenn das Wort also Gebet „ist“, ist die Über-Setzung, kann man sagen, „gelungen“. Das Wort ist Wort zunächst im Aussagemodus – dieser wendet sich im Hören-können in die „Stille“ – er-eignet die Stille, „ist Gebet“, letzte Ansprache: möge „diese Über-Setzung“ gelingen!

 

Heidegger nimmt die These Kants in der  Erörterung 1927 im Band GA 24 auf – diese Schrift ist -  meines Erachtens – die wichtigste in seinem Denken: 1 Jahr nach „Sein und Zeit“.

Jetzt aber ist es an der Zeit, Mai 2020, die „Grundlinie“ bloß zu legen – das, worauf es ankommt. Dazu ist nötig, sich selbst „zurück-zu-nehmen“ und dem Hören können Raum zu schaffen. Hin-Hören-können ist die Fähigkeit zum Empfangen-können: das „Stille-werden“ – wie Robert Kardinal Sarah in seinem wunderbaren Buch es benennt.

Die folgende Ausführung ist ein Zwiegespräch mit Martin Heidegger, Immanuel Kant, mit Kardinal Robert Sarah (Kraft der Stille) , mit Pater Johannes Schmid C.P. (Das Heilige Messopfer) und mit dem Heiligen Geist.

 

Das Zwiegespräch beginne mit einem Gebet. Beten „ist“ verwirklichte Zwiesprache – das Ziel, das Worauf-hin, das ist die Übersetzung vom Aussage-Modus in das Zwiegespräch. Das Zwiegespräch ist immer ein „hörendes“ – man hört, worauf es ankommt.

Daher: Hörend ist das Seyn – also das, was man meint: Wirklichkeit. Nur wer „hört“ und sich selbst zurücknimmt – in einer restlosen kenosis – ist „hörend“ – nur wer „hört“, betet – nur wer betet, über-setzt ins „Seyn“, also in die einzige Wirklichkeit Gottes, unseres Herrn. Das lateinische Gebet ist im Wesen das „nähere“, es ist der „alte lógos“ – also betend stehen wir im Seyn Gottes. Es möge gelingen, vom Aussage-Modus in den wahren „Seyns-Modus“ zu über-setzen. Heidegger sagte einmal: Hölderlin habe ihm die Zunge gelöst.

So bitten wir den „Heiligen Geist“ um die Führung in dieser Zwiesprache:

 

 

Veni, Sancte Spíritus,

Et emítte cáelitus

Lucis tuae rádium.

Veni, pater páuperum,

Veni, dator múnerum,

Veni, lumen córdium.

Consolátor óptime,

Dulcis hospes ánimae,

Dulce refrigérium.

In labóre réquies,

In aestu tempéries,

In fletu solátium.

O lux beatíssima,

Reple cordis íntima

Tuórum fidélium.

Sine tuo númine,

Nihil est in hómine,

Nihil est innóxium.

Lava quod est sórdidum,

Riga quod est áridum,

Sana quod est sáucium.

Flecte quod est rígidum,

Fove quod est frígidum,

Rege quod est dévium.

Da tuis fidélibus,

In te confidéntibus,

Sacrum septenárium.

Da virtútis méritum,

Da salútis éxitum,

Da perénne gáudium.

Amen. Halleluja.

 

 

 

 

(Weiterführung: In der Stille der Zeit – Anhaltung: Seyn ist kein reales Prädikat; 15.05.2020)


 

 

 

 

 

שְׁמַע יִשְׂרָאֵל: in der Über-Setzung

 

 

DASEIN

 

(Der Tor – oder: so spricht der Philosoph)

 

Da-sein = existentia; Scholastik: die Augen, die Sinne, gerichtet auf das, was vor den Händen liegt – das Sinnliche, Greifbare, mit den Sinnen Erfassbare – es gilt rundum als die einzige und für die allermeisten einzigste Wirklichkeit – Erbe des Positivismus. Was nicht greifbar ist, sagt man, ist nicht, existiert nicht – das Unsichtbare gibt es nicht, sagt man.

 

Wirklichkeit ist Realität – heißt es heutigentags. Was wirklich ist, ist real, was real ist, ist wirklich und nur was mit den Sinnen aufgenommen ist, ist real. (Sagt man! – wenn überhaupt) Denn, der Bruch ist selten oder gar nicht mehr – ein Dahintümpeln, eine Bewusstlosigkeit, ein Gehalten sein im bewusstlosen Augenblick, der sich selbst als solcher nicht mehr anspricht und beim Namen nennt. Man kann auch sagen: die Sprache spricht nicht mehr. Sprache spricht im Anhalten. Das Anhalten ist ein Stehen-bleiben, in diesem eine Wendung, ja, Rück-Schau.

 

Gelingt die Rück-Schau, beginnt die Sprache. Das ist der Anfang der Zwiesprache. Wie zeigt sich diese? Im Klang! Klang ist An-Klang! Dann spricht die Sprache und ist zugleich: Zwie-Sprache. Die eigentliche Zwie-Sprache ist wesentlich „mein Hören auf…“. Mein Hören auf… ist zugleich mein Aufhören. Der Scholastiker ist skeptisch: er bezweifelt die volle Einsicht in die quidditas Gottes. Fehlt diese Hinein-Sicht, ist die Existenz Gottes nicht herleitbar. Das ist scholastische Demut.

Sein ist kein „reales Prädikat“ – exponiert wird das am Seyn Gottes. So hoch dachte man damals. Heute dagegen? Der Geist liegt in den letzten Zügen. So ist „real“ das, was zur res gehört.

 

Hier beginne nun das Gespräch! Beginnt es?

 

Wirklichkeit berührt nicht die Realität. Wirklichkeit ist demnach keine reale Bestimmung – oder: Wirklichkeit ist selbst nichts Wirkliches.

Real, also im heutigen, bewusstlosen Sinne als Wirklichkeit genommen, ist gerade umgekehrt das, was zur „res“ gehört. Wirklich ist demnach niemals das Vorhandene, sondern das „rein Mögliche“ – hier beginnt das lebendige Denken. Realitäten sind daher Wesensbestimmungen oder Was-Gehalte. Das reale Prädikat:  gelingt der Sprung? Das Mögliche ist seinem Sachgehalt nach auch zugleich das des Wirklichen. Seyn dagegen ist eine „absolute Setzung“.

Was bedeutet das? Seyn = absolute Position?

 

[Orts-Wechsel: Frankreich und die Geist-losen Zustände]

 

Der Franzose beklagt: die Sprache hätte hier keinen Bezug zur „Realität“, keine Verbindung zur „Wirklichkeit“, die er meint: geistliche Wirklichkeit. Es ist da eine ausgetrocknete Begriffs-Sprache, sehr fein justiert und kontrolliert, kontaminiert einzig durch das sinnlich Fassbare; zumindest gilt jenes als Beginn und zugleich Ende jeder geistigen (nicht geistlichen) Betätigung. Sprache ist immer Ausdruck der inneren Verfasstheit. Die Geist-losen Zustände sind auch die unseren. Daher könne keiner mit der Realpräsenz etwas anfangen. Das ist einerseits gut, weil das die Macht des Ewigen anzeigt, also zugleich die Ungefährdetheit des bloß sinnlichen Zudrangs – die Wahrheit ist „erhaben“. Andererseits trocknet die Seele durch ihr eigenes Unvermögen nach und nach aus. Die Heilige Hostie bleibt dann ohne Mysterium für den Empfänger.

 

Es gilt: Was „wahr“ ist, ist „wirklich“ – was „wirklich“ ist, ist „wahr“. Wahrheit und Wirklichkeit decken sich – diese Gleichung „ist“.

 

Es gilt nun auch die Gleichung: Wahrheit = Wirklichkeit = Sein (Seyn) = Realität! Hier ist es nun, dieses wirken zu lassen. Heidegger wollte in „Sein und Zeit“ dies eine bei seinen Empfängern be-wirken: die Selbstverständlichkeiten der menschlichen Angelegenheiten allererst „frag-würdig“ zu machen – jemanden dazu zu bringen, das Selbstverständliche und Unhinterfragte erstmals in den Blick zu bringen – also aufzumerken – zu fragen: ja, was ist das eigentlich, die Wirklichkeit – was ist wirklich, was ist wahr, was ist real, was ist das eigentlich, das Sein, was ist das,  Endlichkeit, was ist das, Un-Endlichkeit?

 

Ich füge an, was sich Heidegger in „Sein und Zeit“ verbietet: Wer bist Du, Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde?

 

[Der Pater]

 

Noch tiefer graben! Keine bloßen Symbole – nichts sei im Sakralen bloßes Symbol. Jene Perspektive komme aus der Totenwelt, aus jener Wirklichkeit, die bloße Sinnlichkeit meint. Sprachliche Andeutung „ist“ Be-Wirkung. Sprachlich scheint alles gleich zu bleiben – das ist auch sicher so. Dennoch geschieht hier das Große Mysterium.

 

Um das zu begreifen, muss man sich verabschieden. So sagt er: Wir leben in ihm und mit ihm und Beide leben dennoch ihr eigenes Leben. Der, aus Todtnauberg, wusste das – er sprach aber nur in der Stille von diesem Heiligen Mysterium.

 

 

(In der Über-Setzung; Weiterführung, 20.05.2020)

 

 


 

 

 

 

HIMMLISCHE LITURGIE

 

 

Unsere ablaufende Zeit ist beständig und ewig unterfasst von einer „neuen Zeit“: der Tod ist nicht mehr. Er ist „wesentlich geschlagen“. Der Sieg des Herrn: ein für Alle Mal – dringt in unsere Todeswüsten ein.

Chronologische Zeit ist fortan nicht mehr die „erlöste Zeit“: man muss das jetzt fortan immer mitnehmen. Es heißt: Ist doch Christus „ein für alle Male“ gestorben und auferstanden: fortan dauert dieses einzige Ereignis an und vergeht nicht mehr: es währt in Ewigkeit.

 

Das – oder ein größtes Hindernis unserer schwerfälligen Denkungsart ist: an einen Jesus der Vergangenheit zu denken, an das, was er gesagt und getan hat – aber: Der Auferstandene IST – er ist keine Vergangenheit. Wäre er es, so suchte man den Lebenden unter den Toten. Man versucht so, sehr krampfhaft, sich mit einem historischen Jesus zu verbinden, zu einem einmal gewesenen irdischen Jesus.

 

Es ist das jetzt die Wende, die man vollziehen muss: der Herr ist nicht vergangen, sondern „gegenwärtig“. Der Herr ist nicht weg, sondern er ist  - alle Zeit unterfassend – ständig am Kommen in seinem Heiligen Leib: der Kirche.

 

„Mein Vater ist noch immer am Werk, und auch ich bin am Werk“ (Joh, 5,17). Die Neue Zeit in unserer alten Todes-Zeit ist wahrhaft eine Zeit der „Verklärung“, eine schon stattfindende Himmelfahrt. Und das geschieht "jetzt".

 

„Jetzt“ ist der Vater mit dem Sohn und dem Heiligen Geist am Wirken: Himmlische Liturgie. Es ist die Ewige Liturgie, sie hat keinen Anfang und kein Ende – sie dauert und währt und unterfasst alles Vergängliche, verleiht dem Vergänglichen ihren vorübergehenden Bestand. Diese – unsere jetzige Welt – geht vorüber, geht vorbei – geht hinüber, geht über: geht in ihr wahres Wesen (wahre Wirklichkeit) ein, oder holt das ein, was sie in ihrem Wesen schon ausmacht.

 

Vorweg ist zu sagen: das einzige Ereignis in unserer Geschichte IST die Liturgie und darin zentral das Sakrament der Sakramente: die Eucharistie.

 

Liturgie ist wesentlich: Werk und Handeln – genauer: öffentliches Werk und also Heiliges öffentliches Handeln. Da geschieht also das Wesentliche unserer (noch) versehrten Geschichte. Hier strömt eine unermessliche Energie (Synergie), die für unsere Todes-Sinne nicht fassbar ist.

 

Das Leben wird zur Liturgie: jetzt erst ist es: LEBEN. Der ewige Licht-Tag ist die Rückkehr des Sohnes zum Vater – dieser Licht-Tag ist der Tag, der keinen Abend kennt – der dauert und diese Dauer ist „gefeierte Ewigkeit“. Hier bricht (unser) jedes Zeitverständnis zusammen.

 

Man muss fragen: was ist das, eine „Feier“? Wir sagen ja oft: wir feiern z.B. die Heilige Messe – oder wir feiern dies oder das usw.

 

Ja, auf das Wesentliche hin  gesagt: gefeiert wird eigentlich nur das Vollendete, das in sich würdig ist, das in sich erhaben ist: Feier ist demnach DANKSAGUNG. Wofür eigentlich?

 

Was für eine Frage – das seit Ewigkeiten ausgelieferte Geschenk allen Seins findet bedingungslose Annahme und Rückgabe: die Gabe wird im Antlitz Christi Rück-Gabe an den Vater im Heiligen Geist – und zwar restlos. Man kann sagen: alles Geschöpfliche ist umsonstige Gabe – also Hin-Gabe – also Über-Lieferung, Aus-Lieferung „um-sonstig“ – „Gratis-Gabe“ – und zwar restlos.

 

Wer antwortet auf diese umsonstige Liebes-Hin-Gabe? Restlose Hin-Gabe hat einen innersten Sinn: sie ist reine LIEBE. Liebe gibt sich in ihrer reinsten Form restlos hin, sie liefert sich allem Risiko zum Trotz restlos aus auf die Gefahr hin, dass niemand „entsprechend“ antwortet.

 

Somit ist Liturgie ein ewiges Feiern einer Freude, der entsprechend geantwortet wurde, und zwar dieser restlosen Liebe gemäß. Es ist klar, dass die rechtmäßige Antwort auf so eine göttliche Liebe (agapé) nur ebenso eine göttliche, selbstlose Hingabe (Rück-Gabe) sein kann: der Sohn gibt sich restlos dem Vater zurück: Dein Wille geschehe! Der Sohn antwortet dem Vater und diese Antwort ist in sich „vollendet“: daher hebt mit dieser Antwort die Feier der Ewigen Liturgie an. Diese wird ohne Unterlass gefeiert. Der Vater freut sich jetzt ohne Unterlass am Sohn und wir Sterblichen feiern diese Freude des Vaters am Sohn und des Sohnes am Vater. Frage: freuen wir uns überhaupt?

 

Erstaunlich: des Menschen Antwort auf die Ewige Gabe ist die Ewige Freude des Vaters: die Antwort.

 

Der Vater „IST“ (Sein), er spricht sich im Ewigen Wort aus (Schöpfung) und niemand ist, der „antwortet“: Die Wege nach Zion trauern. Doch: Der Ewige Klang findet im fleischgewordenen Sohn seinen An-Klang und seine Entsprechung: hier findet (zeitenlos) der Ewige Widerklang statt. Das Fleisch im Sohn antwortet endlich: göttlich, also restlos hingegeben. Das Finale dieser Rück-Liebe äußert sich im reinen Dank, in der Dank-Sagung – was ja εὐχαριστέω wesentlich besagt. Erst hier, in dieser selbstlosen Liebes-Antwort, erwacht der „lebendige Mensch“. So wird der Vater im Sohn verherrlicht: von nun an ist diese Verherrlichung ohne Ende, sie ist Ewige Feier. Sprachlich lässt sich das nur mehr doxologisch ausdrücken: hier ist der Anklang des ohne Ende gefeierten Licht-Tages, der keinen Abend mehr kennt. Himmlischer Dank wird ohne Unterlass gefeiert und Himmlischer Dank ist Himmlische Liturgie, in dieser wird die Ewige Quelle gefeiert: der Vater mit dem Sohn im Heiligen Geist. Der Ewige Geber ist jetzt selbst zum Ewigen Empfänger geworden: das ist die innerste Mitte jeder liturgischen Feier, ihr innerstes Wesen, der reine, göttliche Puls-Schlag. Göttliche Gabe und Göttliche Empfängnis durchmachten von nun unsere gebrochene Schöpfung bis diese selbst zur Göttlichen Rück-Antwort geworden ist (das sind die letzten Zeiten).

 

In der Feier der Liturgie vollzieht sich ganz „real“ (jetzt im Sinne der realitas, quidditas) diese Göttliche Gabe und Rück-Gabe im Sohn: die Ewige Feier der Ewigen Freude. Der Höhepunkt dieser Himmlischen Liturgie (und eine andere gibt es wesentlich nicht) ist hier schon auf Erden die „Ewige Anbetung“ – zu der wir Sterblichen hinzu-treten (Frage: treten wir hinzu?).

 

Ein Wort, das von Heidegger selbst stammen könnte, klingt an: je-jetziger Vollzug! Gemeint ist dieses Geschehen des Heiligen Mysteriums, das der Sinnenwelt völlig entzogen bleibt. Im Himmel, heißt es, ist Anbetung ohne Unterlass. Wir Sterblichen können das mit unserer schwachen Ausstattung gar nicht sinnerfassend betrachten - deshalb fällt uns ja die Ewige Anbetung so schwer. Dagegen das wahre Sein, könnte man jetzt sagen, ist Ewige Anbetung, ewiger Lob-Gesang.

 

Gefeiert wird ohne Unterlass die Rückkehr des Sohnes in das Ewige Haus des Vaters und all „seiner Kinder“ – das ist das Wesen der Himmlischen Feier, die ja je-jetzig gefeiert wird. Diese Feier ist niemals Vergangenheit, sie ist auch nicht Zukunft: sondern eben je-jetzig sich darbringend. Allein dieses Geschehen ohne Anfang und Ende verdient allein „Ereignis“ genannt zu werden und wir, die Hinzutretenden – sind „real“ dabei. Der reale Sinn kann hier nur in der Wirklichkeit des Heiligen Geistes liegen: treten wir hinzu? Das ist die einzige, wirklich entscheidende Frage – so sie sich überhaupt noch stellt.

 

Von dieser Höhe her schlägt man unversehens in der Sinnlichkeit auf, die allerdings nun nicht mehr „real“ genannt werden kann: ihre Scheinwirklichkeit ist entblößt. So spricht das letzte Buch der Heiligen Schrift vom lebendigen Ein-Griff des Herrn in unser gebrochenes Sein: je-jetzig. Apokalyptisch leben wir: ob wir es wissen oder nicht.

 

Also: Nicht in weiter Entfernung oder Vergangenheit oder in ferner Zukunft: durch den Sohn ist unsere Menschheit (ousía) wesenhaft bereits in die Ewige Komm-union mit dem Vater eingetreten – bereits hinzugetreten (durch Taufe und Firmung). Diese Fülle ist es, die in der Himmlischen Liturgie gefeiert wird, der wir ja beiwohnen, die wir mit-feiern: „Schon-jetzt“.

 

Corbon sagt: Wir „sind in Christus bereits  im Ewigen Heute Gottes“ – das muss man sich einmal klar machen, was das bedeutet. Heute deutet auf das „Je-Jetzige“ – jetziges Geschehen hin.

Wir aber, wir Sterblichen, sind nach wie vor „versehrt und verwundet“ – die vom Tod gekennzeichnete Zeit rüttelt werktags an uns, so sehr, dass man darüber müde wird und zeitlebens einschläft. Es ist dies oft und oft ein Schlaf de Toten. Durch Taufe und Firmung sind wir Eingeschlafenen aber bereits hinzugetreten, durch ihn: der Auferstandene Herr hat uns wesentlich schon mitgenommen in den Tag, der keinen Abend mehr kennt: es ist der Ewige Sonntag, der wahre Tag des Herrn. Dieser Licht-Tag scheint in unsere Todes-Zeit bereits herein.

 

Daher liegen Tod und Auferstehung unseres Herrn nicht „hinter uns“ – vergangen: sondern je-jetzig in unserer Todes-Zeit voll-zieht sich dieses Mysterium und teilnehmend stehen wir mitten in diesem Vollzug. Die Apokalypse kommt nicht morgen oder übermorgen, sondern geschehend stehen wir mitten in ihr. Es tobt, so heißt es, ein wahrhaft „geistlicher Kampf“.

 

Wer jetzt noch im Kantischen Visier von Raum und Zeit rechnet, bleibt ein elender Gefangener der Todes-Zeit, die schwer an uns lastet. Der „elende Schrei“ bleibt elender Schrei – dennoch hat sich alles gewandelt, denn: durch das Blut Christi haben wir Zuversicht in das Heiligtum einzutreten (Hebr. 10,19). Es heißt in Hebräer: durch das Blut Christi haben wir Zuversicht – nicht durch unser eigenes: das sagt alles. Die Tür zum innersten Heiligtum ist „offen“ – durch ihn, unseren Erlöser.

 

Jede Selbsterlösung führt sich hier ad absurdum. Jetzt schenkt sich „mir“ je jetzig der Vater – in meiner Situation, er antwortet „mir“ – schenkt sich mir. Der Vater ist nicht mehr fern – er ist im Heiligen Kreuz und durch es in mein Kreuz herabgeneigt, je jetzig herabsteigend.

 

Mysterium: Geheimnis: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag (Joh 6, 56).

 

Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr  das Leben nicht in euch (Joh 6, 53).

 

Der „lange Karsamstag“ – er ist wirklich „unser“ Leben – der Leib Christi liegt verborgen in den Tiefen der Erde – auch in meiner. Mein Grab ist dennoch fortan „offen“ – weil der Leib Christi in meiner Erde ruht – der Tod „ist“ zerschmettert – er ist wesentlich tot. Weil der Herrenleib alle Erde durchmachtet ist der Tod endgültig getötet – also im Wesen „ist“ kein Tod mehr. Die Gräber sind „offen“ – geöffnet, der Tod ist nicht mehr: er hat kein Sein, keine Realität, keine Wirklichkeit - am Kreuz Christi offenbart sich die Schein-Realität des Todes: die Lüge des Todes fällt auf ihn selbst zurück.

 

Wer kann das begreifen?

 

Der lange Karsamstag ist wesentlich auch mein großer Tag des Schweigens: Zeit der Begegnung. Es ist jetzt Zeit, Ägypten zu verlassen. Das wird sich vollziehen in einem großen, heiligen Schwäche-Anfall.

 

Es wird darauf ankommen, ob wir den Auferstandenen willkommen heißen: er wird uns aus Ägypten herausführen, dieser Todeswüste. Der ewig Lebendige steigt je-jetzig in unsere Abgründe hinein um uns mitzunehmen, uns das Ewige Leben – und Leben ist nur „dieses“ – zu schenken.

 

Die Erde bleibt die Erde, die Welt bleibt die Welt, das Leid bleibt das Leid: und doch ist alles in ihm - dem Erlöser - schon „geheiligt“.

 

Wir „müssen“ hinzu-treten, denn es ist alles „umsonst geschenkt“.

 

 

SAKRAMENT DER SAKRAMENTE: EUCHARISTIE

 

 

Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus „mit-leben“: der Vater lässt uns in der Eucharistie an der Komm-Union in der Himmlischen Liturgie teilnehmen. Er, der auferstandene Christus, ist jetzt selbst „gegenwärtig“ – real anwesend, also „alleinig" wirklich: aller Realitäts-Sinn gewinnt von hier aus erst seine Sinn-Stiftung. Der Heilige Geist versammelt das Lebendigste im Lebendigen um Ewiges Leben zu „geben“.

 

Was „lebendiges Leben“ wesentlich „ist“, das erfahren wir in der Eucharistie: wenn wir uns mitnehmen lassen, das ist die Bedingung. Da kommt der lebendige Herr im lebendigen Wort auf uns zu, dann werden Tod und Auferstehung Christi  - also unsere Erlösung, der Sieg Christi über den Tod – ganz real lebendig in der Anaphora, im Hinauftragen: die Herzen empor – die Himmelfahrt Christi kann und ist jetzt auch „meine“ – wenn ich teilnehme; dann nehme ich Teil am Ewigen Leben selbst: wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben (Joh 6, 56). Wir, die Teilnehmenden, werden nicht „entlassen“ – sodass alles vorbei wäre, denn jetzt erst sind wir selbst zubereitet für die „Liturgie des Lebens“: der Alltag wird eingetaucht in das Mysterium der Fleischwerdung.

 

Der Teilnehmende ist selbst der Geopferte, wenn er teilnimmt und sich vom Heiligen Geist mitnehmen lässt. Bin ich also der, der „jetzt antwortet“? Wir selbst sind es, die mit ihm am Opfer-Altar sterben um mit ihm aufzuerstehen.

 

Erweckung des Glaubens: hier wäre jetzt der Ort zur Besinnung im Hebräer-Brief. Der Glaube, was er ist, v.a. was er für mich als „lebendiger“ bedeutet. Wesentlich kann ich – nach „jeder Feier“ – deren „nach“ vom Ewigen Je-Jetzt verschlungen ist – nicht mehr der Gleiche sein wie zuvor, derselbe wohl, aber wesentlich ver-wandelt. Im Augenblick der Herabrufung des Heiligen Geistes (Epiklese) durch den geweihten Priester, der ja Stellvertreter Christi selbst „ist“ – wird die Allmacht Gottes selbst „präsent“: …der Geist ist es, der lebendig macht (…) die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben. (Joh 6,63).

 

Es ist das jetzt der Ort der Besinnung in sich zu gehen, zu fragen: was heißt eigentlich „Sein“? Der ganze Hinweis auf Heidegger und seine Seins-Frage ist dieser In-Frage-stellung geschuldet, denn Heidegger war seit Aristoteles der einzige Denker, der die Frage nach dem Sinn von Sein „ausdrücklich“ zur Frage disponiert hat – zu fragen: was meinen wir eigentlich damit wenn wir sagen, etwas „ist“. Damit hängt zuinnerst zusammen die Frage nach dem Sinn von „Realität“ und wenn dann der Begriff von „Real-Präsenz“ ins Zentrum rückt, dann wird klar: was heißt denn das überhaupt – was bedeutet das eigentlich – oder: wie wirklich ist die Wirklichkeit, welche Dimensionen schlägt sie auf – ist das überhaupt noch eine Frage, die uns ergreift – und wenn nicht, woran liegt das?

 

Jesus selbst sagt: „Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben.“ Das ist nicht und kann nicht sein: Vergangenheit – nein, „jetzt, ganz real, spricht Jesus mich an, zu mir spricht er und was er sagt, „ist“ Geist und Leben – lebendigstes, heiligstes Leben. Zu fragen bleibt hier: was ist das eigentlich, „lebendigstes Leben“ – lebe ich schon wenn meine Organe bloß funktionieren oder ist das noch gar kein „Leben“? Ist mir das in diesem Augenblick bewusst? „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,14).

 

Wort-Liturgie ist dieses „lebendigste Ereignis“: also "Leben"– nehme ich daran Teil?

 

Dann, der Einsetzungsbericht in der Anaphora: die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi ist kein Menschenwerk; der Heilige Geist selbst ist am Werk, er ist der große Liturge der Wandlung: in diesem Göttlichen Geheimnis wandeln sich Brot und Wein „wahrhaft“ in Leib und Blut Christi. Der Herr selbst ist „da“ – Tod und Auferstehung unseres Herrn sind ganz gegenwärtig – wie damals auf Golgotha – dieselbe Wirklichkeit und ich nehme jetzt daran Teil: bin ich mir dessen bewusst? Jetzt wird der Tod endgültig „getötet“, jetzt wird der Fürst dieser Welt endgültig: ein für Alle Mal – entscheidend geschlagen, vernichtet. Jetzt erlöst „mich“ der Herr am Kreuz, er stirbt für mich am Kreuz. Bei der Vermischung von Brot und Kelch bewirkt der Heilige Geist unsere Wesens-Verwandlung in Christus: Kommunion-Liturgie, die daran Teilnehmenden (wir als Kirche) sind darin übergehend in ihren Herrn.

 

Dieses Heilige Ereignis (und Ereignis ist eigentlich nur dieses) ist Feier der Himmlischen Liturgie – der gesamte „Himmel“ ist zugegen, Maria, Johannes, alle Engel und Heiligen. Ist uns das bewusst? Wir, die Teilnehmenden, sind dann im Wesen nie mehr jene, die zuvor hinzugetreten sind – auch wir sind jetzt Wesens-„Verwandelte“ – Frage: sind wir es?

 

Antwort: Ja – wir sind es; auch wenn es zeitlich gesehen oder irdisch gesehen noch dauern wird, dieses Heilige Ereignis realistisch einzuholen, d.h., der sacralen realitas zu „entsprechen“ – oder wie es auch ganz anders heißen könnte: dem „Sein des Seienden zu ent-sprechen“ (Heidegger) – in diese Heilige Entsprechung hinein-zu-kommen.

 

Eucharistie ist damit der „Höhepunkt der liturgischen Feier“ – daher ist es ratsam, dieses einzigste Ereignis nochmals und nochmals zu betrachten:

 

 

 

WORT-LITURGIE

 

 

Erweckung meines Glaubens: erst der „lebendige Glaube“ ist des „Wortes“ mächtig, erst der lebendige Glaube ist bereitet für die Ankunft des Wortes. Das Ewige Wort ist der Herr selbst: er ist es „selbst“, der jetzt – in der Wort-Liturgie – real in unsere Versammlung herein-tritt. Er ist „ganz da“ – er selbst, und nicht liest irgendein Priester aus einem Buch vor, das zufällig Evangelium heißt. Das „Wort“ ruft – mich, der Herr ruft mich jetzt an und zwar ganz real. Er ruft mitten in mein Innerstes. Hier ereignet sich die tiefste Betroffenheit, ein Zwiegespräch wie es intimer nicht sein könnte und dem es eignet, meine innerste Mitte, das, was mein Wesen ausmacht, zu „wandeln“ – mögen die Stürme toben wie sie wollen (Mk 4, 39). Erst das „angerührte Herz“ ist in der Lage zur Anbetung. Ich bin jetzt nicht mehr bloßer Zuschauer oder Anhörer – sondern „An-Gerührter“ – vorausgesetzt: höre ich überhaupt – bin ich „recht gesinnt“? Das ist eine Frage des Willens und nicht des Gefühls.

 

Das „Ewige Wort“ wirft sich in die Welt in einer Heiligen Dichte, das unmittelbar wirkt was es sagt. Wenn der Herr spricht, „geschieht“ das Wort. Der, der das Ewige Wort beständig spricht, ihm wird jetzt „geantwortet“. Das Gehörte wirkt uns um, es verwandelt: der Heilige Geist ist es, der diese Wandlung vollzieht. Jetzt bin „ich“ angerufen – werde ich antworten?

 

 

 

ANAPHORA

 

 

Das „Ich“ spielt jetzt nur mehr eine untergeordnete Rolle – es räumt dem „Wir“ Vorrangstellung ein – wir, die wir hier versammelt sind, wir, die Kirche, die streitende, die leidende und die triumphierende Kirche und in ihr die Heiligste Dreifaltigkeit. „Empor die Herzen“ heißt: Teilnahme an der Himmelfahrt des Herrn, Teilnahme an der Heimkehr zum Vater: jetzt wird alle „sogenannte Wirklichkeit“ zur „wahren Wirklichkeit“ – die vom Tod bisher verzehrte Zeit „ist“ jetzt die vom Tod „befreite Zeit“: damit ist die innerste Logik der Sprache Doxologie geworden: ewige Danksagung (Eucharistie). Was sich jetzt und hier ereignet ist die Rückkehr des menschgewordenen Wortes zum Ewigen Vater, der uns, die wir teilnehmen, mitnimmt in diesem heiligen: Empor die Herzen.

 

Dieses einzige und Heilige Ereignis ist wesentlich: Mysterium – Heiliges Geheimnis. Eigentlich lässt sich dieses Geheimnis nicht mehr sprachlich über-setzen. Die Über-setzung ist jene, die der Heilige Geist an uns vollzieht, wir werden über-gesetzt in dieses Mysterium von Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus. Der Ausdruck dieser Herrlichkeit kann nur mehr das dreimalige Heilig – Heilig – Heilig (Sanctus) sein: Wahrhaft ist das jetzt der Gesang des Himmlischen Jerusalem.

 

Er, der Vater hat beschlossen: die Fülle der Zeiten heraufzuführen (Eph 1, 10) – in Christus alles zu vereinen, alles, was im Himmel und auf Erden ist.

 

Wenn der Vater „beschließt“ so liegt darin „alles“ und alles „ist“ alles: die Fülle der Zeiten. Mehr kann sich kein Geschöpf eigentlich wünschen, es ist das Höchste, Eigentlichste, Wesentlichste: wovon wir ausgehen und wohin wir zurückkehren – es ist das Mysterium unseres Heiles – das Mysterium also der Kirche.

 

Dieses „Heilige Alles“ (alles in allem) ist in Christus jetzt gegenwärtig, im Leib Christi zusammengefasst – jetzt und hier ereignet sich diese Fülle des Heils. Wir sind keine Außenstehenden mehr, sondern Teilnehmende in Christus, der vor dem Vater für uns eintritt. Die ganze Fülle unserer Heils-Geschichte „erfüllt sich jetzt im lebendigen Mysterim von Tod und Auferstehung unseres lebendigen Herrn“ – ganz real.

 

 

Daher ist das „Gedenken“ (anamnesis) nie nur eine magere Erinnerung an das, was war – sondern wesentlich: Er-Innerung: hinein-gehen in das Innerste unseres Heils-Geschehens – inne werden dieser Heiligen Gegenwärtigung, die ohne Ende am Werk „ist“:

„Mein Vater ist noch immer am Werk, und auch ich bin am Werk“ (Joh 5,17).

 

Es ist also gewiss: die Mauer unserer sterblichen Zeit ist „ein für Alle Mal“ durchbrochen. Das Gedenken hat also hier einen ganz anderen als den üblichen Sinn: Gedenken heißt eigentlich: über-setzen in die lebendige Gegenwart unseres Herrn Jesus Christus, der jetzt ganz Gegenwart „ist“. Damit wird das „Gedächtnis“ zur lebendigen Gegenwart – das ist der Sinn und der gesamte „Realismus“ unserer gefeierten Liturgie und in ihr der Eucharistie.

 

Nehme ich das Gedenken als bloße Erinnerung an ein Vergangenes, also er-INNERUNGS-los, ist das das eindringliche Kennzeichen unserer noch immer lastenden Todesmacht.

 

Wir feiern das Gedächtnis heißt eigentlich: dass die Gesamtheit der vom Heiligen Geist inspirierten Wundertaten „jetzt im Leib Christi gegenwärtig geborgen sind“ – im Heiligen Kelch der Synthese.

 

Der „Neue Bund“ vollendet sich im Gott-Menschen, der Sohn kehrt mit seiner gesamten Menschheit zum Vater zurück. Alles wird jetzt im Opfer-Tod Jesu geheiligt, alles, was durch die Sünde entstellt ist  - findet jetzt seine erlösende Heiligung im Herrn: der Tod wird jetzt endgültig entmachtet – Arznei der Unsterblichkeit (I.v. Antiochien).

 

Auch mein „Ich“ liegt jetzt am Opfer-Altar und der Heilige Geist wird vom Herrn selbst herabgerufen auf unsere Gaben: Sende Deinen lebensspenden Geist über uns und diese hier dargebrachten Gaben.

 

Restlose Hingabe seines Heiligen Lebens: letzte Erfüllung des Väterlichen Willens. Der Höhepunkt jeder liturgischen Feier ist auch unser „eigener Tod“ – unsere Ganz-Hingabe, unser Auf-Gabe. Jesus, unser Herr, nimmt uns „jetzt“ mit in seinen Tod und seine Auferstehung. Das ist der Höhepunkt jeder Eucharistie-Feier.

 

„Unseren Tod“ hat Jesus geheiligt, vernichtet, getötet – damit wir „leben“. Auch mein Tod ist jetzt „ein für alle Mal“ getötet – durch seine Ewige Liebes-Tat: Tod, wo bist Du?

 

„Blut und Wasser“ strömen aus der Seite Jesu hervor: der Heilige und Geist und das Ewige Leben im Blute Christi: der Tod ist nicht mehr, die Gräber sind von nun an geöffnet. Jesu Geist ergießt ich im Tod jedes Menschen, um ihm das Leben zu geben (Corbon). Jetzt, in der Feier-Stunde dieser Heiligen Messe, in diesem Ewigen Augenblick, strömt Jesu Geist aus über alles Fleisch – das sich ihm darbietet (das bleibt die Voraussetzung, dass ich das „annehme“) – und mein Fleisch hat damit jetzt schon Anteil an der Auferstehung Christi. Mein versehrter Leib gewinnt im Auferstandenen Herrn ewiges Leben.

 

Das alles vollzieht sich hier und jetzt, die alte Zeit hat keine Macht mehr – sie ist endgültig suspendiert, so auch der Tod, der endgültig entmachtet „ist“.

 

Jetzt also sind wir in Christus geeint vor dem Vater mit dem ganzen Himmlischen Heerscharen: „unser“ geeintes Gebet mit Christus „ist“ jetzt allmächtig: fürbittend betet der Heilige Geist selbst. „So“ selbst entäußert (kenosis) und in Kommunion mit der Heiligsten Dreifaltigkeit beginnt der Heilige Geist seine Handschrift in „meinem Tagebuch“. Gerade in „dieser“ Armut der Selbstentäußerung (Hingabe) ist das fürbittende Gebet am „wirksamsten“ – denn es ist das selbstloseste Gebet im Heiligen Geist.

 

Der ganze Himmel und wir in ihm beten jetzt mit dem Auferstandenen das Gebet, das er uns selbst lehrte.

 

 

 

KOMMUNION

 

 

Unser lebendige Glaube wird jetzt „erleuchtet“: wir „schauen“ das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt. Sein Heiliges Licht überwältigt uns, es erleuchtet alle Finsternis in uns und vernichtet sie.

 

„Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Letzen Tag“ (Joh 6, 54).

 

Eingetaucht sind wir in den Kelch des Ewigen Lebens – d.h. teilnehmend. Der Tod-Besieger nimmt mich auf und mit – ich bin ihm geeint: er, spendet jetzt das Ewige Leben, den Ewigen Licht-Tag, der keinen Abend mehr kennt.

 

Es ist „eine Energie der beiden“ – Synergie: Gabe und Empfang – ein Pulsschlag: wir werden zu dem, den wir empfangen und in den uns der Heilige Geist verwandelt hat (Perfekt). Teilnahme am Göttlichen Leben: das geschieht „jetzt“ und es hat auch kein Ende, so wie Christi Auferstehung kein Ende hat.

 

In diesem Augenblick der Vereinigung legen wir – ob wir es wissen oder nicht – ein ewiges Gelübde ab: zu lieben bis ans Ende – das ist Hingabe, die Göttliche Liebe in der Wahrheit unseres sterblichen Fleisches darzuleben.

 

Alles habe ich empfangen – alles gebe ich wieder hin. Die Liebes-Hingabe ist bedingungslos – sie behält nichts für sich zurück, sie ist in sich „durch und durch vertrauende Liebe“. Sie erwartet alles, glaubt alles und hofft alles – sie ist restlos ausgegeben, erwartet alles von ihm, unserem Herrn und nichts mehr von sich selbst (Demut). Auf ihren Lippen klingt ein ewiger Lob-Gesang: et exaltavit humiles. Ich selber bin mir nicht mehr Eigentum – ich war es ja wesentlich nie – jetzt aber stimme ich ein und zu: ich bin ER, mein Haus ist leer.

 

Diese „geistige Wirklichkeit“ – dieser geistige Realismus ist ja der einzige Sinn von Wirklichkeit und Wahrheit. Irgendwann, im Ablauf der Zeiten, hat sich dann doch die Ontologische Rückstrahlung des Seinsverständnisses der Vorhandenheit (Heidegger) so sehr in unser Fleisch eingegraben, dass von dieser armseligen Froschperspektive her das Heilige  nur mehr aus der Ferne – wenn überhaupt – angestarrt wurde.

 

Dagegen ist jede Eucharistie-Feier „die“ Gelegenheit schlechthin, augenblicklich in die ganze Wahrheit voll-ständig einzutauchen: wie reich ist doch unsere Heilige Kirche und in ihr die lebendigste Überlieferung.

 

Über-Lieferung heißt eigentlich: Göttliche Liebe – man nennt das Tradition (von tradere: über-liefern). Der Sinn jeder Überlieferung ist die Liebe, die sich bedingungslos schenkt – sich aus-liefert, also über-liefert, sich hin gibt. Die ganze Schöpfung spricht von dieser Göttlichen Über-Lieferung. Eucharistie feiern ist Dank-sagen für diese Gabe, der wir alle angehören und zugehören. Alles „ist“ versammelt in dieser kleinen, unscheinbaren und leblosen Gestalt der Heiligen Hostie: die ganze Fülle dieser lebendigen Wahrheit. Ich muss das alles nicht theoretisch begriffen haben – das hilft aber ungemein, das auch zu begreifen – ich muss es aber glauben – und Glaube ist das allerhöchste Wissen überhaupt, Glaube ist jene Logik,  die den Ewigen lógos birgt, diese Heilige Logik ist so wahr, dass ihr „Wort wirkt was es sagt“. Das sagt alles.

 

Habe ich also das erfasst, dann bin ich nicht mehr mein, ich bin Sein. Das Gebet: Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünde der Welt – erbarme dich unser – lebt in der Gewissheit, dass Er meine Sünde, meinen Tod, meine verzweifelte Liebesleere, mein Herz aus Stein hinwegträgt – das alles gehört nicht mehr mir, es ist nicht mehr „mein“.

 

Denn „mein“ ist gestorben: ich lebe, aber nicht mehr ich – sondern Du, Herr, in mir. Wir, die Teilnehmenden, sind fortan Sein und Er ist des Vaters – wir leben durch Ihn und Er durch den Vater.

 

So kann es geschehen und geschieht ja auch, dass im Wesen der Weg der Heiligkeit „dieser“ Weg ist, da der Heilige Geist in meine Todesnacht und Hölle eintaucht um uns dem Auferstandenen auszuliefern.

 

Der Ewige Durst des Vaters ist jetzt gestillt: Adam – wo bist Du? Nun, Angst – wo bist Du? Nun, Furcht – wo bist Du? Nun, Tod – wo bist Du?

 

Der Ewige Sohn nimmt uns mit zum Vater: das Feiern wir in der Eucharistie: hat uns dieser Realismus in unserer innersten Mitte ergriffen, verlassen wir nur scheinbar diese Feier – im Schein nur und wesentlich als „Heilige“. Auch wenn es noch sehr lange dauern sollte, bis wir unsere Heiligkeit alltagsgemäß einholen – wesentlich ist sie uns jetzt schon „geschenkt und geworden“ (ousía).

 

In der Oster-Homilie des Pseudo-Epiphanius heißt es:

 

 

Erhebe dich aus den Toten!

Erhebe dich, laßt uns von hinnen gehen,

denn du bist Mein und Ich bin dein:

wir bilden zusammen ein unteilbares Wesen…

Erhebe dich, wir wollen von hinnen scheiden,

vom Tod zum Leben,

vom Verweslichen zum unverweslichen,

von den Finsternissen zum ewigen Licht.

 

 

 

VOM  BLEIBEN  oder:  DIE FEIER DER NEUEN ZEIT

 

 

Unserer selbst uns entledigen: so vollendet der Heilige Geist das Opfer, die Opfer-Gabe, die ja im Wesen Christus selbst darbringt – in Vollendung. Bei der Rückkehr in den Alltag ist man „wesentlich“ nicht mehr der, der zur Feier hinzutrat. Wesentlich kann sich die Heilige Feier nicht mehr „wiederholen“ in einem zyklischen Geschehen – im Gegenteil: die horizontale Zeit ist ja wesentlich durchbrochen durch die ewig andauernde Auferstehung unseres Herrn.

 

Die Geschehnisse des Alltags bleiben die gleichen, die Aufgaben, Verpflichtungen, Freuden, Sorgen und Ängste, die Krankheiten, das vergängliche Glück, all die Dinge, die uns berücken und beunruhigen – alles ist nach wie vor da.

 

Nichts hat sich durch die Heilige Feier geändert: scheinbar. Doch: alles ist dennoch anders! Gehöre ich mir wesentlich nicht mehr selbst, dann gehöre ich IHM, Christus, das Hoheitsrecht über mich hat er. Von mir selbst be-freit werde ich von nun an wie ein Blinder geführt, je mehr nicht mehr „ich“ sehe, desto besser.

 

Das ist die sogenannte „Freiheit der Kinder Gottes“. Damit zeigt sich die liturgische Feier nicht mehr chronologisch, sondern „bleibend“. Alle Tage sind dann zwar in gewisser Weise noch „Alltag“ – aber im Wesen „verwandelt“: eigentlich währender Sonntag, der Tag, der keinen Abend mehr kennt. Alle Tage sind in diesen Ewigen Licht-Tag hineinverwandelt.

 

 

Der Herr ist am Werk die Welt einzubergen in seinen Geist. In unsere sterbliche Zeit fällt bereits „jetzt und wesentlich“ eine vom Tod befreite Zeit ein: diese „Neue Zeit“ wirkt ohne Unterlass und bereitet mehr und mehr den Ewigen Licht-Tag, der mehr und mehr die alte Welt aufsaugt: bis aller sterbliche Schleier zerreißt. Dieses Heilige Geschehnis ist „jetzt“ – „Heute“.

 

 

Es ist das Heute des „lebendigen Gottes“. Für alle Hinzugetretenen leuchtet der Ewige Licht-Tag bereits – der nie mehr erlischt. Wenn wir Christus feiern – und das ist wesentlich Eucharistie – dann dringt der Tag, der keinen Abend mehr kennt, in unsere sterbliche Zeit ein und damit wird unsere Todes-Zeit sakramental, also geheiligt. Im Psalm 128, 24 heißt es:

 

Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; wir wollen jubeln und uns an ihm freuen.

 

Die Fülle der Zeit, in der der Tod entscheidend geschlagen ist – ist bereits angebrochen: der strahlende Tag der Auferstehung – er ist die strahlende Energie – die immerwährende Energie des Heiligen Geistes in unsere sterbliche Zeit hinein und somit Synergie.

 

Diese „Neue Zeit“, der Ewige Lichttag der Auferstehung und unsere alte Zeit, die sterbliche, begegnen nun einander: entscheidend machtet von nun an die Ewige Liturgie in der alten Zeit – wenn ich bereitet bin, wenn ich geöffnet bin: das bleibt die durchgängige Voraussetzung. Das Mysterium gewinnt mehr und mehr Seins-Macht in der alten Welt.

 

 

Damit wird der Jahreslauf selbst liturgisch-sakramental, geheiligt, er ist nicht mehr zyklisch, wiederholend: man kann daher sagen: jeder All-Tag „ist“ Sonntag. Anstelle der zyklischen alten und chronologischen Zeit tritt „die Entfaltung des Mysteriums der Auferstehung unseres Herrn“. Der chronos machtet weiterhin, aber er ist im Wesen „ent-machtet“. Jedes Gebet ist ja schon im Wesen Zeugnis der Machtlosigkeit jeder Chronologie, denn das Gebet ist das Eingeständnis und zugleich die Zustimmung zum Ewigen Licht-Tag, der Widerhall, die Antwort an den Ewigen. Der Ostermorgen vergeht nicht mehr, die Chronologie ist wesentloch entmachtet, was folgt ist kein Ablauf mehr, sondern Hin-Dehnung (daher die Oster-Oktav). Jeder Tag ist neu im Glanz der Auferstehung des Herrn. Von nun an gibt es so gesehen weder ein nicht mehr… noch ein auf zu… oder ein jetzt…, sondern einzig ein „je jetziges…“.

 

Der Ablauf der Zeiten hat sich in ein „lichter werden des Ewigen Licht-Tages“ verwandelt. Das Mysterium ist zur Gänze entäußert und zieht das Versehrte in sein Heiligtum. Der Alltag wird zur liturgischen Fülle und Feier. Wenn es jetzt noch Stationen geben sollte, so sind sie in ihren Momenten durch und durch liturgisch: Rückkehr der Neuen Schöpfung ins Paradies, Kommunion mit dem auferstandenen Herrn, Theophanie und Epiphanie unseres Herrn, Zeit der Theosis, Gleichgestaltung mit dem Herrlichkeitsleib: dieser heilige Leib des Herrn ist am Wachsen, er kennt keinen Anfang mehr und kein Ende, jeder Zeitmaßstab zerbricht an ihm, da der Tod nicht mehr ist.

 

Das klingt nach sentimentaler Welt-Flucht, ist es aber nicht, sondern realste Gegenwärtigung des Mysteriums der Heiligsten Dreifaltigkeit. So flutet mit Christ-König das Mysterium in seine Offenbarung in der Taufe Jesu am Jordan, die Ankunft des Herrn in unserer alten Zeit ist zugleich ewig neuer Anfang auch unserer Zeit hin zur erlösten Fülle am Kreuz und aushauchend den Geist in der Umgestaltung des Leibes des Herrn in der Teilnahme (im Hinzutreten) am lebenspendenden Kreuz. Jede Heilige Kommunion ist daher im Wesen ohne Anfang und Ende, sie ist von nun an wesentlich „Heiliges Dauer-Ereignis“, das im Wesen schon heilig daran geht, das Fleisch in sein heiliges Wesen umzuwandeln: das sind die Heiligen. Die Lebensbäume tragen nun Frucht, 12 x im Jahr, das heißt „immerfort“ – ohne Anfang und ohne Ende. Der nie mehr endende Auferstehungstag unseres Herrn, der ewige Sonntag, vergegenwärtigt uns den Einbruch der gesamten Himmlischen Liturgie in unsere verwesliche Zeit. An diesem Tag „geschieht“ unser geheimnisvoller Eingang in die Freiheit der Kinder Gottes: hier nun „wirkt der Herr“ mit göttlicher Macht: wir nehmen daran Teil am göttlichen Mahl und nehmen schon jetzt vorweg, was uns eine ganze Ewigkeit lang beschäftigen wird: Ewige Anbetung.

 

Es ist der Tag des Herrn, an dem die Göttliche Kraft und Energie in ihrer Stille am wirksamsten am Werk ist: schöpferischer Aufbruch, Fest und wahre Freude. Alle Worte, alle Taten und alle Gedanken sind von nun an dem Wort Gottes geschuldet: alle Tage des Lebens sind umgewandelt in alle Tage des Wortes und das Wort ist der Auferstandene. Die befreite Seele lebt aus ihm, mit ihm und in ihm: das ist von nun an das einzig Notwendige – alles andere dagegen bleibt wesensschwach liegen. Der Zeitenablauf ist gedehnter Augenblick im Herren-Licht. Ein reines „Wunder“ der gelebten Liturgie, es ist das wahrhaft ein Ewiges Leben, das jetzt schon kein Ende mehr kennt.

 

Die Neue Zeit beginnt ja wesentlich damit, dass Gottes Wort in Maria Fleisch wird – so auch jetzt die Neue Zeit, in der das Wort „Fleisch“ wird. Zeichen der Wandlung wird sein, dass das Heilige Wort in unseren versehrten Räumen – das darf und muss auch ganz personal verstanden werden – eine Heilige Mitte einnimmt. Das Mysterium des Ewigen Sonntags bestimmt fortan die Alte Zeit: die jetzige, sterbliche Zeit wird gewandelt: die sterbliche Zeit wird dem Heiligen Geist dargeboten – alle Zeit ist damit unterfasst im Gebet ohne Unterlass: Gebet ohne Unterlass ist der Dank ohne Unterlass, der Psalm, der niemals aufhört.

 

Denn die „Zeit – ist (Sein) – erfüllt“ – und der Ausdruck, die Antwort auf diese Erfüllung, kann nur der Lob-Gesang der Hinzugetretenen sein. Das Ewige Wort kommt nicht nur an  - es ist bereits in Fülle da und die Begegnung mit ihm kann nur im Schweigen des reinen Glaubens liegen: alles ist bereits in Fülle da – es gibt nichts hinzuzufügen oder zu leisten: der Ewige er-wartet die Hinzutretenden.

 

Zu sagen gibt es hier wesentlich nichts mehr: das staunende Schweigen ist das Hinhören auf das erfüllte Ewige Wort. Auf diese Heilige Stille antwortet der Heilige Gesang.

Die Hinzutretenden sind jene, die in den Heiligen Gesang mit-ein-stimmen. In diesem gedehnten Augenblick bin nicht mehr „ich“ es, der betet – sondern der Heilige Geist selbst betet und saugt in sich die verstreuten Kinder auf: die Gestalt dieser Welt vergeht.

 

Es ist recht betrachtet wie beim Gebet des Rosenkranzes, der eigentlich ohne Unterlass gesungen wird; trete ich hinzu, dann schwingt sich mein Geist ein in diesen unablässigen Gesang und verliert sich in ihm: „…denn die Gestalt dieser Welt vergeht“ (1 Kor, 7, 31).

 

Die „Zeit sei kurz“, mahnt Paulus an dieser Stelle im Korinther-Brief. Es ist jene Zeit, die den Schein von Sein vor sich her trägt und viel Lärm um ihr Nichts macht.

 

In der Offenbarung des Heiligen Johannes eröffnet sich uns schon jetzt ein Ausblick in das, was uns ja, den Hinzutretenden, jetzt schon angelegen (reine Realität) ist und uns eine „Ewigkeit lang“ beschäftigen wird: Ewige Anbetung.

 

„Der Thron Gottes und des Lammes wird in der Stadt stehen, und seine Knechte werden ihm dienen. Sie werden sein Angesicht schauen, und sein Name ist auf ihre Stirn geschrieben. Es wird keine Nacht mehr geben, und sie brauchen weder das Licht einer Lampe noch das Licht der Sonne. Denn der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten, und sie werden herrschen in alle Ewigkeit“ (Apk 22,5).

 

Die Neue Zeit ist nicht eine Zeit-Form der uns bekannten, sondern der Auferstandene Christus „ist“ der Ewige Licht-Tag, der keinen Abend mehr kennt – er ist für uns die „Neue Zeit“ – er ist der „Bleibende“ in unserer „kurzen Zeit“. Wir feiern „ihn“ – wir loben „ihn“ – wir danken „ihm“ – wir beten „ihn“ an. Mittelpunkt aller Liturgie „ist“ Christus, der Auferstandene – der lebendige Christus, nicht ein eingebildeter oder vergangener oder bloß historischer.

 

Wenn er kommt in Herrlichkeit, so ist er „jetzt schon mit seinem Vater am Werk“: bis sich alles im Licht des Tages seiner Ankunft voll-endet.

 

Wer hinzutritt, „feiert diese ewige Himmlische Liturgie“ – mit: dass die Sinnlichkeit keinen Zutritt zu dieser Heiligen und Ewigen Feier hat, ist der Garant schlechthin für das Wahr-Sein der Göttlichen Wirklichkeit, deren Realität uns wesentlich „trägt“ und durchströmt.

 

 

Eintreten – hineingehen: in die Liturgie, sich mitreißen lassen von ihrem Lebens-Strom.

 

Die göttliche Über-Lieferung ist ihre Aus-Lieferung und Hin-Gabe. Der Vater, der Schöpfer des Himmels und der Erde, gibt sein Wort restlos hin (den Sohn) und verschwendet restlos seinen Hauch (Heiliger Geist): bis die versehrte Schöpfung in seiner Liebe vollendet ist.

 

Gott wird Mensch: „so sehr“ hat Gott die Welt geliebt. Gott, der Urgrund allen Seins, muss dieses Geschöpf Mensch „unendlich“ lieben, dieses Geschöpf ist ihm alles Wert – er gibt seinen geliebten Sohn für uns dahin.

 

Wer kann das fassen? Er ist kein ferner, abgetrennter Vater, sondern einer, der in unsere Gebrochenheit hineingeht, sie über-nimmt und erlöst. „So“ einen Vater beten wir an. ER bleibt auch bei uns, in unserem Elend, gibt sich hin in der Eucharistie, kommt zu mir, steigt in meine Gebrochenheit wieder und wieder, wird wieder und wieder gekreuzigt: „diese“ Liebe ist wahnsinnig vor Liebe.

 

Wie wird „meine Antwort“ auf diese Liebe sein? Antworte ich überhaupt? Hat sie – diese Liebe -  nicht allererst und an erster Stelle den Vorrang auf meine Gegen-Liebe? Muss ihr nicht der allererste Platz eingeräumt werden? Hat sie nicht das allererste Anrecht unserer Antworten vor allen Antworten?

 

Der Schöpfer schenkt nicht nur alles, in dem er es ins Sein ruft – er „rettet“ die Verlorenen mit seiner ganzen Liebes-Hingabe. Das ist unser aller Vater. Er schenkt nicht „etwas“ – er schenkt „sich“: und das ist das Wesen der Liebe.

 

Das Geschenk der Eucharistie ist keine Erinnerungs- oder Gedenkveranstaltung, in ihrer Feier sind wir unmittelbar „dabei“, eingetaucht in dieses göttliche Heils-Mysterium – jetzt findet auch meine Erlösung durch ihn, den Erbarmer, statt: unmittelbar „sind“ wir fortan die Erlösten – durch seine Wunden sind wir geheilt.

 

Das ist das Wesen der Quell-Liturgie, der ewige Lebens-Strom flutet jetzt am Urgrund unseres Seins ohne Anfang und Ende und wer bereit ist, lässt sich von ihm mitreißen. Liturgie ist daher kein „geschichtliches Ereignis“ innerhalb unserer Geschichten – im Gegenteil: der auferstandene Leib unseres Herrn Jesus Christus, der beim Vater lebt, wird in der Liturgie uns Menschen dahingegeben – der ewiges Leben spendende Leib Christi – damit wir, die Sterblichen und Versehrten, das ewige Leben „haben“. U9

 

Nie wird die Liturgie „wiederholt“ – sie ist immer und stets „neu“: anfänglich. Mit ihr pulsiert der ewige Herzschlag des Vaters mit dem Sohn im Heiligen Geist, der uns teilnehmen lässt an dieser Liebes-Hingabe.

 

Johannes schaut dieses Göttliche Herz-Mysterium: für Johannes und die Schauenden gibt es keine Trennung mehr zwischen kirchlicher Feier (sonntäglich) und den sonstigen Werktagen, unseren Alltagen, zwischen Heiliger Stunde und Leben des Alltags.

 

Wahrhaft: diese Trennung war bislang nur Schein – ein Schleier, der jetzt endgültig zerrissen ist (der Tempelvorhang).

 

Wir leben nicht schon, weil wir in die Welt geworfen sind (Heidegger), wir leben erst als Hinzutretende (unserer Sinnlichkeit ist dieses Mysterium verschlossen  - und so erst kann es „wahr“ sein).

 

Wir setzen automatisch falsch an, kommen immer zyklisch aus dem Machtbereich der sinnlichen Einprägungen und Versehrtheiten. Wir müssen „um-kehren“.

 

Bei Heidegger – und das ist kein Zufall, gibt es die sogenannte „Kehre“ im Denken: wir haben ebenso jeden Grund um-zu-kehren: Umkehr ist eigentlich Heimkehr; der verlorene Sohn kehrt um, er kommt endlich nachhause. Wir setzen falsch an: von der Erlösung her müssen wir kommen – der betende Mensch „ist“ der erlöste Mensch, er ist der Hinzutretende.

 

Der Allmächtige und auferstandene Herr zieht alles an sich, er ist der Herr der Geschichte: er ist es, der wahrhaft „lebendig“ macht.

 

Wer mag das fassen? Aber es ist wahr: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag“ (Joh 6,54).

Das Eucharistische Mahl schenkt das Ewige Leben: diese Ewige Gabe verlangt unsere ganze Antwort, unser Ja in unserer ganzen Armut.

 

„Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde (noch)j Glauben vorfinden?“ (Lk 18,8).

 

Glaube ist, so im Hebräerbrief (11,1), „…Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht.

 

Der Glaube ist Wissen vom höchsten lógos, daher kann das Gewisseste was zu wissen ist nur jenseits aller Sinnlichkeit liegen. Der Menschensohn kommt und kommt, er ist ständig am Werk: wird er mich finden in einer Sicht, die alle sinnliche Sicht überragt?

 

…der in uns den Glauben stärke!

 

Glaube ist niemals eine Option, Glaube ist „Verpflichtung“ zum Ewigen Leben – zum „lebendig sein“. Erst der Glaubende hat das Leben und er sieht den Herrn und alle Engel: der Glaubende spricht sein Gebet in der Stille der Ewigen Anbetung.

 

„Der Geist ist es, der lebendig macht…“ (Joh 6,63).

 

So ist alles schon bereitet, alles ist schon wahrhaft „da“, wer die Quelle erreicht, indem er hinzutritt, wird vom ewigen Lebensstrom mitgerissen.

 

Sonderbar: wie sehr ist uns diese Wirklichkeit (und eine andere gibt es wesentlich nicht) abhandengekommen.

 

Jederzeit aber steht uns die Kehre offen, indem wir hinzutreten: im Gebet – in der Eucharistie- in der Heiligen Eucharistischen Anbetung.

 

Bitten wir Maria, unsere mächtigste Fürsprecherin, um ihre Hilfe: Sie möge für uns eintreten, Sie möge ergänzen, was wir noch nicht vermögen. Maria wird es tun – Sie ist unsere Zuflucht, Sie ist unsere Retterin, Sie nimmt uns und trägt unsere verwundeten Herzen zu Ihm, zu unserem Heiland und Retter.

 

Amen

 

 

(Februar, 2021)

 

 


 

 

 

μυστήριον  (Februar, 2021)

 

Der Tag, der keinen Abend kennt

 

 

Sein ist kein reales Prädikat (Kant) – essentia und existentia (Thomas, Scotus, Suarez) – res extensa / res cogitans (Neuzeit) – das Sein der Logik (Positivismus).

 

Dann: die ontologische Differenz: Zeit und Zeitlichkeit / von hier ausgehend:

 

HGA 24 / § 19: Zeit und Zeitlichkeit

 

Es fehlt die Orientierung. Zyklus: ein Kreislauf, Wiederholung, Wiederkehr – es kommt / es geht / es kommt / es geht…

 

Zeit als Ablauf und Wiederkehr, Ablauf und Wiederholung: Sabbat: Symbol unserer zyklischen Zeit – der Sabbat kehrt wieder und wieder, wieder-holt sich… Zeit, so gesehen, ist orientiert nach HGA 24 am Seinsverständnis des Vorhanden-Seins (also völlig außenorientiert / bewusstlos orientiert). Heidegger kennzeichnet das mit „Verfallen sein“. Der Fall ist der Sturz (ruina) – an das Außen verfallen, oder: der Aufschlag im Außen,; so auch die Zeit.

 

Was ist es um den Sabbat? Im Kreuzweg, XIII. Station heißt es: Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt.

 

Voraus geht (Zeit als zyklische verstanden): Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen. Die Gottverlassenheit – mysterium unserer Todesnacht. Die Macht der Finsternis scheint real – das realste, könnte man meinen (was heißt Realität?). Diese Macht aber „scheint“ nur. Denn: „Vater, in Deine Hände übergebe ich meinen Geist“ – der Tod „ist“ besiegt – ein für alles mal (daher: was heißt dieses „ist“ – dieses Sein? Der Schoß der Jungfrau nimmt ihren Herrn und Sohn auf: der Unverwesliche steigt hinab in die stummen Tiefen – der Herr wirkt auch am Sabbat (während alle Arbeit ruht). „Hinabgestiegen in das Reich des Todes…“ – der lange Karsamstag: Schweigen der Auferstehung.

 

Fortan IST Jesus: heißt es bei Corbon. Sein wird hier einzig groß geschrieben um das Unausdrückbare in seinem mysterium anzudeuten. Dieses Sein des Auferstandenen währt – der Tag, der keinen Abend kennt. Sein muss fortan von hier aus begriffen werden: nach dem Maß „ihres Glaubens“ -  vgl. Hebräer, 11, 1-39.

 

Also: Überzeugt sein von Dingen, die man nicht sieht.

Markus 16,1: Als der Sabbat vorüber war, heißt es. Vorüber, vorbei, vergangen: tödliches Zeitverständnis. Er, der Ewige, der Gottmensch, tritt in den Tod ein – der Unsterbliche liefert sich dem Tod aus – die Wahrheit selbst ist aber unsterblich, Jesus Christus: die Lüge, der Tod selbst, stirbt am Kreuz (Corbon). Von nun an IST der Tod nicht mehr. Die Schöpfung, fortan vom Tod befreit: das heißt, dieses mysterium kann somit keine Vergangenheit sein – dieses mysterium ist jenseits, diesseits der Zeitlichkeit – es „unterfasst“ damit alle Zeitlichkeit, die nur ihren Schein be-wahren kann im Licht der Wahrheit selbst.

 

Maria nimmt den Unsterblichen in ihren Schoß auf: Sie, die Immaculata, allein kann den Herrn bergen. Bei der Grablegung nimmt die „Erde“ den unverweslichen Herrn auf: fortan ist die Erde – jede Erde – geheiligt, unverweslich (Johannes 6, sqq.), die ihren Herrn aufnimmt: et exaltavit humiles, heißt es im Magnificat.

 

Der Auferstandene IST: Sein ist fortan bedeutend: „ein für alle Mal“ – dieses Ein für Alle Mal kennt keine Zeit mehr. Tod und Auferstehung – heißt es an anderer Stelle, ist das „einzigste Ereignis“ unserer tödlichen Geschichte.

 

Was hier auch einstmals historisch geschah – IST fortan zeitenlos unsere Todeszeit ewig „unterfassend“. Man muss das lange betrachten. Im Großen Glaubensbekenntnis beten wir: Wir glauben an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, gezeugt – nicht geschaffen…

 

„Gezeugt“: jetzt ist die Geburt des Ewigen Licht-Tages in unserer Todes-Nacht. Die Quelle des Ewigen Lebens ist fortan der Vater mit dem Sohn im Heiligen Geist. Der Sohn, das Ewige Wort, hat uns bereits mitgenommen, aus unserer TodesZEIT hat er uns bereits im Wesen erlöst. Die „Menschheit“ ist in Christus ewig auferstanden – somit auch meine; Menschheit deutet auf die Zugehörigkeit im Wesen hin. Fortan ist der Sohn mit dem Vater und dem Heiligen Geist: er lebt in seiner gesamten Menschheit „fortan“ – alle Zeit unterfassend – Natur, Wille, Energie: es ist wahrhaft: vollbracht. Alles Geschaffene dagegen bleibt verweslich, vergeht, geht in der Zeitlichkeit zugrunde.

 

Der Hebräerbrief ist nicht nur jetzt im Jänner und Februar liturgisch präsent, sondern ganz besonders in Bezug auf dieses „ein für alle Mal“.

 

Jesu Auferstehung ist nicht vergangen – Jeus Auferstehung ist der „Tod des Todes“. Jesus Christus ist „ein für Alle Mal“ in das Heiligtum hineingegangen (Hebr. 9, 12). Er ist damit „der“ Mittler des Neuen und ewigen Bundes.

 

Das reicht: die „vergehende Zeit“ ist eine Gefangene des Todes, so Corbon. Wenn die Zeit aber aus dem Tod „befreit“ ist, die Zeit als Gefangene, dann kann sie nicht mehr „vergehen“. Daher: Kreuz und Auferstehung „vergehen nicht mehr“. Das ist auch der wahre Wesenskern der „Realpräsenz“ im Heiligen Messopfer, ein wahres Aufscheinen der Ewigen Unterfassung des Lichtes in unserer Todesnacht. Daher richtig: Tod und Auferstehung sind das einzige Ereignis in unserer Geschichte – alle anderen Ereignisse vergehen, sind sterblich, werden einmal tot sein – allein Tod und Auferstehung Jesu Christi vergehen nicht.

 

Da ist wahrhaft etwas geschehen, das nur im Glauben erfasst werden kann, und der Glaube ist das Wissen vom Höchsten, das sozusagen „Gewisseste“ was gewusst werden kann, dagegen alles andere Wissen ontologisch abgemagert und unterernährt ist. Die Menschheit im Auferstandenen ist geheiligt und vollzieht von nun an die ewige Danksagung – es beginnt und endet nicht mehr: das Werk der ewigen Danksagung: Himmlische Liturgie. Sie ist der Ursprung auch der irdischen. Aber das verstellt im Wesen den Blick in das Eine: denn himmlische und irdische Liturgie sind ein „ewiges Werk“ der Danksagung ohne Unterlass. Das Eucharistische Hochgebet ist Ausdruck dieser Danksagung ohne Unterlass. Dieses öffentliche, besser, allumfassende Werk der Danksagung, unterfasst uns alle, die Sterblichen und die Göttlichen, die Heiligen, ja die gesamte Schöpfung. Es ist alles bereits „erfüllt in Ewigkeit“ – obzwar die Schöpfung  und wir in ihr noch „versehrt sind“; das ändert nichts an der bereits durch Christus unseren Herrn geheiligten Menschheit (ousía).

 

Fortan bleibt: jedes weltliche Ereignis, jedes Vergängliche, bleibt fortan unterfasst vom Auferstandenen: ein für Alle Mal. Man kann auch sagen: Einer – er, Christus – für ALLE-  und wir ALLE – für ihn: das ist im Wesen LITURGIE: öffentliches Werk, Werk Gottes in uns und wir in ihm.

 

Es bleibt für uns das einzuholen, was im Wesen schon andauert: für den Getauften, der ja schon im Wesen ein Auferstandener in Christus ist. So laufen wir ein Leben lang dem hinterher, was uns in unserer Seele schon einwohnt und bewohnt und be-geistert. Herz Gottes und Herz des Menschen sind hier schon zur einen Schlagader  - zu einem Pulsschlag „geworden“ – dieses Ereignis ist nicht Vergangenheit -  es unterfasst alles Geschehen und vergeht nicht mehr.

 

Um das, was hier Realität meint – und als einzige Realität, wirklich im Sinne der realitas, der Wesenheit, am Werk „ist“ – „ahnt“ man von der „Himmlischen Liturgie“ her – die wir schon feiern dürfen, wenn wir, das bleibt die Voraussetzung: hin-zu-treten.


 

 

 

Μυστήριον  (1. Fastensonntag 2021)

 

 

Die   BEGEGNUNG

 

 

Erwartung: warum eigentlich? Überall und allezeit: Erwartung – ein Durst, ein Hunger – ungestillt.

Wo wird das sein? Und dann? Wo also „ist“ der Ort der Begegnung, die Stätte, wo das Leben zu seinem Quell zurückfindet?

 

Ist das überhaupt noch eine Frage? Vielleicht nach all unseren Ausflüchten und Aggressionen, nach all den Jahren auf der Flucht.

 

„…sein Herz aber ist weit weg von  mir“ (Mk 1, 17)

 

„Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben“ (Joh 4,10).

 

Wir sollten allererst „den empfangen“, der uns diese ewige Quelle anbietet.

 

DAS GEBET JESU (Joh 17,3)

 

Im Anfang ist: Hingabe. Alles „ist“, weil der Vater sich hin-gibt: durch deine Hingabe, Vater, ist alles ins Sein gerufen.

 

Alle Schöpfung – all unser Sein ist durch deine Hingabe, Vater – wer aber nimmt dich auf, Vater?

Wer antwortet auf deine Liebes-Gabe? Dein Wort, dass alles was ist und ins Dasein ruft – bleibt verborgen in seiner Annahme, dein Geist, Vater, wird ausgehaucht: keiner aber, der daran Teil nimmt.

 

Nicht abgeschlossen sind wir, nicht fertig gestellt: wir sind offen hin zu Dir, Vater. Wir Menschen, Vater, sind der Schatz Deiner göttlichen Liebe. Wer kann das begreifen – Du, Vater, liebst uns mit Deiner ganzen Hingabe – darum „bin ich im Sein“ – alles „ist“, weil Du es liebst – weil Du Dich zuerst ganz hingibst.

 

Die sich schenkende Liebe wartet auf Antwort: werden wir antworten? Die Liebe des Vaters – bleibt sie ohne unsere Antwort, ist sie „zerrissene Liebe“: eine Sehnsucht, eine Ungeduld, eine Leidenschaft liegt in Deiner Gabe, Vater – du wartest auf meine Antwort – werde ich antworten? Du hast Durst, Vater, nach mir und meiner Antwort aus Freiheit! Du hast Sehnsucht, Du, Schöpfer von allem – nach mir – Deinem Geschöpf?

 

Wer kann das begreifen? Der Schöpfer sehnt sich nach seinem Geschöpf. „Gib mir zu trinken!“ – sagst Du, mein Schöpfer, zu mir – Dich dürstet!

 

Anklang: „Gib mir zu trinken!“ – alles gibst Du, Vater, Du All-Guter, alles, was aus Dir ist, ist ohne Fehl und Makel – nehme ich das an? Werde ich darauf antworten? Oder zweifle ich an deiner Gabe – misstraue ich Dir – verachte ich Deine Gabe – will ich sie gar nicht – lehne sie ab – kann nicht ertragen, dass Du mein Bestes mir gibst und schenkst und ohne Gegenleistung?

 

Kann ich ertragen, dass mein Bestes und mein Heil von Dir allein ist – von meinem Schöpfer – oder will ich mein Glück auf eigene Faust? Kann ich das gänzliche Abhängig sein von Dir, Schöpfer, nicht ertragen – will ich nicht annehmen, was Deine Vorsehung über mich seit jeher beschlossen hat und verfügt hat? Lehne ich mich auf: gebe ich meine Geburtsurkunde zurück und stelle mir meine selbst aus?

 

Lasse ich mich ganz von Dir, mein Vater und Schöpfer, Herr des Alls, zum Baum des Lebens machen – oder will ich nach meinem Willen pflanzen und ernten und planen und vorstellen – oder vertraue ich mich Dir ganz und gar an: Vater, verfüge über mich – Du bist der Herr!

 

An diese Stelle, Vater, hast Du mich also jetzt geführt: sage ich ganz „ja“ zu Dir oder weigere ich mich? Du hast ja das Allerbeste für mich bereit – nehme ich das an – sage ich: ja, Vater, Dein Wille geschehe in allem was ist, was war und was kommen wird – ich lege meine Seele ganz in Deine Obhut, mein Vater! Ich vertraue alles Dir an, mich vertraue ich Dir an – mir selbst aber will ich misstrauen, denn alles Gute ist aus Dir und kein Makel ist an Dir – darauf will ich vertrauen: Vater, hilf mir dazu!

 

Du sprichst Dein ewiges Liebes-Wort aus – in aller Stille in unsere Zeiten der Weigerung hinein. Noch immer schenkst Du uns Dein Liebes-Wort, immer und immer wieder. Dein stiller Ruf sehnt sich immer noch – und siehe, da wird Antwort.

 

Vater, hier ist der Ort, da sich alles entscheidet: antworte ich dir ganz, vertraue ich mich Dir ganz an – von ganzem Herzen und nicht halbherzig, überlasse ich mein Leben Dir, meinem Schöpfer – oder nicht? Alles was ist – ist gut in Dir, Vater – deine ganze Schöpfung und alles in ihr ist Dein „Gut“: alles hast Du geordnet nach Deiner Weisheit – allem werde ich mich fügen, es mit großer Dankbarkeit annehmen – Dir, Vater, immer und überall und zu jeder Gelegenheit Dank sagen – für alles in allem.

 

Vater – ich habe keine Vorbehalte mehr: hilf mir dazu, diese Einsicht und einzige Wahrheit in Dir zu leben – allezeit und immerdar. Vater, alles will ich jetzt aus „Deiner Hand annehmen“ – weil es von Dir ist – weil Du es geschaffen und verfügt hast und weil Du der Allgute und mein Schöpfer bist: Vater, nimm jetzt meinen Dank für alles entgegen und vergib mir meine Schuld, dich so oft und oft beleidigt zu haben, indem ich mich auflehnte – Deine Schöpfung ablehnte: Vater, da bin ich – ich will dir danken, dich preisen und loben für alles und in allem!

 

Mein Leiden und mein Sterben, Herr, ist jetzt im Wesen verwandelt: mit Christus Jesus trage ich ohne Verzweiflung – es gibt kein „sinnloses Leiden“ mehr. Denn der Tod ist besiegt: ein für Alle mal in Jesus Christus, meinem Herrn und Gott – Dir sei Dank, Herr!

 

 

Versehrte Zeit: unsere Zeit / Zeit der Abwesenheit; es ist auch jetzt die unsere; es will wieder Abend werden.

 

Auch die Zeit der Verheißung: eine noch leere Zeit.

 

 

ANKUNFT

 

Quelle der Gabe: Quelle des Empfangs in der Tochter Zion: fruchtbarste Tätigkeit: unseres Gottes fähig sein.

 

Maria spricht dieses „ganze, vorbehaltlose JA“ – Ja, Vater – ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe wie Du es gesagt hast! – ihr Ja ist ihr Leben – lebenslänglich spricht sie ihr Ja – in der Verkündigung, im Tempel, in den verborgenen 30 Jahren, unter dem Kreuz.

 

In diesem Heiligen Augenblick erzittert der ganze Himmel, alle Heiligen Engel Gottes und alle Heiligen werfen sich vor dem Herrn nieder – die ganze himmlische Heerschar hält den Atem an – eine Heilige Stille bannt die gesamte Schöpfung im Himmel, auf der Erde und unter der Erde: wie wird Maria tun – was wird sie sagen – wie antwortet sie?

 

Ihre Antwort ist ihre ganze Existenz – sie schenkt ihr ganzes Herz ihrem Schöpfer. Nie wird es wieder „so“ einen Heiligen Augenblick einer rein geschöpflichen Existenz geben. Die gefallenen Engel erzittern ob dieses Heiligen Augenblicks – nie wird ein Wort eines Geschöpfes mächtiger und heiliger sein als das Wort Mariens. Wer dieses Wort betet, der tritt in das innerste Heilige ein – der „ist geheiligt“.

 

Heilig ist der Lobgesang Mariens: Heilig, heilig, heilig – die von Anfang der Zeiten ausgegebene und zerrissene Liebe des Vaters  findet ihre Antwort im Magnificat. In alle Ewigkeiten wird die Hölle erzittern – wer diesen Lobgesang auch nur anstimmt, hat alle Feindesmacht besiegt. Die Gabe ist vollkommen empfangen im JA Mariens. In diesem Augenblick wird der ewig vom Vater Gezeugte aus lebendiger Erde (Maria) im Heiligen Geist geformt.

 

Wer kann das fassen, was hier ein für Alle Mal geschehen ist? „Wie“ kommt es zu dieser Heiligen Neu-Schöpfung: der Heilige Geist „überschattet“ Maria – er ist der Wirker in jenen Kreaturen, die sich ganz und vorbehaltlos dem Vater über-antworten und ihm also „ganz antworten“. Jedes Mal, wenn dies sich ereignet, jubelt der gesamte Himmel, erzittert die ganze Hölle, kehrt eine Heilige Seele ins Vaterhaus heim.

 

Das dreimal: Heilig – heilig – heilig vermählt sich mit dem Fleisch: und das Wort ist Fleisch geworden.

 

O HEILIGER GEIST

 

Seele meiner Seele,

ich bete dich an

erleuchte mich

führe und leite mich

stärke mich

tröste mich

sag mir was ich tun soll

zeige mir deine Weisungen.

Ich verspreche dir alles zu tun was du von mir verlangst

Und alles anzunehmen was du für mein Leben zulässt.

Lass mich einzig deinen willen erkennen – Amen!

 

 

„Denn Gott wollte in seiner ganzen Fülle in ihm wohnen“ (Kol, 1,19). Die ganze Fülle ist ALLES – mehr geht nicht, weniger ist nicht: die Fülle ist das Ganze, das VOLLENDETE – das ist die Fülle.

 

„Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau…“ (Gal 4,4).

 

In unserer Menschheit wird das Wort Fleisch im Schoß Mariens – sie ist daher „voll der Gnade“ – alles in ihr ist reine Zustimmung im Heiligen Geist. Die Zeit Mariens ist auch unsere Zeit, meine und deine Zeit, auch unser aller sterbliche Zeit: in unsere sterbliche Zeit hinein kommt das Ewige Licht und wird Fleisch, durchdringt unsere ganze, gesamte Menschheit mit seiner Heiligkeit und wird so unser aller Erlöser.

 

Fleisch und Zeitlichkeit / Mensch und Welt sind „ein für alle Mal“ vom Wort des Lebens: JESUS durchdrungen: in der Taufe Jesu im Jordan ist das ein für Alle Mal geschehen. Ein für alle Mal ist unsere Menschheit, unser aller Menschen-Wesen, in Christus geheiligt. Der Vater „gibt sich“ ganz hin – in Jesus Christus – für uns Menschen, zu unserem Heil. Durch den Heiligen Geist empfängt die Menschheit in Christus die ganze Gabe des Vaters, seine ganze Gottheit ist vereinigt mit unserer ganzen Menschheit: „so“ sehr hat Gott die Welt geliebt!

 

In Jesus wird die ganze Menschheit – unser aller Wesen – ganz Gott, dem Vater, rückerstattet, dargeboten – zurück geschenkt. In Christus „einigen sich Gottheit und Menschheit“  für immer: ein für Alle Mal.

 

„Die Quelle ist da – sie ist das Herz des Gottesknechts“ (Corbon).

 

Die Quelle ist da: menschgewordener Gott – er „ist“ da, ganz Gegenwart: in einer für die Sinne unfassbaren Realität – schenkt er sich: Jesus, Gottesknecht – Herz des Gottesknechts.

 

Unsere „Menschheit“ – unser aller Wesen – wird in Christus gesalbt, geheiligt.

 

Da gibt es eine Haupt-Frage an uns, wenn wir sie zulassen, eine stumme Anfrage an uns, die uns würgt: am Ende werde ich doch sterben.

 

Machen wir uns nichts vor: wir sterben – so oder „so“. Heute nimmt man das mit Achselzucken und sagt: eh klar!

 

Der Tod nimmt mir alles – er raubt mir am Ende mein Leben, alles muss ich jetzt zurücklassen, was mir lieb und teuer ist, wofür ich gelebt habe, was ich erworben, was ich geliebt habe.

 

Ist dieser Tod zu überwinden? Kann man ihn stoppen? Man versucht ihn hinauszudrängen – um jeden Preis das Leben quantitativ zu verlängern – um jeden Preis am Leben, an diesem irdischen Leben, zu bleiben (ein anderes kennt man nicht mehr). Das sieht man doch – vor nichts ängstigt sich der heutige Mensch mehr als vor dem eigenen Sterben müssen: und so war es ja immer. Zum Sterben war es immer noch „zu früh“!

 

Daher wird das Sterben „verdrängt“ und man hat heute einen Lügenausweg gefunden, der eigentlich kein Ausweg sein kann: man will selbst Art und Weise und Zeitpunkt des eigenen Sterbens entscheiden und sich so vorgaukeln, auch Herr über den Tod zu sein. Wenn man nicht mehr leben will, dann nimmt man eine Pille, schläft friedlich ein und wird nicht mehr wach: die letzten Worte auf den Lippen: lass´ mich jetzt die Augen schmerzlos schließen und vergessen – vergessen, vergessen – ja, den Tod auch und das Sterben vergessen. So lenkt man sich ab und vergisst darüber das Betrachten des eigenen Sterbens, dass der Tod nämlich unsere Ansprüche auf irdische Ewigkeit durchkreuzt, das ist ja der Stachel des Todes: dass alles Irdische Windhauch ist, vergänglich – nichts bleibt: wozu also die Mühen, die Kämpfe, das Aufgebaute – wozu sich freuen, wenn am Ende doch alles vergeht? So wird die Frage nach dem Tod „ernst“ – wie sie es auch in Wahrheit ist. Der Tod arbeitet heute im Verborgenen wirksamer denn je: man sieht das jetzt an Corona – alles wird getan, damit Ärzte nicht entscheiden müssen, wer vor dem und  dem sterben soll. Man hat sich auf das Organisieren des Sterbens verlegt, so kann man ja auch hier noch aktiv sein – und das ist dann auch die Hauptsache, die vor dem Sterben bis zu  letzt ablenkt.

 

Jetzt die Frage: Es „gibt“ ein Ereignis, das den Tod selbst in seinem Wesen tötet, vernichtet – den Tod in seinem Wesen ein für alle Mal besiegt: ohne Fluchtwege, ohne Auswege, ohne Verdrängung – ein Ereignis, das in den Tod eintritt, zum wahren Zweikampf mit ihm antritt und ihn ein für alle Mal tötet – vernichtet: der Tod ist dadurch ein für Alle Male besiegt – er ist entmachtet, er hat all seine Kraft eingebüßt. ER, Gott selbst, geht „in den Tod“ – der Unsterbliche ist in seinem Wesen nicht sterblich – für mich aber geht er in den Tod, für mich Sterblichen, um mir das Ewige Leben zu schenken – Geschenk Gottes! Kann ich das annehmen?

 

Jesus Christus „ist“ dieses Ereignis – es ist nicht vorbei, sondern dauert in alle Ewigkeit. Jesus stirbt – wie auch wir sterben, er stirbt den grausamsten Tod – wie auch wir manchmal grausam sterben, Jesus lenkt nicht ab vor dem Tod, er übernimmt ihn freiwillig – er, der Sohn Gottes: für mich und an meiner Stelle geht er in den Tod, der Unsterbliche betritt meinen Tod und damit hat er meinen und alle Tode „geheiligt“, „gesalbt“ – mit Unendlichkeit und Auferstehung zum Ewigen Leben bekleidet. Jesus hat meinen Tod ein für alle Mal „gesegnet“, „gesalbt“ – vorausgesetzt bleibt immer: kann ich das annehmen? Darauf kommt es immer an – dass er mein Retter ist, dass ich ihn als meinen „Herrn und Gott“ anbete und anerkenne.

 

Was heißt es eigentlich, dass Jesus dem Tod „freiwillig“ gegenübertritt? Ist er ein Selbstmörder? Selbstmörder sind jene, sagt man, die den Frei-Tod wählen – die also auch frei in den Tod gehen! Aber Jesus bringt sich ja nicht selbst um – das ist klar, also ist er auch kein Selbst-Mörder. Jesus sagt als wahrer Gott und wahrer Mensch „JA“ zum Tod, er bejaht ihn mit seinem ganzen gottmenschlichen Willen.

 

Er selbst gibt sich hin – niemand raubt ihm sein Leben: Jesu Tod ist daher kein „Raub des Lebens“ – wie wir es alle empfinden, wir Sünder. Jesus ist so sehr mit dem Vater eins – ein Wesen im Heiligen Geist – dass er für seine Brüder und Schwestern in den Tod geht – alles mit-leidet, was uns bedroht und so erlöst er es, das uns Bedrohende, denn er, Jesus, ist unser Gott, er, Gott, geht in meine Gebrochenheit und „salbt“ sie.

 

Immer und immer wieder muss man das betrachten: der eingeborene Sohn Gottes „liefert sich frei willig“ dem grausamsten Tod aus. Warum eigentlich? Wenn wir das nicht begreifen, ist alles andere sinnlos.

 

Die Antwort der Theologen aller Zeiten – die kennen wir zur Genüge: Jesus ging aus „Liebe“ in diesen Tod – für uns. Aber haben wird das auch wirklich begriffen, ja was heißt denn das eigentlich – was da sich ereignet und „zur Stunde ereignet“ und jedes Mal in der Feier der Eucharistie sich ereignet?

 

Er, der Unsterbliche – der nie im Wesen sterben kann  - er ist das Wort des „Lebens“ – das ewige Wort, es ist in sich ewig dauernd. Dieses Ewige Wort liefert sich der Vernichtung aus – freiwillig, gibt sich ganz und gar hin – er, der unsterbliche Gott – das hätte er nicht notwendig, er, der an sich Unsterbliche. Warum tut er das?

 

Er hätte als Sohn Gottes, als zweite göttliche Person, alle Macht: aber er setzt überhaupt keine Gewalt ein – die Gewaltlosigkeit Jesu in seiner ganzen Passion muss uns in Staunen versetzen – noch am Kreuz wird er den Vater bitten, ihnen allen zu vergeben – allen seinen Peinigern. Wer kann das fassen? Jesus lässt in diesem Augenblick – der lange dauert – alles geschehen, er lässt alles walten, er lässt alles zu – ohne Widerstand, ohne Auflehnung, ohne Gegenwehr, ohne Gegengewalt – ganz hingegeben ist er an die Vorsehung des Vaters: Vater, nicht mein Wille, sondern der Deine geschehe!

 

Völlige Hin-Gabe ist das Wesen der Liebe.

 

Jesus gibt „alles“ am Kreuz – man kann sagen: er opfert seine Gottheit am Kreuz – „so“ sehr hat Gott die Welt geliebt! Für uns Menschen: die Liebe Gottes kennt kein Maß, sie ist maßlos.

 

Der Tod am Kreuz ist Zeugnis der unendlichen Liebe Gottes zu seiner Schöpfung, zu uns, zu mir, zu dir.

 

Das Kreuz Christi bedeutet im Wesen die „unendliche Liebe“ des Vaters: man muss zu dieser unendlichen Liebe des Vaters im Kreuz durch-dringen, sonst bleibt man an der Grausamkeit des Kreuzes hängen und „versteht nicht“.

 

Liebe = Hingabe: Göttliche Liebe = göttliche Hingabe: etwas Größeres gibt es nicht. „Dieser Liebe“ kann ich ganz und gar vertrauen, dieser Liebe kann ich mich ganz hingeben, diese Liebe wird mich niemals enttäuschen, in dieser Liebe kann ich mich ganz bergen: der Vater ist der ALL-GUTE – er hat das Beste für mich und mein Leben: besser geht´s nicht. Dieser Liebe kan ich mich getrost ganz schenken und anvertrauen.

 

Kreuz Christi = Liebe des Vaters und Liebe = Hingabe, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle anderen Gottes-Bilder, die wir so in uns tragen: vom strafenden bis zum rächenden bis zum vernichtenden und Leistung fordernden Gott zerschellen an der „Göttlichen Liebe“.

 

Wenn ich also das Wesen der Liebe Gottes „erahnen“ will, dann muss ich diese „Hingabe“ betrachten: der Vater hält nichts zurück für uns, er schenkt sich in seinem Sohn uns „ganz“. Das ist eigentlich nicht fassbar. „So“ liebt mich der Vater – mit "dieser Liebe".

 

Da muss eigentlich alle Existenz-Angst und Furcht weichen, da muss aller Zweifel weichen. „So“ ein Gott hat mich ins Sein gerufen. Da kann ich doch nur still und anbetend und voller Dankbarkeit beten: Herr, da bin ich! Alles kommt von dir und alles geht zu dir und ALLES – ausnahmslos – ist „sehr gut“ in dir – denn Du bist der ALL-Liebende, der ALL-Gute. Dir vertraue ich – dir kann ich restlos vertrauen, es ist ausgeschlossen, dass DU mich hintergehst. Ja, Herr, Dir will ich restlos vertrauen – Amen!

 

 

„Sünde“ ist das Entsetzlichste für Gott überhaupt, sie, die Sünde, ist jener Riss von Anfang an, der im Wesen Trennung von Gott bedeutet. Sünde ist eigentlich im Wesen gedacht: Miss-trauen. Er, der Sohn Gottes, der ganz und gar Sündenlose, wird zur Sünde – das Leiden des Vaters kann sich hier keiner vorstellen, ebenso des Sohnes: diese Hingabe ist das Äußerste Zeugnis der Liebe Gottes an uns Sünder.

 

„So sehr liebt Gott“ uns Sünder – dass er seinen eingeborenen, geliebten Sohn für uns „hin-gibt“. Das ist eine Liebe, die verrückt ist vor Liebe: das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Man muss hier einfach „staunen und schweigen“ und ganz still werden vor dieser Liebe unseres Schöpfers.

 

An dieser Stelle muss es langsam „dämmern“, dass der Vater uns alle – die gesamte Schöpfung – mit unendlicher Liebe liebt: da gibt es nichts daran auszusetzen: alles ist wahrhaft „sehr gut“ – alle Geschöpfe.

 

„So“ einen Vater haben wir, das ist unser Gott. Wenn man das einmal begriffen hat und in sein Herz eingelassen hat, dann kann man diesem Gott nur ehrfürchtig gegenübertreten – vorausgesetzt: man hat das begriffen und hat sich ergreifen lassen. Frage: hat „diese unendliche Liebe“ nicht unsere Gegen-Liebe verdient?

 

Kann man das jetzt besser begreifen? Ich glaube, am Ende bleibt nur das schweigende Staunen vor diesem Gott, der sich aus Liebe mir schenkt um mir das Ewige Leben zu schenken. Ich muss das erst zu-lassen. Erfassen wird man das nie können. Was ist „das“ für ein Gott, der sich so erniedrigt, um mir seine Ewige Hand zu reichen?

Der Vater ruft mich nicht nur ins "Sein" - er ruft mich aus diesem Sein zum Ewigen Leben: das muss man erst einmal begreifen.

 

Ja, das ist das Tragische vielleicht - dass diese umsonstige Liebes-Gabe unbeantwortet bleibt.

 

Zur Stunde Jesu am Kreuz ist die ganze göttliche Wahrheit „erfüllt“: das Heilswerk Gottes ist „vollendet“ – auch wenn es irdisch gesehen noch lange dauern wird, bis dieses Ereignis unsere Herzen erobert. Jetzt, am Kreuz, da Jesus wirklich stirbt, da dringt der Unsterbliche ein in alle unsere Finsternisse und in alle unsere Todesnächte und Verirrungen – jetzt leuchtet das „Ewige Licht“ – für immer und ewig und alle Finsternis ist ein für alle Mal besiegt.

 

In der tiefsten Tiefe unserer Herzen – wir machen uns das heute nicht mehr ganz klar und flüchten gerne - da gibt es eine Nacht, da gibt es eine Finsternis, da gibt es ein Zerbrochen-sein: es ist der Anblick meines Todes, meines Sterben müssens – wenn ich es zulasse, dieses ungeschminkte Anblicken, da wird einem alles sinn-los, aussichts-los. Mitten im Leben werde ich aus dem Leben „gerissen“ – da flackert kurz diese Sinnlosigkeit auf, dieses Abmühen umsonst, dieses sinnlose Vergängliche – dass nichts auf Erden dauert und am Ende alles aus ist.

 

Lassen wir das einmal ganz offen auch zu – vielleicht auch längere Zeit.

 

„Diese Nacht“ am Grunde unserer Seelen: kennen wir sie überhaupt noch oder sind wir schon so flach und übermüdet, dass wir schon gar nicht mehr unserer Seelentiefe inne werden wollen? Es ist diese „Nacht am Grunde unserer Seelen“ – ob wir es ansehen wollen oder nicht: die alles verschleiert und vernebelt. Der Tod in uns greift „ganz“ nach uns, er hat uns ganz in seiner Macht – wir sind ihm ausgeliefert, ganz und gar – bis zum heutigen Tag ist das so. Mancher nimmt das Achselzuckend hin, aber das ist nur Schein: wir alle stehen mit großen Augen vor dem Tod, der uns alle verschlingen wird – geben wir es offen zu.

 

In diese unsere Todesnacht steigt Jesus freiwillig hinein – in diese Dunkelheit geht er hinein.

 

Der Tod ist jene Macht, die unsere Schein-Welten, an denen wir hängen, plötzlich hinwegfrisst; er frisst diesen Schein, dem wir lebenslang „Sein“ unterlegten  - damit stürzen unsere Lügengebäude zusammen, der Tod ist jener, der unsere Lügen offenbart, die wir lebenslang als Wahrheiten ausgegeben hatten. So „sättigt sich der Tod“ an unseren Lügen und Scheinwelten und lässt im Augenblick des Sterbens, der oft ein „gedehnter“ sein kann, eine unendliche Leere zurück: alles war einmal, alles ist vorbei – wie wenn es nie gewesen wäre. Das ist die Macht des Todes.

Es ist die „Stunde der Finsternis“ – nur in dieser Perspektive zu leben oder von ihr gelebt zu werden gleicht einem „ewigen Gefängnis“ ohne Aussicht auf Befreiung und Leben: lebenslang eingekerkert.

 

Was geschieht da, als Jesus die Todes-Nacht betritt?

 

Jesus, der Sohn Gottes, ist nicht sterblich. Nur wer in die Falle der Sünde gefallen, der ist auch sterblich – tödlich versehrt ist der, der an der Ur-Sünde, sein zu wollen wie Gott, wesentlich Herzens-Anteil hat: also wir alle, ausnahmslos. Wir alle sind zum Tode – dieser Macht ausgeliefert.

Jesus aber ist ganz ohne Sünde, daher ist er der Unsterbliche: er ging aus Liebe, aus Gnade und Wahrheit in den Tod – so kann der Tod ihm nichts anhaben. Alle Lüge muss an der Ewigen Wahrheit zerschellen. Denn wo immer Gott, der die Wahrheit selbst ist, sich offenbart, da wird die Lüge getötet, vernichtet. Was der Tod zu verschlingen vermeinte, ist nicht zu verschlingen – der unsterbliche Sohn Gottes ist nicht zu vernichten. Der Tod zerschellt selbst an der Ewigen Wahrheit. So ist der Tod selbst der Betrogene. Wenn die Wahrheit sich offenbart, muss alle Lüge weichen.

 

„Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk, 23,43) – das ist die Vollendung, das ist das Ziel aller Seelen – im Paradies „sein“ – dahin wollen wir. Frage: wollen wir das überhaupt?

 

Der Vater schenkt sich uns ganz dahin in seinem Sohn und in seinem Heiligen Geist – er gibt sich ganz in uns hinein – wird Mensch ganz und gar, bis in den letzten Tod – sogar bis zur Gottverlassenheit geht er uns nach – der Sohn gibt sich am Kreuz ganz und gar dem Vater und schenkt seinen Geist. Alles ist hier Heilige Hingabe, reine Liebe.

 

Alles ist jetzt „voll-endet“ – die ganze Fülle „ereignet“ – im Sohn, im Vater, im Heiligen Geist. Das Heiligste Innere ist im Sohn „offenbar“ – für uns alle: er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben – fortan und in Ewigkeit.

 

Die Quelle des Ewigen Lebens: im Leib des vielgeliebten Sohnes ist sie uns zugänglich. „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das Ewige Leben“ (Joh 6,54).

In der Feier der Eucharistie ist das die "reinste Wirklichkeit". Das ist eigentlich unfassbar. Der Herr schenkt sich uns und damit das Ewige Leben noch immer und immer wieder, bis zur Stunde!

 

„Sterbliche Zeit“ ist nur Zubereitung: auf Erden ist kein Paradies. Auferstehung aus den Toten: Jesus ist nicht „tot“ – er IST.

 

Dieses Ewige Sein unseres Herrn durchwirkt alles, was ist -  er IST. Sinnlich ist das nicht fassbar, rational auch nicht – schweigen muss man. „Herr, Du bist ja – Du bist der Lebendige, der Wahrhafte“ – und ich werde an dich glauben, hilf meinem armseligen Glauben!“

 

Die gebrochene Schöpfung ist vom Tod befreit: ein für Alle Mal. Sie fanden den Leichnam nicht: das Grab ist leer. Was sucht ihr den Lebenden unter den Toten?

 

Der Ewig Lebende „lebt“ – er ist der wahre Lebendige. Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden (Lk, 24,6). Das ist nicht vergangen – sondern dauert und IST. Selbst die Apostel, seine nächsten Brüder, die alles mitgelebt hatten, alle Wunder, Gebete – mit ihm zogen sie 3 Jahre, mit dem Heiligen, umher – ihre Sinne konnten ihn fassen. Aber sie glauben noch immer nicht und halten die Auferstehung für „Geschwätz“.

 

Erst als der Herr den Lobpreis sprach und das Brot bricht und es ihnen gibt – da „gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn“ (Lk, 24,30).

 

Die Eucharistie ist wahrhaft die Mitte und der Höhepunkt, da wir den Herrn „wahrhaft erkennen“. „Brannte uns nicht das Herz…“ – sprachen sie zueinander. Wir erkennen ihn, unseren Herrn, nach dem Maß unserer Glaubens-Hingabe: er IST – und wenn wir hinzutreten, dann zu seiner Wahrheit um in seiner Wahrheit zu SEIN. Das geschieht in der Heiligen Eucharistie – stets aufs Neue, ein immerwährender Anfang in unserem Herrn.

 

Wir erkennen den Herrn in der Eucharistie – weit entfernt von all unserer Sinnlichkeit geschieht „dieses Erkennen“ im Mysterium des Auferstandenen. Er ist wahrhaft „anwesend“: wahrhaft – Du Herr, Du allein!

 

Jetzt wird die wahre „Freude“ der Jünger spürbar: sie konnten es vor Freude noch immer nicht glauben – aber sie haben ihn schon im Herzen, ihn, den Auferstandenen.

 

Es heißt, dass sie fortan „immer im Tempel waren und Gott priesen“.

 

Ja, das muss man betrachten. Ein Leben, das umkehrt, zu Gott zurückkehrt und dem Auferstandenen begegnet – den wahren Lebendigen – freut sich wahrhaft und wird sein: immer im Tempel Gott preisend.

 

Das ist der Sinn all unserer Heilsgeschichte: Umkehr, Rückkehr, Heimkehr zum Vater, ihn zu loben und zu preisen und ihm zu danken in Ewigkeit. Es braucht für „so“ ein Herz keine Anweisungen mehr – denn der Herr ist von nun an mein „Hirte“.

 

Jesus ist in meinen Tod hineingegangen, das Ewige Licht leuchtet in meiner Todes-Nacht, der Ewige Lebensstrom, der Unsterbliche, kann nun aus meiner Erde entspringen. Das Grab hat nicht das letzte Wort. Jesus ist zum Anfang eines völlig Neuen Bundes der Auferstehung geworden und meine Menschheit ist darin aufgehoben.

 

Der fleischgewordene Mensch ist in Christus zum Ewig Auferstandenen erhoben – unser Fleisch ist ewig „gesalbt“. „In Christus leben wir ewig“ – das ist die Kernbotschaft aller Heilsökonomie. In Christus ist unser Mensch-sein geheiligt – er „ist der lebendige Mensch“ – er hat meine Menschheit mit zum Vater getragen, wo er sitzt zu seiner Rechten: Leib Christi.

 

„Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das Ewige Leben“ (Joh 6,54).

 

„Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel aufkommen?“ (Lk 24, 38).

 

Das ist die Frage wenn es überhaupt noch eine ist. Der Zweifel im Herzen ist der Zweifel meiner ganzen Existenz, die "sich selbst" lieber aus den eigenen Zisternen trinkt. Aber du, Jesus, Du lebst, Halleluja!

 

Beten wir, dass aller Zweifel aus unseren Herzen weichen möge – bitten wir den Heiligen Erzengel Michael, er möge uns bewahren und schützen vor allem Zweifel und uns einigen mit unseren Brüdern und Schwestern im Herrn, dass er, der Herr, der in unserer „Mitte“ ganz gegenwärtig ist – dass wir hinzutreten und „eins sind mit ihm“.

 

So ist der Augenblick des Sterbens „BEGEGNUNG“ (Eucharistie) – mit dem lebendigen Dreieinigen Gott: Tag der Ewigen Geburt. Ewig wird sie gefeiert, die Himmlische und die irdische Liturgie.

 

Die menschliche Energie und die göttliche Energie haben sich in Christus Jesus ewig vermählt im Auferstandenen Herrn – der lebendig herrscht in Ewigkeit. Der Auferstandene ist von nun an unerschöpfliche Ewiges Leben spendende Quelle in der Liturgie.

 

Jesus hat unsere Menschheit in seinem Sterben und in seiner Auferstehung „vollendet“ – er hat mich damit bereits erlöst. Meine ganze Menschheit in mir ist wesentlich erlöst – durch ihn, Jesus Christus: er ist mein Ewiges Leben. Er verleiht das Ewige Leben: es geht jetzt vom Vater und vom Lamm aus – kommt zu mir in der Heiligen Kommunion – ich trete hinzu, einige mich und werde vereinigt. Das alte Leben ist zwar noch, aber es hat seinen Schein-Sein-Charakter eingebüßt. Der Alte Mensch in mir ist noch nicht ganz „gestorben“ – lassen wir uns nicht täuschen – bleiben wir stark im Glauben, in der Hoffnung, in der Liebe.

 

Der Lebens-Strom, so Corbon, geht von nun an vom Thron Gottes und vom Lamm aus: das ist die Geburtsstunde der Liturgie. Mit der Auferstehung Jesu, der sitzt zur Rechten des Vaters, der herrscht in Ewigkeit beginnt auf Erden das Werk der Hinzutretenden: Liturgie.

 

Mit Jesu Sterben am Kreuz ist der Tod besiegt und gestorben: der Tod ist tot – das heißt Jesu Auferstehung.

Die vergehende Zeit ist noch eine Gefangene des Todes – somit Todes-Zeit. Wenn die Zeit nicht mehr vergeht, dann ist sie „befreit“ vom Tod – befreite Zeit, das ist die Ewigkeit, die jetzt schon alles unterfasst, was ist.

 

Die Zeit „vergeht nicht mehr“: wer kann das fassen? In der „Stunde Jesu am Kreuz“ ist dies wahrhaft geschehen: sein Tod und seine Auferstehung – und seither vergeht dieses Ereignis nicht mehr – es dauert ewig an, ist nie vergangen.

 

Wir nehmen in der Eucharistie wahrhaft und real – in der reinsten Wirklichkeit Gottes – daran Teil. Kreuz und Auferstehung vergehen nicht. Wer mag das fassen? Die Ewigkeit ist uns zugänglich – vorausgesetzt, wir sind des Glaubens und des Willens.

 

Jean Corbon schreibt in seinem Werk, dass Tod und Auferstehung Jesu das einzig wahre „Ereignis“ der gesamten Geschichte sind – das ewig Bleibende in allem Vergänglichen. Dagegen werden alle Geschehnisse, die wir so im Leben erfahren, sicher einmal vorbei, vergänglich und tot sein: Staub, Windhauch.

 

 

ZÄSUR:

 

Was, fragt man sich, muss man noch wissen – was noch erforschen? Liegt darin nicht alles? Ja, muss die Antwort sein. Nichts zu wissen „außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten“ (1 Kor 2,2) – das ist wahrhaft das einzig Wesentliche Ereignis für uns alle.

 

Jetzt, in der Bußzeit, muss man sich wahrhaft besinnen und sich fragen: was suche ich denn noch außerhalb von Jesus Christus – was wäre denn da noch zu suchen, wohin treibt es mich noch?

 

Durch den Tod hindurchgehen und mit seiner gesamten Menschheit über ihn hinweg- und hinausschreiten: das ist die Auferstehung Jesu. Wenn man weiß, worum es hier geht, muss man eigentlich still werden und das einmal zulassen. Das wäre schon viel.

 

Jetzt liegt es an uns, stark im Glauben und in der Liebe, Jesus nachzufolgen: das wird unser Teil an unserer Erlösung sein, nicht aus eigener Kraft, sondern in der Kraft unseres Herrn. Von dieser Höhe betrachtet erscheint einem das bisherige Existieren als leer und nichtssagend. Liturgie feiern wir wahrhaft nur in dieser Nachfolge und sonst überhaupt nicht – wenn er, Jesus der Auferstandene, in mir „lebendig werden darf“ – dann ereignet sich wieder und wieder Erlösung und Auferstehung im Herrn.

 

Lasse ich das zu? Das ist die einzige wirkliche Frage unter tausenden unwichtigen Fragen. Sicher, das wird nicht einfach, das ist ein Kampf, ein Ringen – aber wir ringen und kämpfen niemals alleine: denn er, unser Herr, er geht mit und sie, unsere Mutter, Maria, sie geht mit und damit haben wir alles, was wir brauchen. Bitten wir darum, um diese Gnade der Bekehrung und um den Mut, einen festen Entschluss zu fassen, ihm zu folgen und mit ihm durch den Tod hindurchzuschreiten. Im Schatten des einzigen Tod-Besiegers müssen wir nichts fürchten. Sammeln wir also unsere ganze Kraft, unseren Willen und Mut und unsere Bereitschaft zur Nachfolge.

 

Geschenkt ist uns die Liturgie, die Eucharistie und das Sakrament der Sakramente: die Quelle des Ewigen Lebens.

 

Paulus schreibt im Brief an die Römer: „Wir wissen, dass Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Macht mehr über ihn“ (Röm 6,9).

 

Bitten wir den Heiligen Geist, dass er uns in die volle Wahrheit der Auferstehung unseres Herrn hineinführt, uns begleitet und uns stärkt im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe.

 

„Wir wissen“ – schreibt Paulus. Das genügt, dieses felsenfeste Überzeugt-sein – das ist eine reine Gnade. Bitten wir darum, der Herr wird uns geben nach unserem Glauben. Gott sei Dank in Ewigkeit!

 

Unsere Menschheit ist in Christus ewig „gesalbt“ – vom auferstandenen Herrn hat sich jetzt die ganze Fülle „offenbart“: wir feiern diese Fülle von nun an in der Liturgie, in ihrem Herzen die Eucharistie.

 

Liturgie gab es vor Tod und Auferstehung Jesu nicht: die Vollendung in der Fülle der Zeit war noch die Verheißung der Zeit. Seit der Auferstandene zur Rechten des Vaters regiert, ist Liturgie (sie wird ohne Unterlass gefeiert): tut dies zu meinem Gedächtnis!

 

Die Ewigkeit ist in unsere Sterblichkeit eingebrochen und hinterlässt uns fortan:  ewiges Leben.

 

Zur Betrachtung: nicht wir feiern die Liturgie – der ewige Hohepriester selbst, Jesus Christus, der Auferstandene selbst, feiert in seiner Rückkehr zum Vater im Heiligen Geist das ewige Lob- und Danklied: alle Verheißungen des Vaters sind in der Rückkehr des Sohnes erfüllt: von nun an ereignet sich „Himmlische Liturgie und mit ihr unsere irdischen Feiern“. Wir sind die Hinzutretenden – zu dieser Heiligen Feier, die ohne Unterlass gefeiert wird.

 

Der einzige ist mit seiner Menschheit zum Vater zurückgekehrt (Himmelfahrt) und der Geist Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen: Himmelfahrt und Pfingsten „währen“ – sie dauern und dauern und vergehen nicht.


 

 

 

ἀποκάλυψις

Des Heiligen Johannes   (Februar 2021)

 

 

DER GROSSE TAG


Johannes „sieht“ den Himmel: er sieht die Herrlichkeit Gottes: unaussprechbar. Im Thronsaal Gottes wird ohne Unterlass „Herrlichkeit, Ehre und Dank“ erwiesen. Alle Wesen, alle 7 Geister Gottes, alle 4 Lebewesen, die 24 Ältesten: alles atmet ein und aus: Heilig, heilig, heilig!

 

Unser Schöpfer allein ist würdig: Herrlichkeit, Ehre, Macht und Dank zu empfangen – er allein.

 

„Denn du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen!“ (Offb 4,11)

 

Wenn das schon in aller Wahrheit in der Ewigkeit die heilige Vollendung anzeigt – was dürfen wir – oder besser gesagt – was müssen wir, die wir auf Erden noch unterwegs sind, für uns aus dieser Himmlischen Vision (Wahrheit) rückschließen?

 

Was bedeutet das für mich? Ist das bloß phantasiert, eine längst vergangene Bildsprache? Die Offenbarung des Johannes zeigt uns die „Vollendung“ – das, was uns jetzt schon erwartet, dahin wir unterwegs sind und, was seit der Himmelfahr Christi bereits in unserer Todeszeit Wirklichkeit „ist“, dem wir „jetzt schon begegnen“ – wenn wir hinzutreten.

 

Alle Wesen atmen hier Heiligkeit, Vollendung: der Vater am Thron – er „IST“ seit Ewigkeiten der Ewigkeiten. Er gebietet – und es IST. Sein Glanz durchstrahlt alles Wesen und alles Wesen antwortet in reiner Heiligkeit: das ist ewige Anbetung. Gott IST und seine Schöpfung antwortet ohne Verzug in Anbetung – Gott spricht und seine gesamte Schöpfung antwortet in reiner Anbetung – ohne Verzug. Als der Eingeborene Herr unter den Sterblichen einherging, da antwortete er als „Mensch“ ebenfalls in „reiner Anbetung an den Vater“. Maria ist „reine Anbetung“ – unser Urbild und Vorbild.

 

Ein anderes Wort für das, was da IST im Thronsaal Gottes von Ewigkeit her: HINGABE – alles schenkt sich, gibt sich hin, flutet über, ist dem DU zugewandt ohne Einschränkung. Dieses ewige Sein war nicht und ist nicht und wird nicht sein: sondern IST seit Ewigkeiten.

 

Diese Herrlichkeit beim Vater überragt alle Vorstellung: es ist keiner würdig: einzig der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids – er, das Lamm, ist würdig. Er sitzt zur Rechten des Vaters und herrscht mit ihm in Ewigkeit. Der Auferstandene regiert mit seiner ganzen Menschheit, die er in den Himmel auffahrend zum Vater zurückgeführt hat. Er hat die gebrochene Schöpfung vollendet und vom Tod ein für alle Mal befreit. Dem Vater ist mit dem zurückgekehrten Sohn in Vollendung Genüge geleistet. Er kam und er kommt um uns in diese Vollendung heimzuführen.

 

„Ihm der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebühren Lob und Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit.

Und die vier Lebewesen sprachen: Amen. Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an.“ (Offb 5, 13).

 

Dieses „Amen“ ist das ewige Siegel des „Neuen Liedes“ – es enthält die ganze Herrlichkeit des Himmels, es ist die „Große Stille“, das „Große Ja“.

 

Wie geschieht einem, wenn uns das „so“ gezeigt wird? Die gesamte Herrlichkeit seit Ewigkeit beim Vater spricht sich in diesem „Amen“ aus. Die gesamte Schöpfung jubelt in dieser „Großen Stille“. Der Vater wird mit dem Sohn in aller Wahrheit „angebetet“ – ewige Anbetung, ohne Unterlass.

 

Kann man mehr darüber noch sagen? Oder muss man tief vor diesem Geheimnis schweigen und still werden?

 

Was heißt es, in diese „Schau des Heiligen Johannes einzutreten“? Was bedeutet das für meine noch irdische Existenz, für meinen Alltag? Und dann: der Herr sitzt zur Rechten des Vaters – er IST – der lebendige Gott schenkt sich mir, als Ewig Auferstandener in jeder Heiligen Kommunion vereinigt er sich mit mir (das ist nichts Vorgestelltes oder Eingebildetes).

 

Das ist eigentlich nicht fassbar – darüber kann man nicht mehr sprechen, was da geschieht. Die richtige Antwort ist das ehrfürchtige Erstaunen vor diesem unendlich liebenden Gott, der mir nachgeht um mich heimzuholen. Das muss man einmal begreifen.

 

Ich glaube, dann ist es ein für alle Mal vorbei mit unseren horizontalen Aufregungen und Auflehnungen. Das „Ja und Amen“ der Ewigkeit nimmt Fleisch an, mehr und mehr. Die oft monströse Wirklichkeit verliert ihre tödliche Absolutheit und wird durchsichtig auf ihn hin.

 

Die Gelassenheit zu den Dingen und die Offenheit für das Geheimnis (Heidegger) wird mehr und mehr lebendig und führt nach und nach zur „Verklärung“. Die Welt bleibt die Welt die sie ist und doch ist „alles anders geworden“ – denn meine Schritte in dieser Welt sind eigentlich nicht mehr die „meinen“. So gebrochen und elend meine Schritte auch sein mögen, wann und wie auch immer mein Herz noch betet: „Herr,…“ – so sind meine Schritte nicht mehr die meinen. Damit hat wahrhaft alles „Sinn“ – den ich oft nicht einsehen kann.

 

Verklärung: Christus „ist“ wahrer Mensch. Das Wesen des Menschen, was alle Menschen zu Menschen macht – die Menschheit – das ist von nun an mit der Menschwerdung Christi sein „Leib“ – Leib Christi. Dieses Menschenwesen im Leib Christi ist „verbunden“ – niemals isoliert, verbunden und in Beziehung mit: allen Personen, mit dem gesamten Kosmos, mit aller Zeit und Zeitlichkeit, mit der Ewigkeit und mit dem Vater in Herrlichkeit. Die Menschheit – unser Wesen aller – steht seit der Fleischwerdung Christi in „wahrhafter Beziehung zum Vater“ – unsere Menschheit ist ein für alle Mal: gesalbt – durch ihn, unseren Herrn und Gott. Christus ist wahrer Mensch und wahrer Gott und er „wirkt“ die Verklärung, indem er „uns Blinde verwandelt“ und uns das wahre Licht Gottes „sehen lässt“.

 

Die Verklärung am Berg, das strahlende Licht: es ist die EIN-Stimmung des Vaters zum Sohn und des Sohnes zum Vater: ein Pulsschlag – ein Wille – ein heiliges JA und Amen – diese Heilige Ganzhingabe in den Willen des Vaters und der Vater antwortet: Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören (Mk 9,7).

 

„Leib Christi“ ist die Heilige Verbundenheit der gesamten Schöpfung mit dem Vater, dem Schöpfer des Himmels und der Erde – eine einzige Heilige Verflechtung und Verbundenheit im heiligen „Ja“. Petrus, Johannes, Jakobus, Mose und Elija: sie „sind“ die Verklärten im Leib Christi, sie erblicken die göttliche Herrlichkeit ganz „nahe“: Jetzt – in diesem Heiligen Augenblick IST alle Verheißung EREIGNIS – die Wirklichkeit selbst: Christi Leib – umfassend die Schöpfung.

 

Von nun an müssen sich die Sterblichen nicht mehr das Gesicht verhüllen, wenn sie ihre Todes-Höhlen verlassen: sie betrachten die Quelle des Heiles, die Quelle des Lichts haben sie wahrhaft erblickt.

 

Von nun an, seit der „Verklärung an ihnen selbst“: sahen sie niemand mehr (…) – außer Jesus (Mk 9,8).

 

Jesus Christus ist von nun an „ihre einzige Mitte“ – er ist jetzt ihre einzige Wirklichkeit, alles andere, was bisher in ihrem Leben Geltung hatte, „sehen sie nicht mehr“ – es ist ihnen nur mehr „durch ihren Herrn und Gott“ wichtig, ohne ihn aber wertlos geworden. Was sich hier ereignet - die theosis – ist das Zustimmen zur wahren waltenden Wirklichkeit in Gott mitten in unserer Sein erheischenden Vergänglichkeit. Sie, die „Verklärten“, haben mit ihren Händen das „Wort des Lebens“ angefasst“. Das konnten sie nach dem „Maße ihres Glaubens“.

 

Das Maß des Glaubens der Verklärten ist „maßlos“. Maßloser Glaube ist, wie der Hebräerbrief sagt: „…Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“. Überzeugt-SEIN – das ist nicht mehr ein für wahr halten, sondern das bedingungslose Überzeugt-SEIN, es umfasst meine gesamte Existenz. Nicht mehr antwortet jetzt ein Vernunft-Schluss oder eine Verstandes-Einsicht: sondern mein gesamtes Sein ist von nun an „existierendes zustimmendes Ja zum Vater“.

 

Wir gehören dem „Leib Christi an“ – sind in ihm: ein Leib. Durch ihn und mit ihm und in ihm steht unser Fleisch in Kommunion mit dem Schöpfer. In dieser Heiligen Kommunion „beginnt das eigentliche Leben“ – das Ewige Leben in Gott. Was damals am Berg der Verklärung wahrhaft geschah, geschieht wahrhat in jeder Eucharistie und Heiligen Kommunion: der Herr „ist da“ – und nach dem maßlosen Maß meines Glaubens gewähre ich dem Herrn, mein Herr und mein Gott zu sein. Von diesem Glaubenslicht verklärt steigen wir wieder in unsere Niederungen hinab: aber verklärt, weil von nun an in lebendiger Kommunion. Wenn wir hinzutreten, wirkt der Herr dieses Wunder aller Wunder: Teilnahme am Leib Christi.

 

Jean Corbon schließt sein Werk mit dem Wort: Um von diesem Strom mitgerissen zu werden darf es uns genügen, seine Quelle erreicht zu haben.

 

Die Quelle des Ewigen Lebens ist uns angeboten im lebendigen Fleisch und Blut des geopferten Lammes: in der Heiligen Eucharistie. Hier trete ich hinzu: wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das Ewige Leben (Joh 6, 54).

 

Man wird das auf Erden nie wirklich erfassen und begreifen können: der lebendig Auferstandene ist wahrhaft unter uns, er wandelt mit uns, er spricht mich an und wohnt in mir, er, der zur Rechten des Vaters sitzt. Hat er, der uns das Ewige Leben erworben hat und schenkt, nicht das allererste Anrecht zur Anbetung? Haben wir nicht dann die Pflicht, durch alles horizontal Irdische hin durchzublicken auf den Schöpfer des Seins und nicht besorgten lebenslangen und oft tödlichen Halt zu machen in den Eintagsfliegen des Alltags, diese also erst recht zu bejahen, aufzugreifen und hindurchzutragen in die Hände des Vaters – unerschrocken und kräftiger als jene erstarrten Salzsäulen, die sich wortwörtlich im Rückblick zu jenen toten Gestalten selbst töten?

 

Wird dann nicht alles Maß-nehmen in der Welt zum Gottes-Maß? Wandeln wir nicht dann vom Anfang her oder vom Ende her oder vom Ziel her, jedenfalls von IHM her? Wenn er wirklich die „lebendige Mitte“ ist – was kann dann noch wichtiger sein als ER? Atmet nicht alles was ist – die ganze Schöpfung: dieses „Ja und Amen“ der Ewigkeit?

 

Wahrhaft, dann ist man wirklich Welt-fremd geworden, ein Fremder auf Erden, ein Pilger auf dem Weg in die Ewigkeit, denn auf dieser Welt ist keine letzte Ruhestätte.

 

Glaube – Liebe und Hoffnung: die drei – sind sie nicht das „Neue Lied“ von dem in der Offenbarung die Rede ist? Man wird dementgegen zu hören bekommen: weltfremd, unrealistisch, hinterweltlerisch, frömmlerisch, altbacken, Weltflucht usw.

 

Dagegen kann man gar nichts einwenden – und sollte es auch nicht: denn es genügt vollkommen, die „Quelle des lebendigen Wassers“ erreicht zu haben. Der Herr selbst segnet meine Schritte und das darf allemal genügen.

 

Der Herr nimmt alle Angst von uns, er nimmt alle Sorgen von uns, er tröstet die ganz Bedrängten. Die Welt ändert sich nicht, sie rückt heran mit ihren Ereignissen – oft sehr hart und gnadenlos, nein, die Welt ändert sich nicht. Aber der, der hinzutritt, der singt ein „Neues Lied“ in seinem Herzen - Psalm 23:

 

„Der Herr ist mein Hirte. Nichts wird mir fehlen.

Er lässt mich lagern auf grünen Auen

Und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.

Er stillt mein Verlangen, er leitet mich auf rechten Pfaden,

treu seinem Namen.

 

Muß ich auch wandern in finsterer Schlucht,

ich fürchte kein Unheil;

denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab

geben mir Zuversicht.

 

Du deckst mir den Tisch

Vor den Augen meiner Feinde.

Du salbst mein Haupt mit Öl,

du füllst mir reichlich den Becher.

Lauter Güte und Huld werden mir folgen

Mein Leben lang und im Haus des Herrn

Darf ich wohnen für lange Zeit.“

 

 

 

Es hat keine „Eile“ mehr – Gelassenheit, es braucht keine Angst mehr – wovor eigentlich – unsere wahre Wohnung ist die Ewigkeit im Thronsaal Gottes.

 

(Fortsetzung)

 

 

 

 

Sardes (Offb 3,1)

 

„Dem Namen nach lebst du, aber du bist tot“ (Offb 3,1)

 

Sardes, das sind wir auch selbst – das gilt personal, sozial und universal. Wenn mich wer mit Namen ruft, dann meint er „mich“, mein Wesen – davon es nur 1x eines gibt auf Erden – nie mehr wird es so einen geben wie mich, genau mit dieser Konstellation. Hermann Menge übersetzt hier sehr feinfühlig mit: du stehst in dem Rufe, dass du lebest…

 

Wir meinen zu leben, wenn wir rein physisch schon auf der Welt sind und ein paar Jahrzehnte herunterspulen, dies und das erringen usw. Aber das ist noch lange nicht „Leben“ – das sagt uns der Herr hier ganz deutlich. Er sagt: du lebst zwar auf dem Papier – das ist in der Geburtsurkunde vermerkt, aber in Wahrheit bist du ein „lebender Toter“. Tot dahin zu wandeln auf Erden, tot sein, bevor der physische Tod eintritt – das ist eine erschreckende und sehr unheimliche Wirklichkeit, die gegenwärtig sehr in uns und um uns am Werk ist. Da muss man sich fragen, was „eigentlich Leben“ heißt und was „lebendig sein“ eigentlich bedeutet.

 

Wenn der Herr das zu mir sagt: wie geht es mir da – Gott spricht zu mir, das muss mich erschüttern und zwar so, dass ich selbst zur lebendigen Frage-stellung werde. Was heißt das für mich, dieses Wort – bin ich nicht längst auch so ein Toter und vegetiere bloß physisch dahin und meine ich dazu noch sehr lebendig zu sein, ich bin ja physisch z.B. gesund, nichts fehlt mir usw. und doch bin ich schon längst „tot“ – bevor ich verende. Sardes ruft mich zu dieser Besinnung auf, die jeder für sich betrachten muss.

 

„Werde wach und stärke, was noch übrig ist, was schon im Sterben lag!“ (sq).

 

Heißt: besinne dich und stärke in dir das, was schon am Sterben lag. Es gibt in jedem von uns etwas Unendliches, ja Unsterbliches, unsere Seele und fast könnte man meinen, weil diese unsterblich ist, was sie auch ist, so passiert da ja nichts, wenn ich dieses Unsterbliche lebenslang nicht stärke und beachte und pflege. Das ist aber nicht so, denn es gibt den 2. Tod und das ist der  - ja, man muss es so sagen – der Ewige Tod, das absolute Verloren-sein und Getrennt-sein von unserem Schöpfer: das ist die Hölle. Die „toten Seelen“ – sie alle sind Bewohner der Hölle, der schrecklichste Zustand, den man sich nur ausdenken kann – „Zustand“, wohlgemerkt – also ein absolutes negatives Sein.

 

Werde „wach“ ist der Aufruf an mich, nämlich schockiert zu sein über diese Bedrohung, die ich selbst letztlich zu verantworten habe. Wenn mich das nicht mehr schockiert, dann ist es höchste Eisenbahn zur Besinnung zu kommen.

 

„Werde wach“ heißt eigentlich hier: werde endlich „lebendig“, denn was du lebendig nennst, ist es nicht! Deine „Werke und Taten“ zeigen mir, ob du lebendig bist oder nicht. Am Ende zählen nur Taten und Werke aus Liebe, also aus Hingabe. Ich liebe das, was ich im Herzen trage, dem laufe ich nach – je nachdem. Trage ich Gott im Herzen, so laufe ich ihm nach und seiner ganzen Schöpfung, also gerade auch jenen Menschen, die mir tagtäglich geschickt sind – ihnen zu dienen und sie zu lieben. Der liebende Mensch ist allezeit der dankende Mensch: er dankt für alles, was über ihn kommt – wie Hiob.

 

Wichtig ist dabei auch unser Verstand, unsere Vernunft, unser Geist: das Wort Gottes zu empfangen und zu verstehen und an ihm ohne Kompromisse festhalten – das Wort Gottes ist „reine Wahrheit“ und danken wir dafür, dass dieses Wort uns gegeben ist, dass wir es „empfangen haben wie wir es gehört haben“.

 

Wir sollten täglich in der Heiligen Schrift wirklich betrachtend lesen. Bevor wir das tun, bitten wir den Heiligen Geist, dass er uns führen möge und dass er uns leiten möge – er tut es bestimmt. Eine größere Sicherheit wie wir sie in der Heiligen Schrift finden, gibt es auf Erden nicht.

 

„Empfangen  und Hören“ – das ist das ganz Wesentliche. Dazu muss man unbedingt sagen: unser ganzes Heil und unsere ganze Heilung „empfangen“ wir vom Herrn. Ist das nicht wunderbar, wie sind wir gesegnet damit, „Empfangende“ sein zu dürfen. Eines nur ist verlangt: „ja“ zu sagen zu diesem Empfangen. So ist es auch mit dem „Hören“ – das wahre Hören können verlangt eine innere Sammlung und Stille. Beide Fähigkeiten, das Empfangen können und das Hören können, sind auf den ersten Blick passive Eigenschaften, meint man – doch es ist gerade anders. Die „höchste Aktivität“ liegt im Stille werden und im Hin-hören-können: generell kann man sagen, in der Fähigkeit zum Er-Leiden.

 

Es wäre jetzt die Stelle über das, was „Leiden“ wahrhaft besagt, betrachtend nachzudenken. Nur so viel: das Leiden ist immer ein Empfangen, ein Erleiden, ein Aufnehmen und ein Sich-Hingeben. Wir sehen das schon an der Natur, die den Elementen völlig „ausgesetzt“ ist, sie wirklich er-leidet – so sind die Wälder, die Berge und Gewässer und alle Tiere wahrhaft „schön“ – weil sie allesamt „Erleidende“ sind – Empfangende. Sie mischen sich nicht darein und mischen nicht mit und so sind sie am „schönsten“. Wenn das schon für die Natur gilt wie viel mehr für das Wesen des Menschen. Das Menschen-Wesen ist dann am „schönsten“ wenn es reiner Empfänger ist – also „Leidender“. Das Leiden umfängt „alles“ was ist, weil das Leiden gleich ein umfassendes Empfangen ist.

 

Das Wesentliche wird also immer „empfangen“ und wir sind die Aufnehmenden. Hiob ist so ein Leidender, der alles empfängt, Gesundheit, Wohlstand, Reichtum, Krankheit, Verzweiflung, Kritik, Glaube, Hoffnung und Liebe: er dankt Gott stets für „alles Empfangene“ und so ist er ein wahrhaft Leidender und damit ein wahrhaft Liebender. Eine Liebe, die nicht erleidet, also nicht empfängt, ist keine Liebe – denn die Liebe ist im Wesen Hingabe meiner selbst, Entäußerung meiner selbst, sich ganz schenken, sich aussetzen, sich wagen – sich ganz der Vorsehung Gottes aussetzen, einerlei was kommen mag. Liebe schenkt sich einfach und frägt nicht danach, was sie dafür bekommt: das ist die reinste Form der Liebe.

 

Dann kommt eine sehr tröstliche ungemein hoffnungsvolle Verheißung: es sind jene, die mit „weißen Gewändern“ mit unserem Herrn einhergehen werden. Unser Herr wird für „diese“ unser Fürsprecher beim Vater und all seinen Engeln sein. Es sind die, die im „Buch des Lebens“ verzeichnet sind: es sind die Heiligen. Und zur Heiligkeit sind wir alle ausnahmslos berufen. In Offb 7,9 ist ihre Zahl ohne Zahl: niemand kann sie zählen. Ist das nicht wunderbar und hoffnungsvoll? Die mit den weißen Gewändern haben ihre Gewänder „gewaschen“, sie kommen aus der „großen Bedrängnis“ – sie haben sich im Blut des Lammes rein gewaschen. Dazu später mehr!

Nur so viel jetzt: sie dienen Gott Tag und Nacht in seinem Tempel! Man muss Offb 7 lange und sehr langsam beten, was hier offenbart wird ist das, was uns „eine ganze Ewigkeit lang“ beschäftigen wird: Anbetung unseres Schöpfers – Ewige Anbetung. Dahin sind wir unterwegs, das ist unser Ziel.

 

 

Philadelphia (Offb 3,7)

 

Was der Herr „öffnet“ und was er „schließt“, das IST geöffnet und IST geschlossen: niemand kann das jemals ändern. Das ist eine sehr trostreiche Zusage an uns, denn ich darf wissen, dass alles im Himmel, auf der Erde und unter der Erde Gottes liebender Vorsehung anheimgestellt ist. Darin darf ich mich ganz und gar verlieren und bergen. Von unserem Gott, der die Liebe selbst ist, kann niemals etwas Schädliches oder Abträgliches kommen: Alles dient zur Verherrlichung des Herrn. Philadelphia ruft zum Ur-Vertrauen in unseren Schöpfer auf: zu einer Ur-Sicherheit, deren es auf Erden auch nicht nur annährend eine geben könnte. Philadelphia schlägt alle Angst und Furcht nieder, erstickt deren Energie schon im Keim.

 

In diesem Vertrauen auf den Herrn stehend ist dasselbe (Vertrauen) jene Tür, die „niemand schließen kann“, selbst die Unterwelt hat keine Handhabe mehr – denn alle Angst ist gewichen. So gilt diese sichere Zusage gerade den „Armen“, jenen, die nur „geringe Kraft“ haben.

 

Wer sind diese?

 

Die Armen sind nicht in erster Linie die materiell Armen, an die wir meistens denken. Armut, geistig gesehen, bedeutet im Wesen Verzicht, und zwar auf „mich selbst“. Mir selbst leer werden, mir selbst arm werden, sodass Gottes Geist in mir einziehen und walten darf, das ist diese Armut im Geiste, einzusehen, dass meine Kraft aus mir selbst zu nichts taugt und je mehr ich das einsehe, also meine „geringe Kraft im Wesen“, desto mehr mute ich mir die Wahrheit Gottes zu und das ist nichts anderes als „wahre Demut“. Zu wissen, dass ich alles von meinem Gott habe, dass ich alles ihm verdanke und nichts aus mir selbst Bestand haben kann. Das zeigen mir ja schon meine Gebürtlichkeit und Sterblichkeit an.

 

„Geringe Kraft“ ist die Voraussetzung dafür, ihm alles zuzutrauen und ihm zu danken, habe ich ja wesentlich nichts aus mir selbst. Diese demütige Haltung schlägt auch jeden Stolz im Ansatz nieder, denn ich weiß mich meinem Gott anvertraut, der mich und alles was ich bin ins Sein gerufen hat und mich wieder abberuft – wie es ihm gefällt. So bin eigentlich ein „Armer“ und so alleine ganz Sein Eigentum.

 

Dieser „Arme im Geiste“ hat nur noch eines woran er felsenfest festhält: am Wort Gottes – das ist unser Herr Jesus Christus. Er ist die Mitte meines Lebens. Darf das Ewige Wort in mir Fleisch werden, dann habe ich seinen Namen „nicht verleugnet“. Die Stärke also zeigt sich gerade in meiner Schwachheit, denn, wie Paulus sagt: wenn ich schwach bin (arm im Geiste, leer, entleert, entäußert) dann erst bin ich stark, denn angefüllt bin ich dann mit dem Geist Gottes, der wirkt was er wirkt und dem ich nicht mehr entgegen bin – so lasse ich ihn wirken was er will und es ist das Allerbeste, ob ich es im Moment einsehen kann oder auch nicht.

 

Selbst die Leute aus der Synagoge des Satans werden vor diesem wahrhaft Armen im Geiste nur mehr bekennen können: „Es ist der Herr“: Dominus est! – der Herr ist am Werk!

 

Der Herr sagt uns auch in Philadelphia zu, dass die Versuchungen kommen und da sind, und wie man sieht, immer mehr werden. Besonders jene Seelen, die sich ernsthaft auf den Weg machen dürfen sich gefasst machen auf „Versuchungen“. Die Versuchung an sich setzt sich immer zum Ziel, von Gott abzufallen und das geschieht augenblicklich dann, wenn ich Gott aus meinem Blickfeld verliere. Ist das geschehen, habe ich einen Ersatz-Gott kreiert und das sind dann die Götzen, die ich anbete und verehre. Da darf man einsetzen was man will – es bleibt immer ein Götze.

 

Was mein Glaube wert ist zeigt sich in der Versuchung. Versuchungen sind so gesehen auch Gelegenheiten der Umkehr, weil sie sich oft katastrophal auswirken und jede Katastrophe in sich die Möglichkeit einer Grund-Revision der eigenen Existenz bereit hält. Nicht, dass die Versuchung an sich, als Zweck, wertvoll wäre, sie ist sie nur als „Mittel“.

 

Der Herr „kommt bald“. Philadelphia zeigt in die Dimensionen der Zeit und es gibt, wie mir scheint, nur zwei Autoren, die das Wesen der Zeit unglaublich tief erfasst haben: für den Grenzbereich der Vergänglichkeit ist das zum einen Heidegger und auf´s Ganze gesehen ist der andere Autor der „Heilige Geist“.

 

Über das Wesen der Zeit nachzudenken führt einen womöglich in die Heiligkeit, eine Perspektive, die sich bislang recht unterversorgt darstellt. Seit der Herr am Kreuz für uns gestorben ist, er, der Unverwesliche, von dem wir bekennen, dass er am Dritten Tage auferstanden ist und in den Himmel aufgefahren ist: seit der Auferstehung Christi „gibt es die zyklische Zeit nicht mehr“ – mit der Auferstehung Christi ist der Ewige Lichttag angebrochen, der keinen Abend mehr kennt. Am Kreuz von Golgotha durchmisst seither die Ewigkeit unsere Geschichten in unserer Geschichte, sie unterfasst sie. Diese Ewigkeit, die in unsere Todes-Zeit hereinragt, IST. Heidegger stellte bekanntlich in „Sein und Zeit“ die Frage nach dem Sinn von Sein und kommt letzten Endes auf die „Zeitlichkeit“ zu sprechen: wir verstehen Sein aus dem heraus, was Zeit und Zeitlichkeit wesentlich besagen. „Sein und Zeit“ führt in die richtige Richtung, schreckt aber vor der theologischen Differenz zurück: Wenn sich alles Ek-sistieren (ein Begriff aus dem 2. Hauptwerk im Sinne des ek-sistere: hinaus-stehen) aus dem Horizont des Zeitlichen heraus versteht, des Zurück auf – des Sein bei und des Woraufhin, dann ist das nur und kann nur sein kein „letzter Hinweis“, sondern der Hinweis darauf, dass die Dimensioniertheit nach Zeit und Zeitlichkeit selbst unterfasst sein muss von einer Un-zeitigkeit, die selbst „ab-wesend / anwest“. Heidegger wird sich in seinem Spätwerk dieser unzeitgemäßen Dimension nähern.

 

Am Kreuz auf Golgotha, mit der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus, gibt es wesentlich gesehen keine „Vergänglichkeit“ mehr – der Herr ist „da“ – ganz real anwesend, er ist mit dem Vater am Werk: Jesus, einmal gestorben und auferstanden: stirbt nicht mehr! Er sitzt zur Rechten des Vaters und so mit ihm die ganze Himmlische Heerschar. In jeder Feier der Eucharistie „geschieht“ diese unfassbare lebendige Gegenwärtigung unseres auferstandenen Herrn: im Mysterium der Eucharistie.

 

Dass uns sinnlich und existentiell (nicht aber existential) die Vergänglichkeit zu Leibe rückt, tut der Ewigkeit in der Vergänglichkeit keinen Abbruch.

 

Philadelphia sagt uns: der Herr kommt bald! Dieses Kommen des Herrn passiert nicht in einer eingebildeten Zukunft, das wäre noch die tote, zyklische Zeit, der wir ja so oft verfallen. Nein, der Herr „IST“ am Kommen – dieses Kommen des Herrn geschieht „jetzt“ und zwar immer dann, wenn ich mich dieser Offenbarung öffne. Der Herr IST – es wird darauf ankommen, und zwar nach dem Maße meines „Glaubens“, ob ich diese Wahrheit des Herrn erfassen kann, ob ich mich ihr "öffne". Er, der Ewig Seiende, lässt sich von mir finden – er erwartet mich bereits am „Brunnenrand“ und bettelt: Gib mir endlich zu trinken!

 

Nach so vielen Umwegen in der Todeszeit kann es geschehen, dass plötzlich die Ewigkeit im Herrn „gefunden wird“ – das lebendige Wasser: „Herr, gib mir dieses Wasser…“ wird die Samariterin entgegnen. Man kann auch sagen, dass die Samariterin „verklärt“ die Ewigkeit schaut und von nun an lässt sie alles liegen und stehen, weil sie den „Herrn endlich gefunden hat“ - der ja immer da ist, nur bin ich stets der "Blinde".

 

„Ich komme bald“ – Philadelphia spricht nicht von einer Zukunft, sondern von der Ewigkeit im Jetzt. Der Herr IST am Kommen in meiner und unserer End-Zeit, solange, bis alle Dämme und Widerstände gebrochen sind und der Herr als der totale Christus auch dereinst kommen wird zu richten. Kirche ist nicht bloß ein Gebäude oder eine Versammlung, Kirche ist der „totale Christus“, der Auferstandene und ewig mit dem Vater und dem Heiligen Geist am Werk seiende, mit uns, der streitenden Kirche.

 

Das zu erfassen tut nicht not – wie der Meister Eckhart einmal woanders sagt:

Wer diese Rede nicht versteht, der bekümmere sein Herz nicht damit. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleicht, solange wird er diese Rede nicht verstehen. Denn es ist eine unverhüllte Wahrheit, die da gekommen ist aus dem Herzen Gottes unmittelbar. Daß wir so leben mögen, daß wir es ewig erfahren, dazu helfe uns Gott. Amen. (Armuts-Predigt).

 

Die Wiederkunft des Herrn geschieht und ist am Werk und wird auch als Ereignis in unserer Todes-Zeit „zeitlich“ ankommen – so, wie der Herr einst auf Golgotha für uns in unserer Todes-Zeit starb aber den Tod ein für Alle Mal vernichtet hat: Seitdem ragt der ganze Himmel in unsere gebrochene Wirklichkeit herein und verklärt diese je nach dem Maße unserer Zu-Neigung und Bereitschaft.

 

Philadelphia schließt mit einer „ewigen“ Verheißung: Säule im Tempel Gottes zu sein – immer im Tempel Gottes zu sein – im Namen Gottes zu sein – ein-geschrieben zu sein in den Namen meines Herrn Jesus Christus.

Das ist die Vollendung! Hier muss man schweigen und vielleicht rührt sich im Herzen eine leise Ahnung und Freude, was uns da erwartet, wohin es mit uns gehen soll.

 

 

Laodizea (Offb 3,14)

 

„Ich kenne deine Werke. Du bist weder kalt noch heiß! Wärest du doch kalt oder heiß! Weil du aber lau bist, will ich dich aus meinem Mund ausspeien.“ (Offb 3,15)

 

Die Botschaft ist unmissverständlich: sie ist gerichtet an uns und genau adressiert an unsere Zeit! Wie sind wir glücklich, sorglos, es geht uns gut, uns fehlt nichts, wir ehren auch Gott, zwar mit einem Mindestmaß, aber immerhin, das Hochfest zu Weihnachten, das Fasten am Karfreitag, der Erlagschein für missio, die Sonntagsmesse, Gott belohnt uns, wir sind reich und gesund, wir sind tüchtig und pflichtbewusst in Familie und Arbeit und haben es letztlich doch zu etwas gebracht. Was wir erreicht haben stimmt ganz gut mit unseren Plänen zusammen, wir haben gute Versicherungen, Lebens-Versicherungen, die Medizin macht sehr gute Fortschritte, wir müssen nicht mehr leiden, den Armen wird auch geholfen, zwar gibt es Missstände, aber man ist nach Kräften am Werk. So oder ähnlich klingt es in uns allen an.

 

Nun das Wort unseres Herrn, es ist ganz unheimlich: Weil du aber lau bist, will ich dich aus meinem Mund ausspeien! „Diese laue Speise“ ist völlig ungenießbar – das heißt es – denn wenn der Herr etwas ausspeit, dann liegt das ewige Siegel der Wahrheit darauf.

 

Die laue Seele ist völlig ungenießbar!

 

Wer sind diese „Lauen“? – die weder kalt noch heiß sind und wo da der Herr wünschet, dass sie es doch wären. Man kann sagen, dass des Lauen Seele „eingeschläfert dahindämmert“ – sie ist schon fast tot und pulsiert nur noch dämmrig dahin, regungslos, sterbend eigentlich, sie „siecht“ mehr dahin als dass sie sich noch bewegte. Die „laue Seele ist tot“. Der Atheist oder Nihilist oder Materialist oder je nachdem: der ist noch unterwegs, zwar in die falsche Richtung, wäre ihm aber die Wahrheit des Kreuzes offenbar, so wäre er ein „Glühender für den Herrn“!

 

Die „heiße Seele“ liebt den Herrn schon ganz und gar auf Erden – die Heiligen aller Zeiten. Kalt oder heiß: die Seele „lebt noch“, sie lässt sich noch formen, sie merkt auf, ist empfänglich für Veränderung, sie will noch etwas – und zwar mehr als nur 60 oder 90 Jahre alt auf Erden werden, sie sehnt sich noch über alles Irdische hinaus, wirft ihre Sehnsucht nach den Sternen, ihr ist das Irdische immer zu wenig, sie weiß um die Begrenztheit alles Irdischen und sucht ihr Glück schon in der Ewigkeit – je nachdem. Die „laue Seele dagegen“ bewegt sich nicht mehr, sie stirbt vor lauter Trägheit und Faulheit vor sich hin mit dem Bewusstsein, doch am Leben zu sein, erfolgreich zu sein, viel erreicht zu haben, reich und glücklich zu sein und von Gott belohnt zu sein.

Die laue Seele betet sich selbst an mit den Worten: mir fehlt nichts – es geht mir sehr gut! Mir fehlt nichts, ich bin restlos zufrieden, ich „habe alles“  - was brauche ich noch?

 

Jesus Christus sagt zu dieser lauen Seele: Du weißt aber nicht, dass gerade du elend und erbärmlich bist, arm, blind und nackt (Offb 3,17).

 

Die laue Seele „weiß“ das nicht – das ist das Tragische, dieses Nicht-Wissen um meinen wahren Seelenzustand. Und hier scheint wieder diese „Nacktheit“ auf, die in Gen 3 zum Vorschein kommt: eine Nacktheit, deren ich mich „schämen muss“ – habe ich doch durch meine Sünde den Glanz des Kleides Gottes an mir weggeschmissen: so stehe ich nackt und ängstige mich. Das ist wohl der tiefste Grund und die Wurzel aller Scham, die in uns am Werk ist.

 

Ich schäme mich, weil ich mich losgesagt habe von meinem Schöpfer. Im Innersten habe ich damit eine Revolte vollzogen gegen jenen Schöpfer, dem ich doch alles verdanke, von dem ich alles habe, dem ich mich verdanke, von dem ich komme, zu dem ich gehe.

 

Laodizea spricht diese innerste Scham in mir an: meine Revolte gegen meinen Schöpfer. Käme mir das zum Bewusstsein, wäre ich gar kein „Lauer“ mehr, das kann mich nicht kalt lassen – wenn doch, dann ist meine „Seele tot“ – fast mausetot!

 

Der Herr hat auch für diesen Seelen-Zustand noch ein Wort, ein ewiges Wort: kaufe geläutertes Gold, kaufe weiße Kleider (die Taufe), kaufe Salbe, um deine Augen zu salben, damit du wahrhaft siehst!

 

Was ist gemeint? Geläutertes Gold ist der „wahre Schatz“, das ist der „verborgene Schatz“ im Acker (Matt 13,44). Findet jemand diesen Schatz, so verkauft er alles, was er bisher besessen! Wir sollen von unserem Herrn selbst „dieses Gold kaufen“ – erwerben und es kostet uns am Ende unser Leben; wir bezahlen den Erwerb dieses Ewigen Schatzes mit dem Einsatz unseres irdischen Lebens, das wir für ihn hingeben, ihm als seine Gabe an ihn zurückerstatten: aus Liebe! Der Preis für das Ewige Leben im Herrn ist meine Selbsthingabe an ihn aus Liebe.

 

Der Preis für das geläuterte Gold Christi ist meine ganze Hingabe an ihn. Kleide dich mit dem „weißen Kleid der Taufe“  - wir Getauften „sind“ schon gekleidet mit diesem makellosen Kleid der Taufe, wir sind daher schon hineingestorben in die Auferstehung Christi: es kommt jetzt darauf an, dass dieses weiße Taufkleid auch wirklich zur Geltung kommt, dass ich mich mit ihm kleide und nicht mit meinen Vorstellungen. Laodizea erinnert mich an meine Taufe und sagt mir auch, diese zu „erneuern“ – ernst zu machen, mich zu entscheiden für meinen Herrn Jesus Christus, ihm nachzufolgen.

 

„Christos“ ist der Messias, der „Gesalbte“. „Wahrhaft“ sehe ich dann, wenn ich zu ihm hin in ALLEM hindurchblicke. Jesus Christus, der Gesalbte selbst, salbt „meine Augen“, damit sie wahrhaft „sehend“ werden. Wörtlich genommen: werden meine Augen mit Jesus Christus: in ihm und mit ihm und durch ihn  - gesalbt, dann bin ich nicht mehr der Blinde, sondern „wahrhaft sehend“ geworden.

 

Die Liebe Gottes weist zu Recht und nimmt in Zucht: das kann auch gar nicht anders sein, denn das Lieben ist ein Abschied nehmen von sich selbst und seiner Selbstsucht, gerade mein Ich wird hingegeben und dieses Ego wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen; es will sich um jeden Preis erhalten und behaupten. In dem Maße, als mein ICH stirbt, in dem Maße wird die Liebe groß in mir. Wenn die Liebe in mir wächst, stirbt mein Ego.

 

„Mache also Ernst, und kehr um!“ (Offb 3,19) – das ist die Grund-Botschaft der Offenbarung des Heiligen Johannes an uns, sie ist die Bedingung der Möglichkeit zur Heiligkeit und ist gerade jetzt in der Fastenzeit genau die wichtigste Botschaft: Fasten heißt sich auf dieses „Ernst machen“ zuzubereiten. Dazu gehört fester Wille und eine entschiedene Entschlossenheit, also  eine absolute Entschlossenheit, die nicht mehr auf sich selbst gründet, sondern alles von ihm, unserem Herrn, erwartet, denn aus mir selbst bin ich „schwach und elend“. Ich bitte also den Herrn um diese Gnade der Bekehrung und er wird es wirken. Wollte ich die Umkehr aus mir selbst bewirken, wäre das wieder meine egoistische Anstrengung, die schon im Keim fruchtlos bleibt.

 

Daher ist das stille Gebet so wesentlich, weil es mich mit der Wahrheit verbindet und von dieser Wahrheit alles erwartet. Der Betende „IST“ und kann nicht mehr sein der Stolze und Hochmütige – wenn er es ernst meint. Jedes Gebet „ist“ schon in sich demütiger Anruf an den Allerhöchsten, wie es in Psalm 70 heißt:

 

„Gott, komm herbei, um mich zu retten / Herr, eile mir zu Hilfe!“

 

Jedes Gebet ist immer Anruf des Höchsten um Hilfe und Eingeständnis schon meiner Niedrigkeit, wahre Demut. Wer betet „ist“ schon demütig – so einfach die Gebete auch sein mögen.

 

Der Herr „klopft ohne Unterlass an meine Tür“, er erwartet mich Tag und Nacht am Brunnenrand, er sieht meine Wege und wartet und wartet. Unendlich ist die Geduld, unendlich die Liebe unseres Herrn. Jeder Seele geht er nach, auf jede Seele wartet er.

 

„Öffne ich“ – das ist die Frage, lasse ich den Herrn ein, lasse ich mich auf ihn ein – denn er hat sich von Ewigkeit her schon auf mich eingelassen. Der Flüchtende bin ich.

 

Zur Zeit des Heiligen Grignion de Montefort kam eine Strömung zur Geltung, die bis heute mächtig und unterschwellig alles durchseucht und sich als fortschrittlich, rational und progressiv darstellt. In dieser Zeit werden Empirismus und Rationalismus mächtig, Strömungen, die dem „Mysterium“ den Kampf ansagen. Grundströmungen, die letztlich Positivismus und Nihilismus mächtig werden lassen.

 

„Gott ist tot – Gott bleibt tot und wir haben ihn getötet!“ – Nietzsche, der verkannte „Gott-Sucher“ – nie war er wirklich in Laodizea zuhause; wer „so“ ringt, ist auf dem Weg  - daher sind die Parolen über Nietzsche: Nihilist, Atheist usw. nichtssagend. Nietzsche dringt in eine Tiefe vor, in der eine wahre „Begegnung“ mit unserem lebendigen Gott möglich wird. Nietzsche „zerbricht“ vielmehr am Zeitgeist, dass nämlich „Gott“ überhaupt keine Rolle mehr zu spielen scheint – unter uns allen. „Gott ist wie tot für uns“: wie wahr sind doch die Einblicke Nietzsches gerade auch für unsere Zeit.

 

Heidegger sagte einmal sehr spät das Wort in seiner Schrift „Gelassenheit“: die „Gelassenheit zu den Dingen und die Offenheit für das Geheimnis“.

 

Ja, wahrhaft: die Dinge „sein lassen können“ und sich offen halten für das Geheimnis, für das „Mysterium“.

 

Heidegger hat letztlich nie konkreter sprechen wollen, wer sein Schriften wirklich betrachtet, der weiß, woher er kam und wohin er unterwegs war: in das „Mysterium“.

 

„Der letzte Gott“ – so eine Fuge aus seinem II. Hauptwerk, das ist die „Begegnung mit dem lebendigen Gott“. So ist es nicht erstaunlich, dass die „Ehrfurcht“ eine zentrale Rolle zeitlebens bei Heidegger spielen wird, das sich behutsame unaufgeregte Annähern an das Mysterium.

 

Hugo von Hofmannsthal dichtet einmal in der „Tor und der Tod“ Claudio die Verse:

„…Bin nie auf meinem Weg dem Gott begegnet, mit dem man ringt, bis daß er einen segnet.“

 

Die Begegnung mit dem „lebendigen Gott“ ist und muss es sein: ein Ringen, ein Kampf auch und letztlich eine „Erlösung“.

 

Dieses Ringen mit dem lebendigen Gott: wo ist es noch? Bitten wir darum, so wie der Heilige Grignion de Montefort und bitten wir unsere Gottes-Mutter Maria um ihren Beistand. Sie wird uns führen und leiten. Sie ist die ganz demütige Magd, sie ist der Kniefall vor Gott, der uns allen zum Heil gereicht.

 

(Fortführung)

 

 

Mutter der schönen Liebe

Lasse die Flammen der Liebe auch unser Herz reinigen

Damit es lauter sei

Und ein Tabernakel des Herrn

Amen

 

 

Offenbarung 1

 

1. Hören heißt auf-hören, hinauf-hören – zur Ruhe kommen, still werden. Gebet ist der Weg in die Stille. Beten wir:

 

Maria, du würdige Königin der Welt,

allzeit reine Jungfrau, tritt für uns ein um Frieden und Heil!

Du hast Christus, den Herrn, den Heiland der Welt,

geboren. Amen!“

 

Dieses Hören kommt ganz aus der Stille. Johannes betet in seinem Herzen -es betet in ihm wie es Psalm 131 betet:

 

Herr, mein Herz ist nicht stolz,

nicht hochmütig blicken meine Augen.

Ich gehe nicht um mit Dingen

Die mir zu wunderbar und zu hoch sind.

 

Ich ließ meine Seele ruhig werden und still

Wie ein kleines Kind bei der Mutter

Ist meine Seele still in mir

 

Israel, harre auf den Herrn, von nun an bis in Ewigkeit.

 

Johannes ist also zunächst ein „Hörender“, einer, der ganz zur Stille gekommen ist. Das ist keine Eigenleistung. So erst kann er „sehen“. Der „Seher“ aus Patmos ist ein Hörender und nur weil er hört, kann er auch „sehen“. „So“ sieht er den Herrn und dieser Anblick lässt ihn sogleich in die tiefste Stille sinken: wie tot. Der Herr war tot, er starb unseren Tod: doch nun lebt er in alle Ewigkeit. Jetzt auch, in diesem Augenblick ist er, unser Herr, der All-Lebendige, der ein für Alle Mal den Tod getötet hat. Er sitzt zur Rechten des Vaters.

 

In throno et agno benedictio, et honor, et gloria, et potestas in saecula saeculorum – Amen! (Offb 5,15).

 

Er fiel nieder wie tot: das Niederfallen ist hier die demütige völlige Anbetung und Anerkennung: Du Herr, bist Gott, ich bin dein Geschöpf – Dir sei alle Ehre, Du hast alles ins Sein gerufen! Das ist wahre Demut – Mut zur Wahrheit, deren es nur eine einzige  - einige – geben kann. Der Herr selbst, Christus, ist mit ihm – Johannes. Christus leitet und beauftragt ihn und „spricht ihn an“ – mit ihm: auf DU und DU.

 

Was er aufschreiben soll „gilt“: universal, personal, ohne Zeit – zeitlos, ewig gültig. Es gilt im Himmel, auf der Erde und unter der Erde, es umfängt alle Zeiten: es ist das Ewige Wort, das alles durchdringt und am Leben hält.

 

 

Ephesus (Offb 2)

 

Kehr um! Du hast Deine Erste Liebe verlassen, das meint: verlassen hast du die Liebe des Vaters. Dieser Fall ist der tiefste, und wir fallen immer noch. „Kehr zurück“ – „kehr um“: zu jener Liebe, die dich zuerst geliebt! Es muss eine Seele sein, Ephesus, die viel gewagt hat, die meint, ihren Gott wahrhaft zu lieben und dennoch: die der Liebe des Vaters immer noch nicht antwortet. Sie verabscheut auch sonstige, gängige Ausflüchte und vor allem Kompromisse, denn unser Vater im Himmel ist ein eifersüchtiger Gott.

 

„Denn ich bin der HERR, dein Gott, ein eifersüchtiger Gott“ (2. Mose, 20).

 

Das Treiben der Nikolaiten ist universal und personal und wird heute als „normal“, sogar progressiv ausgegeben. Sie haben etwas Magisches und Erlösendes bei sich, diese Schwärmer, eine Lüge, die letztlich das „Glück auf Erden“ verspricht. Man erkennt die modernen Nikolaiten an ihrer phobischen Angst und an ihrer Allergie gegen das Kreuz Christi. Man halte ihnen dieses Kreuz hin und da sind sie dann alle dahin, weg. Mit dem Kreuz wollen sie nichts zu tun haben. Die modernen Nikolaiten sind Selbsterlöser, sie versprechen das Wohlergehen in der Vergänglichkeit und damit auf Erden und umkleiden diese mit dem Schein von Ewigkeit: das ist die Lüge schlechthin. Wir alle sind anfällig dafür. Am Anfang und am Ende dieser Anfälligkeit steht meine eingegrabene Sucht nach mir und meinem Wohlergehen, meinem Genuss, der letztlich nie hält, was er zu versprechen meint: Ewigkeit! So stolpert man von einer Lüge in die andere, probiert´s noch einmal und noch einmal, bis es aus ist!

 

Dagegen: sich auf-geben und es ihm überlassen – durchblicken durch diese Welt der Vergänglichkeit zu ihm, dem Schöpfer des Himmels und der Erde. „Zu essen vom Baum des Lebens, der im Paradies Gottes steht“ (Offb 2, 7).

 

Diese „Ewige Speise“ wird empfangen: Eucharistie! Er wird mir zu essen geben – nicht ich gebe mir selbst das ewige Leben zu essen. Das muss man empfangen. Das ist genau die Wende: wer darf mich be-stimmen, welcher Stimme folge ich: meiner eigenen, des Schöpfers Stimme, oder den dunklen Mächten? Diese Unterscheidung muss man betrachten.

 

Am Ende ist alles sehr, sehr einfach in mehrfachem Sinne: sich leiten lassen vom Heiligen Geist ist das Einfachste und doch zugleich das Schwierigste: weil wir ihm so oft entgegen sind. Der Heilige lässt den Heiligen Geist walten – und das ist dem Heiligen das Wunderbarste und Einfachste, da erst wird die Freude übergroß.

 

Denn Herrn lieben, mit ganzer Seele und Kraft und mit ganzem Herzen heißt: über mich selbst hinweggehen. Wann und wo und wie auch immer „mein Selbst und Wohlergehen“ noch eine Rolle spielen, da kann man sicher sein, dass es mit der Liebe zum Schöpfer nicht weit her ist.

 

Er ist der Mittelpunkt, ihn verehre ich: weil ER ALLES ist – und daran habe ich Freude. Erst wenn diese Freude „wahrhaft“ aus meinem Herzen aufsteigt werde ich merken, dass ich selbst mehr und mehr „unwichtiger“ werde. Das geht fast automatisch, das eine bedingt das andere. So sollte man eigentlich mehr und mehr Energie darein setzen IHN, unseren Herrn, zu lieben und zu verehren und anzubeten und alles andere kommt „wie von selbst“. Wenn der Herr die Mitte ist – ist „alles gut“. Das ist die gute Nachricht!

 

 

Smyrna und Pergamon (Offb 2,8 – 2,17)

 

Es ist die Probe an uns selbst: zu prüfen, genau hinzusehen. Eine große Gefahr geht von unserer Selbstbeweihräucherung aus, wir können sogar das, was das Christliche im Wesen ausmacht, für unser eingebildetes Wohlergehen „missbrauchen“. Dann wird der HERR für meine Zwecke instrumentalisiert, bloß benützt, damit ich es „gut“ habe, damit ich mich wohl „fühle“ usw. Am Ende soll es „mir gut gehen“ – das geht so weit, dass man sich auch auf diese verfängliche Weise den „Himmel und das Ewige Leben“ erkaufen will: das sind dann die „Ablass-Sammler“. Die Unterscheidung der Geister ist hier nicht schwer, denn das zentrale Anliegen ist überall hier dasselbe: es geht mir letztlich um „mich“, nicht um den Herrn und nicht um meine Nächsten. Das bleibt das Kriterium der Unterscheidung. Liebe ich aber den Herrn um seinetwillen, so liebe ich die gesamte Schöpfung um seinetwillen: mag kommen was will. Diese Liebe bewährt sich besonders im „Kreuz“ – da zeigt sich sehr rasch, wen ich wirklich liebe: meinen Egoismus oder den Herrn, von dem ich „alles erwarte“ – letztlich auch mein Heil, das aber nicht mein eingebildetes ist, sondern jenes, das er, der Herr, mir zugeschickt hat.

 

„Smyrna“ zeigt mir diese klare Einsicht auf, zeigt mir meine wahren Motive auf und wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, dann müsste sich eine große Freude einstellen, den Herrn allein vor allen weltlichen Dingen zu lieben: denn das bedeutet den „Bruch mit dem endlichen Absolutismus“ – der ist des Teufels, diese Lüge, dass Irdisches uns irgendwie ganz erfüllen könnte. Dagegen bleibt die Einsicht, die Fulton Sheen einmal so formuliert: sehr bald wird unsere Existenz wie ein Araber-Zelt zusammen geklappt werden, denn für diese irdische Welt sind wir nicht geschaffen!

 

Das ist sehr wichtig einzusehen und lange zu betrachten, denn dann kommt eine innere Ruhe zu Stande und die Dinge der Welt bekommen jenen Rang, der ihnen zusteht: die irdischen Güter so zu benützen, dass man sich ihrer erfreut, darüber aber niemals die „himmlischen Güter“ vergisst oder ihnen unterordnet – das Gegenteil soll der Fall sein.

 

In diesem Leben werden wir, wie Paulus sagt, immer Bedrängnis haben: so ist es wieder das „Kreuz Christi“, das die Wahrheit über alles Irdische kündet. Der Liebende „bricht mit dem endlichen Absolutismus“ und streckt sich ganz seinem Heiland entgegen. In diesem Augenblick rückt alles Irdische von uns weg in einen gesunden Abstand, hier stellt sich auch ein „Göttlicher Humor“ (Sheen) ein, der alles Weltliche nicht mehr „todernst“ nehmen muss, schon ernst, aber nicht mehr „todernst“. Todernst nehmen wir die weltlichen Dinge dann, wenn wir sie „absolut setzen“. Absolut setzen wir die weltlichen Dinge dann, wenn wir ganz und gar an sie ausgeliefert sind und es außer diesen nichts Wesentliches gibt als diese.

 

Mit dieser Haltung wirklich zu brechen gelingt erst dann, wenn der HERR unser ein und alles wird. Dann erhebt sich die Seele in ihre einzige Wahrheit und Wirklichkeit. Dann habe ich den gesunden Abstand zu mir selbst und der Welt, ich kann dann auch über mich selbst und meine Schrullen lachen, nämlich darüber wie „lächerlich“ ich eigentlich existiere im Angesicht Gottes mit dem Anspruch, ich „selbst sei wie Gott“. Dieser Bruch mit jener tödlichen Haltung der Selbst-Verabsolutierung tut dringend not, nichts scheint nötiger zu sein als dieser Bruch.

 

Man kann diese Verabschiedung vom „alten Adam“ nicht selbst bewerkstelligen, denn dann fiele man sofort – und merkt´s nicht einmal – wieder in die Selbsterlösungs-Masche zurück. An diesem Punkt angelangt wäre es sehr ratsam, die Psalmen 130 und 131 wahrhaft zu beten und anschließend die Psalmen 116 und 117, abschließend im Gebet mit dem „Magnificat“.

 

Pater Johannes Schmid sagte einmal: „Überlegter Wille ist Tat vor Gott“ – ein tiefes Wort, denn es bedeutet: wie immer mein Seelenzustand auch sei, wie verloren ich immer auch bin und wäre ich scharlachrot vor lauter Sünden, wie zerstreut ich auch immer bin: jedes Gebet, ist es mir ernst und mit Wille, dann will ich im Gebet und dieser überlegter Wille „ist“ Tat vor Gott, ist also „Sein vor Gott“.

 

Das ist sehr wichtig für das Gebets-Leben, denn jedes ernsthafte Gebet findet Erhörung und ist Tat vor Gottes Augen: wunderbar. Subjektiv und emotional mag uns das oft nicht so vorkommen, im Gegenteil. Dennoch ist das, was Pater Schmid hier ausdrückt, absolut „wahr“. Das ist das Wunderbare!

 

Eigentlich betrachtet, münden die Sendschreiben an die Gemeinden in der Offenbarung jeweils in eine große „Dankbarkeit“ meinem Schöpfer gegenüber, dass er mich jetzt führt und am Werk ist. Denn der Vater ist mit dem Sohn und dem Heiligen Geist „ständig am Werk“.

 

Der Herr selbst sagt uns in der Offenbarung ständig: Kehr um! Da sieht man die unendliche Barmherzigkeit unseres Herrn, der uns unübersehbare Hinweise gibt, den wahren Weg zu finden. Bleibt die Frage: bin ich dafür empfänglich, höre ich das, und, nehme ich das an?

 

 

Thyatira (Offb 2,18)

 

Wer das „Weib Isebel“ gewähren lässt, der ist in höchster Gefahr – geistig gesehen. Denn Isebel ist, wie ein zeitgenössischer Pater einmal sagt, ein mächtiger Dämon, also ein reines Geist-Wesen, das uns bindet und verführt, das mächtig ist, Könige und Herrscher zu bestimmen und zu verführen (siehe im Buch der Könige). Sie gibt sich als Prophetin aus, lehrt die Knechte Jesu und verführt sie. Das genügt um zu zeigen, wie mächtig dieses Geist-Wesen ist.

 

Und sie verführt zum Ehe-Bruch in allen Dimensionen, letztlich geht es ihr um den „Bruch mit Gott“ selbst – das ist das Ziel von Isebel. Ist dieses Ziel erst einmal erreicht, hat sie vorläufig ihre Opfer gut in der Hand – dieser Geist „bestimmt“ dann eine Existenz, die das nicht einmal selbst bemerkt, man ist diesem Geist ausgeliefert – „so“ gefährlich ist dieser Geist, er ist aber nicht allmächtig. Mit der Hilfe vor allem Mariens ist es uns fast ein Leichtes, diesen Gesit fern zu halten: das demütig-flehende Gebet zur Heiligsten Gottesmutter „siegt immer und überall“!

 

Isebel gewähren zu lassen bedeutet auch für mich, Kompromisse gewähren zu lassen, also keine „wirkliche Entscheidung“ zu treffen: Gott oder Nichts (Robert Kardinal Sarah).

 

Diese Entscheidung: Gott oder Nichts trifft haargenau das, worum es hier eigentlich geht: mir diese einzige (wichtigste) Entscheidung meines Lebens ganz klar zu machen. Da soll man sich ruhig Zeit nehmen, alles gut zulassen an Zweifel und Ärger und Frust, das darf alles hochkommen. Man muss sich diese Option klar machen und dann auch „wirklich entscheiden“: Ja, hier bin ich Herr – ich bin ein Sünder aber ich komme zu Dir, ich will heimkehren zu Dir, Vater – hilf mir dazu, denn ich bin schwach!

 

Bitte ich Maria um ihre Hilfe, dann ist man auf der ganz „sicheren Spur des Lebens“. Dann kann nichts mehr schief gehen. Wähle ich nicht ganz Gott, dann habe ich auch gewählt: nämlich das Nichts und seine allumfassende Lüge. Das muss einem in Thyatira ganz klar werden: Entweder oder – eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. In der Philosophie nennt man das in der Logik: tertium non datur – man kann sagen, dass das auch „die“ Göttliche Logik ist: Alles oder Nichts – ja, und man muss wirklich wählen und entscheiden – das ist ganz wesentlich.

 

Nun eine sehr ernste Mahnung an uns direkt vom Herrn: er habe Isebel Zeit gelassen sich zu bekehren – sie aber „will“ nicht!

Dieses „Nicht-wollen“ (non serviam) ist  - kann man sagen – der Ur-Abfall Luzifers: ich will Dir nicht dienen, Gott!

 

Das Wort ist an uns gerichtet: die Barmherzigkeit unseres Herrn ist und bleibt „unendlich“, „ewig“ – diese unendliche Barmherzigkeit Jesu findet allein in meinem „Willen“ eine Grenze. Ich selbst errichte diese Grenze, diesen Wall der Auflehnung und Überhebung, aus Stolz, Unwissenheit, Eigensinn, sinnlicher Begierde usw.

 

Ich will Dir nicht dienen: das heißt im Wesen: ich will Dich, Herr, nicht lieben, ich will Dir nicht vertrauen! Das heißt es! Die allmächtige Liebe Gottes erfährt an meiner Freiheit „Alles oder Nichts“. So sehr achtet unser Schöpfer unseren freien Willen. Es ist dies wirklich das größte Wagnis, das man sich vorstellen kann. Gottes freie Liebe zu uns ist das zerbrechlichste Wagnis, es hängt am seidenen Faden. Wie werde ich antworten, wie werde ich entscheiden, wie „will ich mich entscheiden“?

 

Maria hat uns gezeigt, wie die Entscheidung sein „muss“ – aus Freiheit freilich: „Mir geschehe wie Du es gesagt hast!“

 

Vermutlich gibt es Seelen, die nie zu dieser Entscheidung kommen, es gibt Seelen, die diese Entscheidung nie treffen, sie ablehnen, um sie wissen, aber dennoch „un-entschieden“ bleiben. Die reinen Geister haben „ein für alle Mal entschieden“ – diese Entscheidung ist unwiderruflich gefallen: Luzifer und sein Gefolge „wollen in Ewigkeit nicht dienen“ – da ändert sich nichts mehr daran. Und es wird auch Menschen-Seelen geben, die auf ewig verloren gehen – wie Luzifer und sein Gefolge.

 

Thyatira ist also wirklich sehr ernst, das muss man sich hier klar machen: denn es geht auch hier um meine Seele. Dann heißt es, dass der Herr jene unbelehrbaren Seelen auf das Krankenbett schickt und sie in große Bedrängnis bringt. Das alles sind wunderbare Zeichen noch immer seiner Barmherzigkeit: denn Krankheit und Bedrängnis (wie auch immer) sind tiefe Möglichkeiten der „Bekehrung“. Da komme ich an meine Grenzen, da kann mir mein bisheriges Lebens-Konzept tief frag-würdig werden, da kann mein steinernes Herz in ein Herz aus Fleisch umgewandelt werden. Da kann ich letztlich dahin geführt werden, mit ganzer Seele zu beten: Herr, da bin ich!

 

Alle Kinder der Isebel sind „Missgeburten“, man kann sagen: Tot-Geburten. Wenn es heißt, dass der Herr sie töten werde, dann heißt das: wir selbst entscheiden uns für diesen Tod. Und es ist eine sehr ernste Angelegenheit, denn der Herr spricht hier – und es ist Gottes Wort – vom 2. Tod und das ist der „Ewige Tod“. Dass wir alle physisch sterben ist uns der 1. Tod und er ist in Christus gesehen für uns Christen der Übergang zur Herrlichkeit Gottes. Der 2. Tod aber ist der „Geistige Tod“ und dieser Tod ist „furchtbar“, denn dieser Tod ist der Tod der Gerechtigkeit. Wenn eine „Seele nicht zum Herrn will“ – trotz Einsicht – dann bedeutet das am Ende den Geistigen Tod in Ewigkeit. Dieser Tod ereilt viele Seelen „mitten im irdischen Leben“ – oft sehr unbemerkt und schrecklich, wenn mit Bewusstsein.

 

Dann folgt ein Wort des Herrn, das uns in seiner Tiefe ebenso eine ernste Mahnung ist und die zurückreicht bis zum Sündenfall im Paradies. Ich zitiere daher:

 

„Aber euch übrigen in Thyatira, denen, die dieser Lehre nicht folgen und die »Tiefen des Satans«, wie sie es nennen, nicht erkannt haben, euch sage ich:…“ (Offb 2,24)

 

Die „Übrigen“, das sind jene, die das Treiben der Isebel durchschaut haben, das sind jene, die das „Kreuz Christi“ verehren, also die restlose Liebe unseres Vaters zu uns, das sind jene, die sich „tatsächlich entschieden“ haben für unseren Herrn und Gott und die die „Tiefen des Satans nicht erkannt“ haben.

 

Was heißt dieses „Erkennen“? Es geht nicht um einen nur rationalen Vorgang des Erkennens, es geht um ein Erkennen das zugleich ein „Handeln“ bedeutet.

 

In Gen 3,7 geschieht genau dieses „Erkennen durch Handeln“: sie „erkannten“, dass sie nackt waren.

 

Wir sollten wirklich in gewisse Dinge und Dimensionen erst gar nicht „eintreten“ – wir wissen es oft nur zu gut, dass es Dimensionen gibt – vor allem geistiger Natur – die lässt man lieber ganz weg, da geht man nicht hinein weil man sich einer großen Gefahr aussetzt. Würde ich dennoch in diese geistigen Bereiche eintreten und sie zulassen, dann kann es geschehen, dass diese Mächte über mich Macht bekommen und mich bestimmen.

 

So ist das hier gemeint: die „Tiefen des Satans nicht erkennen“ heißt eigentlich: ich lasse mich auf das teuflische und verfluchte Spiel des Eigenwillens erst gar nicht ein, denn das kann oft und oft tödlich enden und wird es auch letztendlich. „Erkennen“ meint hier viel weiter bedacht ein „Sich einlassen auf diese Dimensionen“ – ja, mit Haut und Haar, es ausprobieren wollen – und das wohl wissentlich. Ein Beispiel, das in unsere Zeit passt: ich höre mir schlechte Musik an – ich weiß, dass diese schlechte Musik eine Wirkung auf mein Seelenbefinden haben wird – wie es auch die gute Musik hat. Schon bin ich mitten drin und man muss sagen: die Wirkung wird nicht ausbleiben! Was so von Außen auf mich andrängt, ist genauso innerlich wie es ja schon innerlich „entschieden“ war, diese schlechte Musik mir anzuhören.

 

Auf Gen 3,7 zurückzukommen: es mit dem Eigenwillen erst gar nicht zu probieren, sondern alles meinem Gott anzuvertrauen – der alles erschaffen hat – das wäre genau die richtige Antwort, sich erst gar nicht einlassen auf die Argumentation der Schlange, die sehr rational und schlau daherkommt, das wäre die richtige Antwort, gar nicht erst diese Dimension „betreten“ (erkennen), sondern im Grund-Vertrauen auf Gott bleiben und mit dem Herzen beten: Hypage satana, gegraptai gar kyrion thon theon sou proskyneseis kai auto mono latreuseis! Hinweg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben, Du sollst den Herrn deinen Gott anbeten und ihm allein dienen!

 

„Ihm allein dienen“ – ihm, meinem Herrn und Gott; sonst niemandem. Was wäre geschehen, hätte Eva dies gebetet! Maria tat es dann an ihrer Stelle, sie, die Neue Eva. Dank sei Gott!

 

Jetzt noch etwas Wesentliches, was uns Thyatira ins Herz spricht: was zählt, das sind unsere „Taten und Werke“ – nicht das zählt, was wir denken, was wir uns ausmalen oder phantasieren. Ich kann im stillen Kämmerlein darüber klagen, wie die Armut schrecklich ist in der Welt und rühre keinen Finger  und fühle mich noch gut dabei. Denken wir auch daran, dass das „Unterlassen von Gutem“ ganz hoch oben steht in meiner Verderbtheit. Die Unterlassungssünden sind bei weitem die häufigsten und sie fallen uns gar nicht mehr auf.

 

Am Ende wird zählen, was wir wirklich „wollen“ und „überlegter Wille = Tat vor Gott“. Der überlegte Wille kann gebrochen zur Ausführung gelangen und wird es oft, das gehört zu unserem Mensch-sein, daran muss man arbeiten, sich bessern. Wenn ich wirklich „gut sein will“ – z.B. jemandem vergeben – dann „tue ich das auch“, ich zeige es in Gedanken, Worten und Werken. Wenn ich Gott „anbeten will“, dann zeige ich das in Gedanken, Worten und Werken. Ich werde ihn verehren, anbeten, werde beten, seine Gebote befolgen, werde ihn aufsuchen im Allerheiligsten Sakrament usw.

 

Die „Taten und Werke“ sind wichtig – sie zählen und nicht die Lippenbekenntnisse. Bedenken wir auch, dass die Zeit „sehr kurz“ ist – alles vergeht wie im Flug. Die Entscheidung Gott allein zu dienen duldet keinen Augenblick lang Aufschub!

 

An den Werken festzuhalten, die unser Herr uns gebietet – unerschütterlich – das ist der Weg und das ist das Leben und mit Entschiedenheit abzulehnen und NEIN zu sagen zu jenen Mächten, die uns letztlich von unserem Schöpfer „trennen“ wollen – das ist die Botschaft von Thyatira – eine Botschaft die uns Heutigen mitten ins Herz treffen sollte.

 

 

 

 

(Weiterführung)

 

 

 

 

Das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied zu Ehren des Lammes (Offb 15,3)

 

 

Magna et mirabilia opera tua,

Dominus Deus omnipotens.

Iustae et verae viae tuae ,

Rex saeculorum.

 

Quis non timebit, Domine,

Et magnificabit nomen tuum?

Quia solus pius:

Quoniam omnes gentes venient et adorabunt

In conspectu tuo quoniam iudicia tua manifestata sunt.

 

 

Μυστήριον  (1. Fastensonntag 2021)

 

 

Die   BEGEGNUNG

 

 

Erwartung: warum eigentlich? Überall und allezeit: Erwartung – ein Durst, ein Hunger – ungestillt.

Wo wird das sein? Und dann? Wo also „ist“ der Ort der Begegnung, die Stätte, wo das Leben zu seinem Quell zurückfindet?

 

Ist das überhaupt noch eine Frage? Vielleicht nach all unseren Ausflüchten und Aggressionen, nach all den Jahren auf der Flucht.

 

„…sein Herz aber ist weit weg von  mir“ (Mk 1, 17)

 

„Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben“ (Joh 4,10).

 

Wir sollten allererst „den empfangen“, der uns diese ewige Quelle anbietet.

 

DAS GEBET JESU (Joh 17,3)

 

Im Anfang ist: Hingabe. Alles „ist“, weil der Vater sich hin-gibt: durch deine Hingabe, Vater, ist alles ins Sein gerufen.

 

Alle Schöpfung – all unser Sein ist durch deine Hingabe, Vater – wer aber nimmt dich auf, Vater?

Wer antwortet auf deine Liebes-Gabe? Dein Wort, dass alles was ist und ins Dasein ruft – bleibt verborgen in seiner Annahme, dein Geist, Vater, wird ausgehaucht: keiner aber, der daran Teil nimmt.

 

Nicht abgeschlossen sind wir, nicht fertig gestellt: wir sind offen hin zu Dir, Vater. Wir Menschen, Vater, sind der Schatz Deiner göttlichen Liebe. Wer kann das begreifen – Du, Vater, liebst uns mit Deiner ganzen Hingabe – darum „bin ich im Sein“ – alles „ist“, weil Du es liebst – weil Du Dich zuerst ganz hingibst.

 

Die sich schenkende Liebe wartet auf Antwort: werden wir antworten? Die Liebe des Vaters – bleibt sie ohne unsere Antwort, ist sie „zerrissene Liebe“: eine Sehnsucht, eine Ungeduld, eine Leidenschaft liegt in Deiner Gabe, Vater – du wartest auf meine Antwort – werde ich antworten? Du hast Durst, Vater, nach mir und meiner Antwort aus Freiheit! Du hast Sehnsucht, Du, Schöpfer von allem – nach mir – Deinem Geschöpf?

 

Wer kann das begreifen? Der Schöpfer sehnt sich nach seinem Geschöpf. „Gib mir zu trinken!“ – sagst Du, mein Schöpfer, zu mir – Dich dürstet!

 

Anklang: „Gib mir zu trinken!“ – alles gibst Du, Vater, Du All-Guter, alles, was aus Dir ist, ist ohne Fehl und Makel – nehme ich das an? Werde ich darauf antworten? Oder zweifle ich an deiner Gabe – misstraue ich Dir – verachte ich Deine Gabe – will ich sie gar nicht – lehne sie ab – kann nicht ertragen, dass Du mein Bestes mir gibst und schenkst und ohne Gegenleistung?

 

Kann ich ertragen, dass mein Bestes und mein Heil von Dir allein ist – von meinem Schöpfer – oder will ich mein Glück auf eigene Faust? Kann ich das gänzliche Abhängig sein von Dir, Schöpfer, nicht ertragen – will ich nicht annehmen, was Deine Vorsehung über mich seit jeher beschlossen hat und verfügt hat? Lehne ich mich auf: gebe ich meine Geburtsurkunde zurück und stelle mir meine selbst aus?

 

Lasse ich mich ganz von Dir, mein Vater und Schöpfer, Herr des Alls, zum Baum des Lebens machen – oder will ich nach meinem Willen pflanzen und ernten und planen und vorstellen – oder vertraue ich mich Dir ganz und gar an: Vater, verfüge über mich – Du bist der Herr!

 

An diese Stelle, Vater, hast Du mich also jetzt geführt: sage ich ganz „ja“ zu Dir oder weigere ich mich? Du hast ja das Allerbeste für mich bereit – nehme ich das an – sage ich: ja, Vater, Dein Wille geschehe in allem was ist, was war und was kommen wird – ich lege meine Seele ganz in Deine Obhut, mein Vater! Ich vertraue alles Dir an, mich vertraue ich Dir an – mir selbst aber will ich misstrauen, denn alles Gute ist aus Dir und kein Makel ist an Dir – darauf will ich vertrauen: Vater, hilf mir dazu!

 

Du sprichst Dein ewiges Liebes-Wort aus – in aller Stille in unsere Zeiten der Weigerung hinein. Noch immer schenkst Du uns Dein Liebes-Wort, immer und immer wieder. Dein stiller Ruf sehnt sich immer noch – und siehe, da wird Antwort.

 

Vater, hier ist der Ort, da sich alles entscheidet: antworte ich dir ganz, vertraue ich mich Dir ganz an – von ganzem Herzen und nicht halbherzig, überlasse ich mein Leben Dir, meinem Schöpfer – oder nicht? Alles was ist – ist gut in Dir, Vater – deine ganze Schöpfung und alles in ihr ist Dein „Gut“: alles hast Du geordnet nach Deiner Weisheit – allem werde ich mich fügen, es mit großer Dankbarkeit annehmen – Dir, Vater, immer und überall und zu jeder Gelegenheit Dank sagen – für alles in allem.

 

Vater – ich habe keine Vorbehalte mehr: hilf mir dazu, diese Einsicht und einzige Wahrheit in Dir zu leben – allezeit und immerdar. Vater, alles will ich jetzt aus „Deiner Hand annehmen“ – weil es von Dir ist – weil Du es geschaffen und verfügt hast und weil Du der Allgute und mein Schöpfer bist: Vater, nimm jetzt meinen Dank für alles entgegen und vergib mir meine Schuld, dich so oft und oft beleidigt zu haben, indem ich mich auflehnte – Deine Schöpfung ablehnte: Vater, da bin ich – ich will dir danken, dich preisen und loben für alles und in allem!

 

Mein Leiden und mein Sterben, Herr, ist jetzt im Wesen verwandelt: mit Christus Jesus trage ich ohne Verzweiflung – es gibt kein „sinnloses Leiden“ mehr. Denn der Tod ist besiegt: ein für Alle mal in Jesus Christus, meinem Herrn und Gott – Dir sei Dank, Herr!

 

 

Versehrte Zeit: unsere Zeit / Zeit der Abwesenheit; es ist auch jetzt die unsere; es will wieder Abend werden.

 

Auch die Zeit der Verheißung: eine noch leere Zeit.

 

 

ANKUNFT

 

Quelle der Gabe: Quelle des Empfangs in der Tochter Zion: fruchtbarste Tätigkeit: unseres Gottes fähig sein.

 

Maria spricht dieses „ganze, vorbehaltlose JA“ – Ja, Vater – ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe wie Du es gesagt hast! – ihr Ja ist ihr Leben – lebenslänglich spricht sie ihr Ja – in der Verkündigung, im Tempel, in den verborgenen 30 Jahren, unter dem Kreuz.

 

In diesem Heiligen Augenblick erzittert der ganze Himmel, alle Heiligen Engel Gottes und alle Heiligen werfen sich vor dem Herrn nieder – die ganze himmlische Heerschar hält den Atem an – eine Heilige Stille bannt die gesamte Schöpfung im Himmel, auf der Erde und unter der Erde: wie wird Maria tun – was wird sie sagen – wie antwortet sie?

 

Ihre Antwort ist ihre ganze Existenz – sie schenkt ihr ganzes Herz ihrem Schöpfer. Nie wird es wieder „so“ einen Heiligen Augenblick einer rein geschöpflichen Existenz geben. Die gefallenen Engel erzittern ob dieses Heiligen Augenblicks – nie wird ein Wort eines Geschöpfes mächtiger und heiliger sein als das Wort Mariens. Wer dieses Wort betet, der tritt in das innerste Heilige ein – der „ist geheiligt“.

 

Heilig ist der Lobgesang Mariens: Heilig, heilig, heilig – die von Anfang der Zeiten ausgegebene und zerrissene Liebe des Vaters  findet ihre Antwort im Magnificat. In alle Ewigkeiten wird die Hölle erzittern – wer diesen Lobgesang auch nur anstimmt, hat alle Feindesmacht besiegt. Die Gabe ist vollkommen empfangen im JA Mariens. In diesem Augenblick wird der ewig vom Vater Gezeugte aus lebendiger Erde (Maria) im Heiligen Geist geformt.

 

Wer kann das fassen, was hier ein für Alle Mal geschehen ist? „Wie“ kommt es zu dieser Heiligen Neu-Schöpfung: der Heilige Geist „überschattet“ Maria – er ist der Wirker in jenen Kreaturen, die sich ganz und vorbehaltlos dem Vater über-antworten und ihm also „ganz antworten“. Jedes Mal, wenn dies sich ereignet, jubelt der gesamte Himmel, erzittert die ganze Hölle, kehrt eine Heilige Seele ins Vaterhaus heim.

 

Das dreimal: Heilig – heilig – heilig vermählt sich mit dem Fleisch: und das Wort ist Fleisch geworden.

 

O HEILIGER GEIST

 

Seele meiner Seele,

ich bete dich an

erleuchte mich

führe und leite mich

stärke mich

tröste mich

sag mir was ich tun soll

zeige mir deine Weisungen.

Ich verspreche dir alles zu tun was du von mir verlangst

Und alles anzunehmen was du für mein Leben zulässt.

Lass mich einzig deinen willen erkennen – Amen!

 

 

„Denn Gott wollte in seiner ganzen Fülle in ihm wohnen“ (Kol, 1,19). Die ganze Fülle ist ALLES – mehr geht nicht, weniger ist nicht: die Fülle ist das Ganze, das VOLLENDETE – das ist die Fülle.

 

„Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau…“ (Gal 4,4).

 

In unserer Menschheit wird das Wort Fleisch im Schoß Mariens – sie ist daher „voll der Gnade“ – alles in ihr ist reine Zustimmung im Heiligen Geist. Die Zeit Mariens ist auch unsere Zeit, meine und deine Zeit, auch unser aller sterbliche Zeit: in unsere sterbliche Zeit hinein kommt das Ewige Licht und wird Fleisch, durchdringt unsere ganze, gesamte Menschheit mit seiner Heiligkeit und wird so unser aller Erlöser.

 

Fleisch und Zeitlichkeit / Mensch und Welt sind „ein für alle Mal“ vom Wort des Lebens: JESUS durchdrungen: in der Taufe Jesu im Jordan ist das ein für Alle Mal geschehen. Ein für alle Mal ist unsere Menschheit, unser aller Menschen-Wesen, in Christus geheiligt. Der Vater „gibt sich“ ganz hin – in Jesus Christus – für uns Menschen, zu unserem Heil. Durch den Heiligen Geist empfängt die Menschheit in Christus die ganze Gabe des Vaters, seine ganze Gottheit ist vereinigt mit unserer ganzen Menschheit: „so“ sehr hat Gott die Welt geliebt!

 

In Jesus wird die ganze Menschheit – unser aller Wesen – ganz Gott, dem Vater, rückerstattet, dargeboten – zurück geschenkt. In Christus „einigen sich Gottheit und Menschheit“  für immer: ein für Alle Mal.

 

„Die Quelle ist da – sie ist das Herz des Gottesknechts“ (Corbon).

 

Die Quelle ist da: menschgewordener Gott – er „ist“ da, ganz Gegenwart: in einer für die Sinne unfassbaren Realität – schenkt er sich: Jesus, Gottesknecht – Herz des Gottesknechts.

 

Unsere „Menschheit“ – unser aller Wesen – wird in Christus gesalbt, geheiligt.

 

Da gibt es eine Haupt-Frage an uns, wenn wir sie zulassen, eine stumme Anfrage an uns, die uns würgt: am Ende werde ich doch sterben.

 

Machen wir uns nichts vor: wir sterben – so oder „so“. Heute nimmt man das mit Achselzucken und sagt: eh klar!

 

Der Tod nimmt mir alles – er raubt mir am Ende mein Leben, alles muss ich jetzt zurücklassen, was mir lieb und teuer ist, wofür ich gelebt habe, was ich erworben, was ich geliebt habe.

 

Ist dieser Tod zu überwinden? Kann man ihn stoppen? Man versucht ihn hinauszudrängen – um jeden Preis das Leben quantitativ zu verlängern – um jeden Preis am Leben, an diesem irdischen Leben, zu bleiben (ein anderes kennt man nicht mehr). Das sieht man doch – vor nichts ängstigt sich der heutige Mensch mehr als vor dem eigenen Sterben müssen: und so war es ja immer. Zum Sterben war es immer noch „zu früh“!

 

Daher wird das Sterben „verdrängt“ und man hat heute einen Lügenausweg gefunden, der eigentlich kein Ausweg sein kann: man will selbst Art und Weise und Zeitpunkt des eigenen Sterbens entscheiden und sich so vorgaukeln, auch Herr über den Tod zu sein. Wenn man nicht mehr leben will, dann nimmt man eine Pille, schläft friedlich ein und wird nicht mehr wach: die letzten Worte auf den Lippen: lass´ mich jetzt die Augen schmerzlos schließen und vergessen – vergessen, vergessen – ja, den Tod auch und das Sterben vergessen. So lenkt man sich ab und vergisst darüber das Betrachten des eigenen Sterbens, dass der Tod nämlich unsere Ansprüche auf irdische Ewigkeit durchkreuzt, das ist ja der Stachel des Todes: dass alles Irdische Windhauch ist, vergänglich – nichts bleibt: wozu also die Mühen, die Kämpfe, das Aufgebaute – wozu sich freuen, wenn am Ende doch alles vergeht? So wird die Frage nach dem Tod „ernst“ – wie sie es auch in Wahrheit ist. Der Tod arbeitet heute im Verborgenen wirksamer denn je: man sieht das jetzt an Corona – alles wird getan, damit Ärzte nicht entscheiden müssen, wer vor dem und  dem sterben soll. Man hat sich auf das Organisieren des Sterbens verlegt, so kann man ja auch hier noch aktiv sein – und das ist dann auch die Hauptsache, die vor dem Sterben bis zu  letzt ablenkt.

 

Jetzt die Frage: Es „gibt“ ein Ereignis, das den Tod selbst in seinem Wesen tötet, vernichtet – den Tod in seinem Wesen ein für alle Mal besiegt: ohne Fluchtwege, ohne Auswege, ohne Verdrängung – ein Ereignis, das in den Tod eintritt, zum wahren Zweikampf mit ihm antritt und ihn ein für alle Mal tötet – vernichtet: der Tod ist dadurch ein für Alle Male besiegt – er ist entmachtet, er hat all seine Kraft eingebüßt. ER, Gott selbst, geht „in den Tod“ – der Unsterbliche ist in seinem Wesen nicht sterblich – für mich aber geht er in den Tod, für mich Sterblichen, um mir das Ewige Leben zu schenken – Geschenk Gottes! Kann ich das annehmen?

 

Jesus Christus „ist“ dieses Ereignis – es ist nicht vorbei, sondern dauert in alle Ewigkeit. Jesus stirbt – wie auch wir sterben, er stirbt den grausamsten Tod – wie auch wir manchmal grausam sterben, Jesus lenkt nicht ab vor dem Tod, er übernimmt ihn freiwillig – er, der Sohn Gottes: für mich und an meiner Stelle geht er in den Tod, der Unsterbliche betritt meinen Tod und damit hat er meinen und alle Tode „geheiligt“, „gesalbt“ – mit Unendlichkeit und Auferstehung zum Ewigen Leben bekleidet. Jesus hat meinen Tod ein für alle Mal „gesegnet“, „gesalbt“ – vorausgesetzt bleibt immer: kann ich das annehmen? Darauf kommt es immer an – dass er mein Retter ist, dass ich ihn als meinen „Herrn und Gott“ anbete und anerkenne.

 

Was heißt es eigentlich, dass Jesus dem Tod „freiwillig“ gegenübertritt? Ist er ein Selbstmörder? Selbstmörder sind jene, sagt man, die den Frei-Tod wählen – die also auch frei in den Tod gehen! Aber Jesus bringt sich ja nicht selbst um – das ist klar, also ist er auch kein Selbst-Mörder. Jesus sagt als wahrer Gott und wahrer Mensch „JA“ zum Tod, er bejaht ihn mit seinem ganzen gottmenschlichen Willen.

 

Er selbst gibt sich hin – niemand raubt ihm sein Leben: Jesu Tod ist daher kein „Raub des Lebens“ – wie wir es alle empfinden, wir Sünder. Jesus ist so sehr mit dem Vater eins – ein Wesen im Heiligen Geist – dass er für seine Brüder und Schwestern in den Tod geht – alles mit-leidet, was uns bedroht und so erlöst er es, das uns Bedrohende, denn er, Jesus, ist unser Gott, er, Gott, geht in meine Gebrochenheit und „salbt“ sie.

 

Immer und immer wieder muss man das betrachten: der eingeborene Sohn Gottes „liefert sich frei willig“ dem grausamsten Tod aus. Warum eigentlich? Wenn wir das nicht begreifen, ist alles andere sinnlos.

 

Die Antwort der Theologen aller Zeiten – die kennen wir zur Genüge: Jesus ging aus „Liebe“ in diesen Tod – für uns. Aber haben wird das auch wirklich begriffen, ja was heißt denn das eigentlich – was da sich ereignet und „zur Stunde ereignet“ und jedes Mal in der Feier der Eucharistie sich ereignet?

 

Er, der Unsterbliche – der nie im Wesen sterben kann  - er ist das Wort des „Lebens“ – das ewige Wort, es ist in sich ewig dauernd. Dieses Ewige Wort liefert sich der Vernichtung aus – freiwillig, gibt sich ganz und gar hin – er, der unsterbliche Gott – das hätte er nicht notwendig, er, der an sich Unsterbliche. Warum tut er das?

 

Er hätte als Sohn Gottes, als zweite göttliche Person, alle Macht: aber er setzt überhaupt keine Gewalt ein – die Gewaltlosigkeit Jesu in seiner ganzen Passion muss uns in Staunen versetzen – noch am Kreuz wird er den Vater bitten, ihnen allen zu vergeben – allen seinen Peinigern. Wer kann das fassen? Jesus lässt in diesem Augenblick – der lange dauert – alles geschehen, er lässt alles walten, er lässt alles zu – ohne Widerstand, ohne Auflehnung, ohne Gegenwehr, ohne Gegengewalt – ganz hingegeben ist er an die Vorsehung des Vaters: Vater, nicht mein Wille, sondern der Deine geschehe!

 

Völlige Hin-Gabe ist das Wesen der Liebe.

 

Jesus gibt „alles“ am Kreuz – man kann sagen: er opfert seine Gottheit am Kreuz – „so“ sehr hat Gott die Welt geliebt! Für uns Menschen: die Liebe Gottes kennt kein Maß, sie ist maßlos.

 

Der Tod am Kreuz ist Zeugnis der unendlichen Liebe Gottes zu seiner Schöpfung, zu uns, zu mir, zu dir.

 

Das Kreuz Christi bedeutet im Wesen die „unendliche Liebe“ des Vaters: man muss zu dieser unendlichen Liebe des Vaters im Kreuz durch-dringen, sonst bleibt man an der Grausamkeit des Kreuzes hängen und „versteht nicht“.

 

Liebe = Hingabe: Göttliche Liebe = göttliche Hingabe: etwas Größeres gibt es nicht. „Dieser Liebe“ kann ich ganz und gar vertrauen, dieser Liebe kann ich mich ganz hingeben, diese Liebe wird mich niemals enttäuschen, in dieser Liebe kann ich mich ganz bergen: der Vater ist der ALL-GUTE – er hat das Beste für mich und mein Leben: besser geht´s nicht. Dieser Liebe kan ich mich getrost ganz schenken und anvertrauen.

 

Kreuz Christi = Liebe des Vaters und Liebe = Hingabe, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle anderen Gottes-Bilder, die wir so in uns tragen: vom strafenden bis zum rächenden bis zum vernichtenden und Leistung fordernden Gott zerschellen an der „Göttlichen Liebe“.

 

Wenn ich also das Wesen der Liebe Gottes „erahnen“ will, dann muss ich diese „Hingabe“ betrachten: der Vater hält nichts zurück für uns, er schenkt sich in seinem Sohn uns „ganz“. Das ist eigentlich nicht fassbar. „So“ liebt mich der Vater – mit "dieser Liebe".

 

Da muss eigentlich alle Existenz-Angst und Furcht weichen, da muss aller Zweifel weichen. „So“ ein Gott hat mich ins Sein gerufen. Da kann ich doch nur still und anbetend und voller Dankbarkeit beten: Herr, da bin ich! Alles kommt von dir und alles geht zu dir und ALLES – ausnahmslos – ist „sehr gut“ in dir – denn Du bist der ALL-Liebende, der ALL-Gute. Dir vertraue ich – dir kann ich restlos vertrauen, es ist ausgeschlossen, dass DU mich hintergehst. Ja, Herr, Dir will ich restlos vertrauen – Amen!

 

 

„Sünde“ ist das Entsetzlichste für Gott überhaupt, sie, die Sünde, ist jener Riss von Anfang an, der im Wesen Trennung von Gott bedeutet. Sünde ist eigentlich im Wesen gedacht: Miss-trauen. Er, der Sohn Gottes, der ganz und gar Sündenlose, wird zur Sünde – das Leiden des Vaters kann sich hier keiner vorstellen, ebenso des Sohnes: diese Hingabe ist das Äußerste Zeugnis der Liebe Gottes an uns Sünder.

 

„So sehr liebt Gott“ uns Sünder – dass er seinen eingeborenen, geliebten Sohn für uns „hin-gibt“. Das ist eine Liebe, die verrückt ist vor Liebe: das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Man muss hier einfach „staunen und schweigen“ und ganz still werden vor dieser Liebe unseres Schöpfers.

 

An dieser Stelle muss es langsam „dämmern“, dass der Vater uns alle – die gesamte Schöpfung – mit unendlicher Liebe liebt: da gibt es nichts daran auszusetzen: alles ist wahrhaft „sehr gut“ – alle Geschöpfe.

 

„So“ einen Vater haben wir, das ist unser Gott. Wenn man das einmal begriffen hat und in sein Herz eingelassen hat, dann kann man diesem Gott nur ehrfürchtig gegenübertreten – vorausgesetzt: man hat das begriffen und hat sich ergreifen lassen. Frage: hat „diese unendliche Liebe“ nicht unsere Gegen-Liebe verdient?

 

Kann man das jetzt besser begreifen? Ich glaube, am Ende bleibt nur das schweigende Staunen vor diesem Gott, der sich aus Liebe mir schenkt um mir das Ewige Leben zu schenken. Ich muss das erst zu-lassen. Erfassen wird man das nie können. Was ist „das“ für ein Gott, der sich so erniedrigt, um mir seine Ewige Hand zu reichen?

Der Vater ruft mich nicht nur ins "Sein" - er ruft mich aus diesem Sein zum Ewigen Leben: das muss man erst einmal begreifen.

 

Ja, das ist das Tragische vielleicht - dass diese umsonstige Liebes-Gabe unbeantwortet bleibt.

 

Zur Stunde Jesu am Kreuz ist die ganze göttliche Wahrheit „erfüllt“: das Heilswerk Gottes ist „vollendet“ – auch wenn es irdisch gesehen noch lange dauern wird, bis dieses Ereignis unsere Herzen erobert. Jetzt, am Kreuz, da Jesus wirklich stirbt, da dringt der Unsterbliche ein in alle unsere Finsternisse und in alle unsere Todesnächte und Verirrungen – jetzt leuchtet das „Ewige Licht“ – für immer und ewig und alle Finsternis ist ein für alle Mal besiegt.

 

In der tiefsten Tiefe unserer Herzen – wir machen uns das heute nicht mehr ganz klar und flüchten gerne - da gibt es eine Nacht, da gibt es eine Finsternis, da gibt es ein Zerbrochen-sein: es ist der Anblick meines Todes, meines Sterben müssens – wenn ich es zulasse, dieses ungeschminkte Anblicken, da wird einem alles sinn-los, aussichts-los. Mitten im Leben werde ich aus dem Leben „gerissen“ – da flackert kurz diese Sinnlosigkeit auf, dieses Abmühen umsonst, dieses sinnlose Vergängliche – dass nichts auf Erden dauert und am Ende alles aus ist.

 

Lassen wir das einmal ganz offen auch zu – vielleicht auch längere Zeit.

 

„Diese Nacht“ am Grunde unserer Seelen: kennen wir sie überhaupt noch oder sind wir schon so flach und übermüdet, dass wir schon gar nicht mehr unserer Seelentiefe inne werden wollen? Es ist diese „Nacht am Grunde unserer Seelen“ – ob wir es ansehen wollen oder nicht: die alles verschleiert und vernebelt. Der Tod in uns greift „ganz“ nach uns, er hat uns ganz in seiner Macht – wir sind ihm ausgeliefert, ganz und gar – bis zum heutigen Tag ist das so. Mancher nimmt das Achselzuckend hin, aber das ist nur Schein: wir alle stehen mit großen Augen vor dem Tod, der uns alle verschlingen wird – geben wir es offen zu.

 

In diese unsere Todesnacht steigt Jesus freiwillig hinein – in diese Dunkelheit geht er hinein.

 

Der Tod ist jene Macht, die unsere Schein-Welten, an denen wir hängen, plötzlich hinwegfrisst; er frisst diesen Schein, dem wir lebenslang „Sein“ unterlegten  - damit stürzen unsere Lügengebäude zusammen, der Tod ist jener, der unsere Lügen offenbart, die wir lebenslang als Wahrheiten ausgegeben hatten. So „sättigt sich der Tod“ an unseren Lügen und Scheinwelten und lässt im Augenblick des Sterbens, der oft ein „gedehnter“ sein kann, eine unendliche Leere zurück: alles war einmal, alles ist vorbei – wie wenn es nie gewesen wäre. Das ist die Macht des Todes.

Es ist die „Stunde der Finsternis“ – nur in dieser Perspektive zu leben oder von ihr gelebt zu werden gleicht einem „ewigen Gefängnis“ ohne Aussicht auf Befreiung und Leben: lebenslang eingekerkert.

 

Was geschieht da, als Jesus die Todes-Nacht betritt?

 

Jesus, der Sohn Gottes, ist nicht sterblich. Nur wer in die Falle der Sünde gefallen, der ist auch sterblich – tödlich versehrt ist der, der an der Ur-Sünde, sein zu wollen wie Gott, wesentlich Herzens-Anteil hat: also wir alle, ausnahmslos. Wir alle sind zum Tode – dieser Macht ausgeliefert.

Jesus aber ist ganz ohne Sünde, daher ist er der Unsterbliche: er ging aus Liebe, aus Gnade und Wahrheit in den Tod – so kann der Tod ihm nichts anhaben. Alle Lüge muss an der Ewigen Wahrheit zerschellen. Denn wo immer Gott, der die Wahrheit selbst ist, sich offenbart, da wird die Lüge getötet, vernichtet. Was der Tod zu verschlingen vermeinte, ist nicht zu verschlingen – der unsterbliche Sohn Gottes ist nicht zu vernichten. Der Tod zerschellt selbst an der Ewigen Wahrheit. So ist der Tod selbst der Betrogene. Wenn die Wahrheit sich offenbart, muss alle Lüge weichen.

 

„Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk, 23,43) – das ist die Vollendung, das ist das Ziel aller Seelen – im Paradies „sein“ – dahin wollen wir. Frage: wollen wir das überhaupt?

 

Der Vater schenkt sich uns ganz dahin in seinem Sohn und in seinem Heiligen Geist – er gibt sich ganz in uns hinein – wird Mensch ganz und gar, bis in den letzten Tod – sogar bis zur Gottverlassenheit geht er uns nach – der Sohn gibt sich am Kreuz ganz und gar dem Vater und schenkt seinen Geist. Alles ist hier Heilige Hingabe, reine Liebe.

 

Alles ist jetzt „voll-endet“ – die ganze Fülle „ereignet“ – im Sohn, im Vater, im Heiligen Geist. Das Heiligste Innere ist im Sohn „offenbar“ – für uns alle: er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben – fortan und in Ewigkeit.

 

Die Quelle des Ewigen Lebens: im Leib des vielgeliebten Sohnes ist sie uns zugänglich. „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das Ewige Leben“ (Joh 6,54).

In der Feier der Eucharistie ist das die "reinste Wirklichkeit". Das ist eigentlich unfassbar. Der Herr schenkt sich uns und damit das Ewige Leben noch immer und immer wieder, bis zur Stunde!

 

„Sterbliche Zeit“ ist nur Zubereitung: auf Erden ist kein Paradies. Auferstehung aus den Toten: Jesus ist nicht „tot“ – er IST.

 

Dieses Ewige Sein unseres Herrn durchwirkt alles, was ist -  er IST. Sinnlich ist das nicht fassbar, rational auch nicht – schweigen muss man. „Herr, Du bist ja – Du bist der Lebendige, der Wahrhafte“ – und ich werde an dich glauben, hilf meinem armseligen Glauben!“

 

Die gebrochene Schöpfung ist vom Tod befreit: ein für Alle Mal. Sie fanden den Leichnam nicht: das Grab ist leer. Was sucht ihr den Lebenden unter den Toten?

 

Der Ewig Lebende „lebt“ – er ist der wahre Lebendige. Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden (Lk, 24,6). Das ist nicht vergangen – sondern dauert und IST. Selbst die Apostel, seine nächsten Brüder, die alles mitgelebt hatten, alle Wunder, Gebete – mit ihm zogen sie 3 Jahre, mit dem Heiligen, umher – ihre Sinne konnten ihn fassen. Aber sie glauben noch immer nicht und halten die Auferstehung für „Geschwätz“.

 

Erst als der Herr den Lobpreis sprach und das Brot bricht und es ihnen gibt – da „gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn“ (Lk, 24,30).

 

Die Eucharistie ist wahrhaft die Mitte und der Höhepunkt, da wir den Herrn „wahrhaft erkennen“. „Brannte uns nicht das Herz…“ – sprachen sie zueinander. Wir erkennen ihn, unseren Herrn, nach dem Maß unserer Glaubens-Hingabe: er IST – und wenn wir hinzutreten, dann zu seiner Wahrheit um in seiner Wahrheit zu SEIN. Das geschieht in der Heiligen Eucharistie – stets aufs Neue, ein immerwährender Anfang in unserem Herrn.

 

Wir erkennen den Herrn in der Eucharistie – weit entfernt von all unserer Sinnlichkeit geschieht „dieses Erkennen“ im Mysterium des Auferstandenen. Er ist wahrhaft „anwesend“: wahrhaft – Du Herr, Du allein!

 

Jetzt wird die wahre „Freude“ der Jünger spürbar: sie konnten es vor Freude noch immer nicht glauben – aber sie haben ihn schon im Herzen, ihn, den Auferstandenen.

 

Es heißt, dass sie fortan „immer im Tempel waren und Gott priesen“.

 

Ja, das muss man betrachten. Ein Leben, das umkehrt, zu Gott zurückkehrt und dem Auferstandenen begegnet – den wahren Lebendigen – freut sich wahrhaft und wird sein: immer im Tempel Gott preisend.

 

Das ist der Sinn all unserer Heilsgeschichte: Umkehr, Rückkehr, Heimkehr zum Vater, ihn zu loben und zu preisen und ihm zu danken in Ewigkeit. Es braucht für „so“ ein Herz keine Anweisungen mehr – denn der Herr ist von nun an mein „Hirte“.

 

Jesus ist in meinen Tod hineingegangen, das Ewige Licht leuchtet in meiner Todes-Nacht, der Ewige Lebensstrom, der Unsterbliche, kann nun aus meiner Erde entspringen. Das Grab hat nicht das letzte Wort. Jesus ist zum Anfang eines völlig Neuen Bundes der Auferstehung geworden und meine Menschheit ist darin aufgehoben.

 

Der fleischgewordene Mensch ist in Christus zum Ewig Auferstandenen erhoben – unser Fleisch ist ewig „gesalbt“. „In Christus leben wir ewig“ – das ist die Kernbotschaft aller Heilsökonomie. In Christus ist unser Mensch-sein geheiligt – er „ist der lebendige Mensch“ – er hat meine Menschheit mit zum Vater getragen, wo er sitzt zu seiner Rechten: Leib Christi.

 

„Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das Ewige Leben“ (Joh 6,54).

 

„Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel aufkommen?“ (Lk 24, 38).

 

Das ist die Frage wenn es überhaupt noch eine ist. Der Zweifel im Herzen ist der Zweifel meiner ganzen Existenz, die "sich selbst" lieber aus den eigenen Zisternen trinkt. Aber du, Jesus, Du lebst, Halleluja!

 

Beten wir, dass aller Zweifel aus unseren Herzen weichen möge – bitten wir den Heiligen Erzengel Michael, er möge uns bewahren und schützen vor allem Zweifel und uns einigen mit unseren Brüdern und Schwestern im Herrn, dass er, der Herr, der in unserer „Mitte“ ganz gegenwärtig ist – dass wir hinzutreten und „eins sind mit ihm“.

 

So ist der Augenblick des Sterbens „BEGEGNUNG“ (Eucharistie) – mit dem lebendigen Dreieinigen Gott: Tag der Ewigen Geburt. Ewig wird sie gefeiert, die Himmlische und die irdische Liturgie.

 

Die menschliche Energie und die göttliche Energie haben sich in Christus Jesus ewig vermählt im Auferstandenen Herrn – der lebendig herrscht in Ewigkeit. Der Auferstandene ist von nun an unerschöpfliche Ewiges Leben spendende Quelle in der Liturgie.

 

Jesus hat unsere Menschheit in seinem Sterben und in seiner Auferstehung „vollendet“ – er hat mich damit bereits erlöst. Meine ganze Menschheit in mir ist wesentlich erlöst – durch ihn, Jesus Christus: er ist mein Ewiges Leben. Er verleiht das Ewige Leben: es geht jetzt vom Vater und vom Lamm aus – kommt zu mir in der Heiligen Kommunion – ich trete hinzu, einige mich und werde vereinigt. Das alte Leben ist zwar noch, aber es hat seinen Schein-Sein-Charakter eingebüßt. Der Alte Mensch in mir ist noch nicht ganz „gestorben“ – lassen wir uns nicht täuschen – bleiben wir stark im Glauben, in der Hoffnung, in der Liebe.

 

Der Lebens-Strom, so Corbon, geht von nun an vom Thron Gottes und vom Lamm aus: das ist die Geburtsstunde der Liturgie. Mit der Auferstehung Jesu, der sitzt zur Rechten des Vaters, der herrscht in Ewigkeit beginnt auf Erden das Werk der Hinzutretenden: Liturgie.

 

Mit Jesu Sterben am Kreuz ist der Tod besiegt und gestorben: der Tod ist tot – das heißt Jesu Auferstehung.

Die vergehende Zeit ist noch eine Gefangene des Todes – somit Todes-Zeit. Wenn die Zeit nicht mehr vergeht, dann ist sie „befreit“ vom Tod – befreite Zeit, das ist die Ewigkeit, die jetzt schon alles unterfasst, was ist.

 

Die Zeit „vergeht nicht mehr“: wer kann das fassen? In der „Stunde Jesu am Kreuz“ ist dies wahrhaft geschehen: sein Tod und seine Auferstehung – und seither vergeht dieses Ereignis nicht mehr – es dauert ewig an, ist nie vergangen.

 

Wir nehmen in der Eucharistie wahrhaft und real – in der reinsten Wirklichkeit Gottes – daran Teil. Kreuz und Auferstehung vergehen nicht. Wer mag das fassen? Die Ewigkeit ist uns zugänglich – vorausgesetzt, wir sind des Glaubens und des Willens.

 

Jean Corbon schreibt in seinem Werk, dass Tod und Auferstehung Jesu das einzig wahre „Ereignis“ der gesamten Geschichte sind – das ewig Bleibende in allem Vergänglichen. Dagegen werden alle Geschehnisse, die wir so im Leben erfahren, sicher einmal vorbei, vergänglich und tot sein: Staub, Windhauch.

 

 

ZÄSUR:

 

Was, fragt man sich, muss man noch wissen – was noch erforschen? Liegt darin nicht alles? Ja, muss die Antwort sein. Nichts zu wissen „außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten“ (1 Kor 2,2) – das ist wahrhaft das einzig Wesentliche Ereignis für uns alle.

 

Jetzt, in der Bußzeit, muss man sich wahrhaft besinnen und sich fragen: was suche ich denn noch außerhalb von Jesus Christus – was wäre denn da noch zu suchen, wohin treibt es mich noch?

 

Durch den Tod hindurchgehen und mit seiner gesamten Menschheit über ihn hinweg- und hinausschreiten: das ist die Auferstehung Jesu. Wenn man weiß, worum es hier geht, muss man eigentlich still werden und das einmal zulassen. Das wäre schon viel.

 

Jetzt liegt es an uns, stark im Glauben und in der Liebe, Jesus nachzufolgen: das wird unser Teil an unserer Erlösung sein, nicht aus eigener Kraft, sondern in der Kraft unseres Herrn. Von dieser Höhe betrachtet erscheint einem das bisherige Existieren als leer und nichtssagend. Liturgie feiern wir wahrhaft nur in dieser Nachfolge und sonst überhaupt nicht – wenn er, Jesus der Auferstandene, in mir „lebendig werden darf“ – dann ereignet sich wieder und wieder Erlösung und Auferstehung im Herrn.

 

Lasse ich das zu? Das ist die einzige wirkliche Frage unter tausenden unwichtigen Fragen. Sicher, das wird nicht einfach, das ist ein Kampf, ein Ringen – aber wir ringen und kämpfen niemals alleine: denn er, unser Herr, er geht mit und sie, unsere Mutter, Maria, sie geht mit und damit haben wir alles, was wir brauchen. Bitten wir darum, um diese Gnade der Bekehrung und um den Mut, einen festen Entschluss zu fassen, ihm zu folgen und mit ihm durch den Tod hindurchzuschreiten. Im Schatten des einzigen Tod-Besiegers müssen wir nichts fürchten. Sammeln wir also unsere ganze Kraft, unseren Willen und Mut und unsere Bereitschaft zur Nachfolge.

 

Geschenkt ist uns die Liturgie, die Eucharistie und das Sakrament der Sakramente: die Quelle des Ewigen Lebens.

 

Paulus schreibt im Brief an die Römer: „Wir wissen, dass Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Macht mehr über ihn“ (Röm 6,9).

 

Bitten wir den Heiligen Geist, dass er uns in die volle Wahrheit der Auferstehung unseres Herrn hineinführt, uns begleitet und uns stärkt im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe.

 

„Wir wissen“ – schreibt Paulus. Das genügt, dieses felsenfeste Überzeugt-sein – das ist eine reine Gnade. Bitten wir darum, der Herr wird uns geben nach unserem Glauben. Gott sei Dank in Ewigkeit!

 

Unsere Menschheit ist in Christus ewig „gesalbt“ – vom auferstandenen Herrn hat sich jetzt die ganze Fülle „offenbart“: wir feiern diese Fülle von nun an in der Liturgie, in ihrem Herzen die Eucharistie.

 

Liturgie gab es vor Tod und Auferstehung Jesu nicht: die Vollendung in der Fülle der Zeit war noch die Verheißung der Zeit. Seit der Auferstandene zur Rechten des Vaters regiert, ist Liturgie (sie wird ohne Unterlass gefeiert): tut dies zu meinem Gedächtnis!

 

Die Ewigkeit ist in unsere Sterblichkeit eingebrochen und hinterlässt uns fortan:  ewiges Leben.

 

Zur Betrachtung: nicht wir feiern die Liturgie – der ewige Hohepriester selbst, Jesus Christus, der Auferstandene selbst, feiert in seiner Rückkehr zum Vater im Heiligen Geist das ewige Lob- und Danklied: alle Verheißungen des Vaters sind in der Rückkehr des Sohnes erfüllt: von nun an ereignet sich „Himmlische Liturgie und mit ihr unsere irdischen Feiern“. Wir sind die Hinzutretenden – zu dieser Heiligen Feier, die ohne Unterlass gefeiert wird.

 

Der einzige ist mit seiner Menschheit zum Vater zurückgekehrt (Himmelfahrt) und der Geist Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen: Himmelfahrt und Pfingsten „währen“ – sie dauern und dauern und vergehen nicht.

 


 

 

 

ALLES VOM HEILIGEN GEIST ERWARTEN

 

 

Urbewegung der Epiklese: Heiliger Geist – Meister des Unmöglichen: sei Du mein Wollen, sei Du mein Können, sei Du mein Haben.

 

Unser soziales Leben ist nicht Faktum: der Heilige Geist IST alle Wahrheit und Wirklichkeit. Es ist gerade umgekehrt. Die Vollendung IST da – bis dass der Sehende in seiner Wahrheit erblindet und so zum „Sehenden“ wird. Der Heilige Geist IST der Unruhestifter schlechthin, also der Unruhe-Herd unserer Seelen, bis dass sie ruhen in Gott.

 

Wer den Heiligen Geist anruft, der wird unweigerlich umgestaltet, der stirbt, auf dass er nicht sterbe (Augustinus).

 

Sprachliches Schicksal: die wahre Sprache ist Psalm, Gebet – unsere todverseuchte Alltags-Sprache ist Sprache „über“. Sie ist deshalb „tot“, weil sie Totes zerredet. Daher ist die wahrhafteste Sprache das Hören-können: Zwiesprache mit Gott im Gebet. Daher ist das wahrhafte Gebet ein Sich anbieten: die Hände öffnen zu ihm hin, der uns schon: ein für alle Mal erlöst hat.

 

„Ein für Alle Mal“ bedeutet: die Wieder-holung ist un-endlich über-holt, die Zeitlichkeit ist un-endlich überholt: was wahrhaft Sein ist, das ist die Ewigkeit in Jesus Christus – er hat die Vergänglichkeit über-wunden – für immer und wir, die Sterblichen, dürfen hinzu-treten!

 

Das ist eigentlich der Kern dessen, was wir in der LITURGIE feiern: ewige Anbetung, denn unser Herr hat den Tod „ein für alle Mal vernichtet“ – es gibt keinen Tod mehr, der Tod hat kein Sein. Das ist unser Grund zur Freude und Grund für alle Dankbarkeit.

Um das wahrhaft zu feiern ist verlangt, hinzuzutreten – es anzunehmen und zu danken! Fortan heißt „leben“ „danken“.

 

Heidegger schreibt einmal: das Denken ein Danken. Wahrhaft denken ist ein Danken (der Gedanc). Und in seiner Festrede sagt er das tiefe Wort: …dass einer sich dem verdankt, dem er ge-eignet ist! Der „Eigner“ ist der Besitzer, dem das Schiff eigentlich gehört.

 

So gehört unserem Gott die gesamte Schöpfung (er ist der wahrhafte Eigner) und wenn ich mich als Geschöpf dem verdanke, dem ich gehöre, dann „danke“ ich wahrhaft. Somit zeigt sich das Wesen der Erlösung im Loslassen und sich überlassen dem, dem ich mich verdanke – das ist unser Schöpfer.

 

Realismus des Verborgenen: wenn man stirbt, spricht man wahr. Mein Sterben ist ein Sich-abklären in die eine Wahrheit Gottes, meines Vaters, der mich beim Namen ruft. Höre ich sein Rufen? Und er ruft mich in mein Sterben, auf dass ich wahrhaft lebe.

 

Alles vom HEILIGEN GEIST erwarten bedeutet: nichts ist mehr von nun an profan, alles aber geheiligt durch den Heiligen Geist. In diesem Erwarten liegt: mein Warten können. Warte ich und erwarte ich überhaupt etwas?

Hier die zu Tode gehetzte Existenz des Nicht-warten-könnens, der gehetzte Aktivismus und Aktionismus, das Sich-ab-mühen um jeden Preis: nach eigenen Vorstellungen, Plänen, Ideen, Verrücktheiten.

 

Ich habe jeden Augenblick die Freiheit der Wahl: entweder zu Tode gehetzt oder: warten, hören und zustimmen: Freiheit meines Willens.

 

Die wahre Sprache ist somit stille Zwiesprache „geworden“ – wann und wo immer ich von dieser Zwiesprache mit dem Heiligen Geist getrennt werde, bin ich tot. Es wäre auch ein große Verirrung, sich zu bemühen diese Heilige Zwiesprache aus eigener Kraft herzustellen.

 

Mein Heil liegt gerade in der Kenose: Dahingabe, Ausleerung – Geschehen lassen des Unmöglichen: dass Du, Heiliger Geist, alles ist allem seist! Bin ich bereit, ihm ALLES anzuvertrauen? Bin ich überzeugt, dass er alles führen wird? So erst werde ich „frei“ sein in der Freiheit der Kinder Gottes. Im vollkommenen Vertrauen mich vom Heiligen Geist führen lassen, das heißt: darum bitten: Komm, Heiliger Geist, heilige mich!

 

In diesem heiligen Augenblick übergebe ich – ob ich mir dessen bewusst bin oder nicht – mein ganzes Sein seiner Oberhoheit. Jetzt sterbe ich mir selbst, auf dass ich wahrhaft lebe! Jetzt übernimmt der Heilige Geist die Regie meines Lebens. Stimme ich zu oder halte ich noch etwas zurück? Wage ich dieses größte Abenteuer meines Seins?

 

Aus eigener Kraft wird das misslingen. Der erste Schritt ist daher das flehentliche Gebet: Komm´, Heiliger Geist, heilige mich (Epiklese meines Herzens).

Zugeben: dass ich arm bin, schwach bin, unfähig bin - dagegen dass Kanaa augenblicklich möglich ist und wirklich ist: wenn ich hinzutrete und alles erwarte.

 

Heiligkeit lässt sich auch so ausdrücken: dass ich alles "erwarte" und darum weiß, aus mir selbst nichts zu sein.

 

Verliere ich so die egoistische Oberhoheit über mein Sein und über-lasse mich seiner Führung, gewinne ich die Freiheit, verliere alle Angst und Sorge – denn der Sieger über den Tod, unser Herr Jesus Christus, ist jetzt wahrhaft: mein Herr und mein Gott. Er ist am Werk, mit dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes.

 

Ur-Sünde: sich von DIR, Vater, Schöpfer des Seins, wegwenden und mir selbst die Oberhoheit zumessen: Vermessenheit der Sünde, Eintrittstor aller Angst und Furcht, Geburt aller Krankheit (Missklang).

 

Heiliger Realismus (die wirklichste Wirklichkeit) dagegen ist der Zusammenklang meiner innersten Mitte (Herz) mit Dir, Heiliger Geist: Heilige Synergie. Der Aussagesatz stirbt in gewisser Weise: die Rede über wird: "Ansprache" im göttlichen DU: DU bist: mein Herr und mein Gott! Die lebendige wahrhafte Syntax und Grammatik ist „Ansprache“ – Gebet, Zwiesprache, Anfrage – im letzten Hören und Hinhören.

 

Das Schweigen spricht am heiligsten: Heiliges Schweigen ist höchste Ansprache so, wie sich unser Schöpfer dort am Wirksamsten offenbart, wo er sich in den ärmsten Gestalten offenbart: in Brot und Wein in der Heiligen Eucharistie.

 

Was bislang „wirkte und überzeugte“ (die weltlichen Belange und Egoismen), wird immer mehr wirkungslos, ja belanglos, auch wenn es uns ganz und gar „auffressen sollte“ – ja, es ist ein untrügliches Kennzeichen des Heiligen Geistes, dass die An-Griffe des Un-Geistigen und Wider-Geistigen (des Bösen), so heftig sie sein mögen, den innersten Frieden in Jesus, unserem Herrn, nicht mehr beirren können – denn wir gehören ihm und ER ist mit uns: wer kann dann noch gegen uns sein (Paulus)?

 

Heiliger Geist, führe Du mich in allen Angelegenheiten so, wie es Dir gefällt! Ich bin nicht mehr Herr im eigenen Haus, sei Du mein Herr und Gott in allen Angelegenheiten! Ur-Vertrauen! Bitten wir darum und unversehens gestatten wir dem Heiligen Geist die Oberhoheit über unser Sein. Er rückt zurecht, was krank und zerbrochen war – er heiligt uns.

 

Das Bitten „ist“ schon ein Heilig-werden!

 

Am Ende bleiben uns Dank und Freude über die Heimkehr zum Vater.

 

Wenn der Seelen-Motor überhitzt, ist die Angst am Werk. Die Angst treibt uns immer weiter weg von dem, dem wir unser ganzes Sein verdanken. Angst fokussiert sich immer auf Eigeninitiative: sie entbehrt Grund-Vertrauen, ängstigt sich zu Tode, weil sie von der Illusion lebt, das Ruder doch noch herumreißen zu können.

 

Wohin eigentlich, darf man sich fragen?

 

Am Ende aller Fluchtwege steht doch immer das Eingeständnis, das Wesentliche verpasst zu haben, immer hinterherzuhinken. Und meistens waren es Vergänglichkeiten, die man vergöttert hat -  bis alles zusammenbricht. Am Ende unserer egoistischen Wege steht die Verzweiflung, der leere und ausgeleerte Blick in das eigene Jammertal. Es folgen Selbstmitleid gepaart mit zunehmenden Gebrechlichkeiten und am Ende so das Warten auf ein bewusstloses Ende (die Endzeitpille, die schon legalisiert ist).

 

Besinnung dagegen ist: zur Ruhe kommen, anhalten dieser tödlichen Spirale aus ungehemmter Eigeninitiative. Besinnung ist gefährlich für mein Ego: es zeigt sich, dass mein ganzer Lebensplan womöglich eine Illusion ist, ein verkrampfter Kampf, der letztlich in einer völligen Erschöpfung endet. Der Fürst der Welt nützt diese Dispositionen: er peitscht und versklavt, zwingt bis zur Erschöpfung und Verzweiflung – auf dass die Seele nie zur Ruhe und Besinnung komme: auf dass sie, meine Seele, den geschenkten Frieden in meinem Herrn und Gott nicht annehme!

 

Einen Moment inne halten: kann ich das? Ja, das kann ich – ich kann alles andrängende Gelärm und Getöse stoppen. Ich bin  mir klar darüber, dass das schon nicht mehr mein Werk ist, sondern Werk des Heiligen Geistes in mir – denn bewohnt bin ich von ihm seit meiner Heiligen Taufe.

Ich habe jeden Augenblick meines Lebens die Wahl: wende ich mich weg von der Göttlichen Vorsehung und hetze mich zu Tode oder warte ich, halte inne und blicke auf zu ihm, meinem Herrn.

 

Der eine – tödliche – Weg führt unweigerlich zur übertriebenen Ernst-nahme aller Vergänglichkeiten. Für den Egoisten muss die Welt eine ständige Bedrohung darstellen, die er unter allen Umständen abwehren muss. Egoismus am Leben erhalten ist ein lebenslanger, verzweifelter Kampf um das Überleben des in Wahrheit vergänglichen Ego. Am Ende belügt sich der Egoist zeitlebens, denn er ist ja der zum Tode Verurteilte sowieso – das schiebt er aber zeitlebens zur Seite und greift dann zur Endzeitpille.

 

Hier entscheidet sich ALLES: Wenn ich mir nicht mehr selbst gehöre, sondern dem Vater -  was ja auch die Wahrheit ist – dann ist es doch sinnlos, nur aus mir leben zu wollen. Es ist auch sinnlos, dem Vater nur 20 % zu gewähren an Hingabe – denn ich gehöre ihm ja sowieso zu 100 %.

 

Wenn alles aus dem Vater „IST (SEYN)“ – dann muss ich auch keine Angst mehr haben um Vergänglichkeiten, keine Sorgen mehr um dies und das und ich muss mich nicht mehr absichern: denn der Vater IST meine Sicherheit. Öffne ich mich ganz dem Vater und seiner Vorsehung, dann steige ich aus meiner tödlichen Egoismus-Spirale aus – ich gehöre nicht mehr mir, sondern ich bin ganz aus ihm und wenn Er, mein Gott, die Liebe ist, dann ist alles in allem gut – dann ist der Vater der „Güte“.

 

Das einzusehen ist nicht schwer, es darzuleben schon schwieriger. Man muss es wagen, man muss „springen“. Es ist der befreiende Sprung in den Göttlichen Frieden, den die Welt nicht geben kann.

 

Vor dieser Macht des Friedens, den unser Herr schenkt, zerfällt das Reich der Angst.

 

Das größte Bollwerk gegen die Angst und die Macht des Bösen ist mein restloses Vertrauen in den Auferstandenen HERN JESUS CHRISTUS, der alle Angst am Kreuz besiegt hat.

 

Jetzt „gibt“ es die Angst nicht mehr (die Angst hat kein Sein, also keine Wirklichkeit) – denn er, mein Herr, der Tod-Besieger, ist mit mir und ich bin in ihm. Damit ist aber auch aller Egoismus gestorben, jeder absolute Anspruch aus sich selbst etwas schaffen zu können. Die Oberhoheit hat ER und ich bin in ihm und er wird es führen und ich lasse mich führen und es wird sehr gut sein, denn er hat nicht die Güte, sondern „ist“ die Güte: das Gute.

 

Eine Seele, die es aufgegeben hat, nur aus sich heraus zu leben (Egoist), lebt fortan im Frieden des Herrn, mögen die Stürme toben wie sie wollen. Wer im Frieden des Herrn lebt, nimmt alles gelassen hin -  er ist ja im Frieden. Nichts kann ihn mehr beunruhigen.

 

Dann denkt der in Christus Lebende nicht mehr zuerst an sich und sein Heil, sondern der Andere (der Nächste) wird wesentlicher in dem Maße, als das eigene Ego stirbt.

 

Das kann und darf kein aktionistisches Programm sein: denn, dann wäre es wieder in sich „tot“.

 

„Es zeigt sich“ – das Heilige zeigt sich „unvermittelt“ – es benötigt keine Vermittlung, es „wirkt“ unvermittelt. So die „Heilige Schrift“: sie ist kein Buch, das man dann und wann liest – wenn überhaupt, es wirkt darin der Heilige Geist: wer die Heilige Schrift liest, der ist von ihr „ergriffen“, der betritt „Heiliges Land“ und muss damit rechnen, dass „Heilige Unruhe“ in seinem Sein aufbricht. Der Heilige Geist führt immer in die Wahrheit, ist er sie doch selbst – und das ist auch „spürbar“. Wer sich von der Heiligen Schrift ergreifen lässt, der ist bereit, hin zu hören. Wer die Psalmen betet, lebt in der höchsten An-Sprache. Das Tun selbst ist schon ein Heiliges Ein-Wirken. Daher: man liest nicht nur so die Heilige Schrift – dann und wann – im Gegenteil: in dem Augenblick, da man das Heilige Buch öffnet – und sei es auch nur im Halbschlaf – betritt man „Heiliges Land“ und wird vom Heiligen Geist „restlos ergriffen“.

 

Man frägt sich: davon merkt man doch nichts, ich fühle nichts, es ist ein Lesen wie alles sonst auch und dazu oft in einer Sprache, die mir fremd ist.

 

Das sind noch „tote Spuren“ aus der alten Welt: während man tödlich verwundet  das Heilige Land betritt, wirkt viel mächtiger schon – ohne dass man es zu bemerken braucht – der Heilige Geist das Wunder der Umkehr. Es sollte daher in jeder häuslichen Wohnung die Heilige Schrift der Mittelpunkt des täglichen Seins sein – der Heilige Geist wirkt sein Wunder, er ergreift uns, ob wir es wollen oder nicht. Man muss sich bewusst machen: jedes Eintreten in das Heilige Land der Schrift ist Vorwegnahme der letztgültigen Entscheidung für meinen Schöpfer. Der böse Feind hasst dieses Heilige Land.

 

Wer die „Heilige Schrift“ vor sich liegen hat, der begegnet augenblicklich dem Heiligsten, also dem „Wirklichsten“ – das ist das, was das Realste ist.

 

Realität ist nicht das, was wir uns einbilden und was uns sinnlich bedrängt, ganz im Gegenteil. Was uns sinnlich bedrängt ist das Un-Realste was es gibt, es ist das Un-Wirklichste (Neuzeitlich übersetzt). Zentriert man das Sinnliche, liefert man sich dem Tod aus, zusehends tötet man sich selbst, bevor man stirbt.

 

Eigentümlich: der Mensch flieht das Realste, die Heilige Schrift, er weiß „instinktiv“ um dieses Realste und damit Wirklichste, er weiß um sein Heil und paradoxerweise „flieht er“ und zeigt damit konkret: der Mensch ist zeitlebens auf der Flucht vor seinem endgültigen Heil. Denn: wer begegnet heute noch der „Heiligen Schrift“ mit dieser Ehrfurcht?

 

Das Heilige Land betreten heißt das Heilige Mysterium betreten: das wirkt sich schon alleine im Sinnlichen aus. Wer die Heilige Schrift bei sich führt, der heiligt sich – ob er es will oder nicht. Sicher: er wird auch beginnen zu „erfassen“ – das kann dauern, aber es kommt, mit Sicherheit.

 

Dass man „da“ ist: am Brunnenrand (die Samariterin) – das ist das „sicherste Kennzeichen“ der Führung durch den Heiligen Geist. Da-Sein kann verschiedene Abstufungen haben, sicher, vom bewusstlosen Da-Sein bis zum durchsichtigsten, heiligen Da-Sein.

 

Heidegger hat einmal Dasein in späterer Zeit mit Da-Seyn übersetzt (Hölderlin): das lateinische ek-sistere zeigt den Weg: hinaus-stehen, hinaus-ragen, hinein-stehen in die Wahrheit: wir sind mit Wahrheit bewohnt und also steht unsere Seele in die Wahrheit hinein. Wir sind von Wahrheit bewohnt.

 

Das „Gebet“ ist so ein durchsichtigstes, Heiligstes Da-Seyn: wer betet, realisiert die reinste Wahrheit.

 

Umso mehr geschieht dies, je weniger ich davon spüre oder subjektiv „realisiere“.

 

Nicht die Welt, die uns sinnlich umgibt ist real, sondern die wahre Welt des Heiligen Geistes, die uns immerwährend beschirmt ist real – nur merkt der von den Sinnen-getötete Mensch nichts davon und wenn er Hunger bekommt, verlangt er nach sinnlicher Speise – die gibt es aber nicht im Heiligen Land. Man muss schon ganz und gar „von Sinnen sein“, um geheiligt zu werden.

 

Das aber ist ein „Geschehen lassen“. Nichts hat der heutige Mensch nötiger als dieses „Geschehen lassen und zu-lassen“. Dagegen: unsere Zeit kann nicht warten – sie muss ständig tun und aktionistisch werken – ein totes Programm folgt dem nächsten.

 

Am Ende aller unserer sterblichen Zeit wartet mein Tod, am Ende aller Aktionismen wartet das Versinken in das Nichts – es zeigt sich: alles ist Windhauch, nichts hat Bestand. Man sollte jetzt einen Blick in dieses Nichts riskieren – das ist der Anfang unserer HEILSGESCHICHTE.

 

 

 

DIE WIEDERHOLUNG: ÜBERHOLEN

 

(Grammatik der Ewigkeit)

 

...

 


 

 

Liturgie aus dem Urquell

 

Hans Urs von Balthasar hat die Schrift von Jean Corbon eingeleitet und über-setzt. Über-setzung gelingt dann, wenn das Verborgene ins Wort ge-stillt wird. Die Stillung im Wort ist das Auf-Hören können, die Auf-Gabe in der Stillung der Ehr-Furcht. Der Leser und Empfänger des Wortes stillt sich in der Konfrontation und bemerkt dabei die un-verfügbare Stillung in der Stille des Dankes. Corbon gelingt das "wahre" Wort, weil es aus der Stille gesprochen ist.

 

In dieser Schrift geht es um das Mysterium der Liturgie: der Dank-Sagung.

 

Dank-Sagung ist das Vermögen zum Dank in der Fülle des Beschenkt-ge-Wesend-seins. Diese Schrift verdient unsere ganze Aufmerksamkeit, sie enthüllt das „Wesen“ der Liturgie, den Sinn der Liturgie, die Aus-Sage ihrer ganzen Wahrheit und Wirklichkeit.

 

Es folgen Gedanken aus dem lebendigen Gespräch mit Jean Corbon, mögen diese Gedanken Frucht bringen.

 

 

 

 

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© Thomas Buchhas